Bauwelt

Komplexität auf allen Ebenen

Die Entscheidung im Wettbewerb um ein neues Schul- und Sportzentrum in Frankfurt fiel dem Preisgericht nicht leicht. Der Anspruch ist hoch: Der Komplex soll Maßstäbe für den Schulbau der Zukunft setzen.

Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main

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    2. Preis wörner traxler richters Vorschlag einer Großform für die drei Funktionen sah das Preisgericht am­bivalent. Die Juroren ließen sich jedoch u.a. durch die konsequente Umsetzung der Idee begeistern.
    Abbildung: Architekten

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    2. Preis wörner traxler richters Vorschlag einer Großform für die drei Funktionen sah das Preisgericht am­bivalent. Die Juroren ließen sich jedoch u.a. durch die konsequente Umsetzung der Idee begeistern.

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    2. Preis h4a Gessert + Randecker trennen die Funk­tionen in drei Baukörper. Die Jury lobte, dass es dennoch, über die Freiflächen, Zusammenhalt gibt.
    Abbildung: Architekten

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    2. Preis h4a Gessert + Randecker trennen die Funk­tionen in drei Baukörper. Die Jury lobte, dass es dennoch, über die Freiflächen, Zusammenhalt gibt.

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    3. Preis Hess/Talhof/Kusmierz kehren Offenheit und Transparenz als Merkmal der Schule für Morgen heraus. Die Umsetzung des Entwurfs hielten die Fachpreisrichter für kostspielig.
    Abbildung: Architekten

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    3. Preis Hess/Talhof/Kusmierz kehren Offenheit und Transparenz als Merkmal der Schule für Morgen heraus. Die Umsetzung des Entwurfs hielten die Fachpreisrichter für kostspielig.

    Abbildung: Architekten

Komplexität auf allen Ebenen

Die Entscheidung im Wettbewerb um ein neues Schul- und Sportzentrum in Frankfurt fiel dem Preisgericht nicht leicht. Der Anspruch ist hoch: Der Komplex soll Maßstäbe für den Schulbau der Zukunft setzen.

Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main

„Lernen im digitalen Zeitalter, Inklusion, Ganztagsschule und Öffnung zum Stadtteil sind nur einige Stichworte, die den Paradigmenwechsel an Schulen beschreiben und neue Anforderungen an den Um- und Neubau von Schulgebäuden hervorbringen.“ Dies ist ein Zitat aus der Auslobung des auf 25 Teilnehmer beschränkten Wettbewerbs, den die Stadt Frankfurt am Main im vergangenen Jahr für den Neubau des „Adorno-Gymnasiums“, einer noch namenlosen Grundschule sowie eines großen Sportkomplexes ausgelobt hatte. Die Mainmetropole will neben der quantitativen Herausforderung – im Jahr 2017 gab es 2000 Schüler mehr als im Vor­-jahr –, auch qualitative, sogar ästhetische Aspekte in Angriff nehmen. Die Auslobung nimmt explizit Bezug auf die „Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland“, die von den Montag Stiftungen, dem Verband Bildung und Erziehung und dem BDA zuletz 2017 herausgegeben wurden. Als Ausdruck dieser Bemühung ist es wohl auch zu sehen, dass die Jury unter Vorsitz von Fritz Auer sich aus 23 stimmberechtigten Preisrichtern zusammensetzte – die hinzugezogenen Experten und Preisrichtervertreter nicht mit eingerechnet. Dass sich eine derart aufgeblähte Jury nicht auf einen Sieger einigen konnte, stattdessen kontrovers diskutierte, sich stritt und schließlich zwei zweite Plätze, einen dritten und einen vierten Platz sowie mehrere Anerkennungen vergab – auch eine für einen deutlich unfertigen Entwurf –, war nicht anders zu erwarten.
Nun war die Aufgabe recht kompliziert. Auf einem rund 14.000 Quadratmeter großen, leicht trapezförmigen Grundstück waren ein sechszügiges Gymnasium, eine vierzügige Grundschule sowie eine Dreifeldhalle, weitere vier Einfeldhallen, mindestens ein Kleinspielfeld, ein Basketballfeld und eine 100-Meter-Laufbahn unterzubringen. Die Sportflächen sollen auch Schulen und Vereinen aus der Umgebung dienen. Knapp 200 Lehr- und Betreuungskräfte sollen rund 2000 Schüler ganztägig betreuen. Entsprechend forderte das Raum- und Flächenprogramm Gemeinschaftsflächen, eine große Produktionsküche, eine Mensa für 3-Schichtbetrieb, eine zuschaltbare Aula, einen Schulgarten, grüne Klassenzimmer, einen Verkehrsübungsparcours, eine Tiefgarage mit 140 Auto- und 400 Fahrradstellplätzen und schließlich zwei Dienstwohnungen. Im Protokoll der Jury heißt es dazu: „Das Spektrum der vorgelegten Arbeiten lässt die Komplexität der Aufgabenstellung erkennen, sowohl was das verfügbare Wettbewerbsgelände (betrifft, als auch) die Vielfalt der funktionalen Anforderungen und pädagogischen Vorstellungen (...), die unterschiedlich ‚gemeistert‘ wurden.“
Denn die Lage des Grundstücks an der Miquel­allee machte die Aufgabe noch komplizierter. Da ist zum einen der Verkehr: Das Areal liegt zwischen drei der wichtigsten Einfallstraßen in die Stadt. Selbst am Wochenende oder nachts ist der Lärm fast unerträglich. Zum anderen der Städtebau: Die Miquelallee wurde in der Nachkriegszeit, als sich Frankfurt als Bundeshauptstadt beworben hat, als Allee der Bundesbauten konzipiert. Mittlerweile ist sie zur Allee der Solitäre geworden: Bundesbank, Uni-Campus, Polizeipräsidium, School of Finance, Nationalbibliothek und die Fachhochschule reihen sich, aufgelockert durch ein paar Zeilenbauten, aneinander.
Am konsequentesten ging das heimische Büro Wörner Traxler Richter auf die Gemengelage ein: In ihrem Entwurf treppt sich ein gut 220 Meter langer, sechsgeschossiger Riegel zum südlich anschließenden Wohngebiet hin ab. Die sich überlagernden Nutzungen, die im Fassadenraster abgebildet werden, strukturieren ein selbstbewusstes „Bildungszentrum“, das Erstklässlern wie Abiturienten eine Heimat bieten kann und sich auf Augenhöhe der umgebenden Solitäre bewegt. Die Jury „beeindruckte“ die identitätsstiftende Geste der schulübergreifenden Großform, sie „vermisste“ aber die Eigenständigkeit der drei Bereiche. Das Preisgericht prämierte diesen Entwurf mit 12:11 als einen zweiten Platz – den anderen vergaben sie an das ganz gegensätzliche Konzept von h4a Gessert + Randecker, das zwei eigenständige L-förmige Baukörper vorsieht. Ihr sechsgeschossiges Gymnasium wirke „städtebaulich als Hochpunkt“ und werde „durch Sporttrakt und Grundschulbaukörper in die Nachbarschaftsbebauung eingebunden“.
Favorit der Fachpreisrichter war, wie man hört, der Entwurf von Hess Talhof Kusmierz: Ein Rie­gel mit filigraner Fassade, vielen Innenhöfen und einem baumbestandenen Dach als Pausenhof. Doch der „innovative und außergewöhnliche Beitrag“ rief bei den Sachpreisrichtern Zweifel hervor, ob „eine solche aufgelockerte Gesamtanlage“ in das „immisionsbelastete Umfeld“ passe. Eigentlich sollte, so Bildungsdezernentin Sylvia Weber, das Verfahren schon zu Ostern 2019 abgeschlossen sein – besagte „Komplexität“ gilt offensichtlich auch für die Zuschlagvergabe.
Nicht offener Realisierungswettbewerb
2. Preis (86.750 Euro) wörner traxler richter planungsgesellschaft mbh, Frankfurt am Main und Mijaa Raummanufaktur Architekten, Darmstadt, mit TOPOTEK 1 Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH, Berlin
2. Preis (86.750 Euro) h4a Gessert + Randecker Architekten, Stuttgart mit Glück Landschaftsarchitektur, Stuttgart
3. Preis (47.700 Euro) Hess/Talhof/Kusmierz Architekten und Stadtplaner, München, mit Burger Landschaftsarchitekten, Susanne Burger und Peter Kühn Partnerschaft, München
4. Preis (31.500 Euro) Dietrich Untertrifaller Architekten, Wien mit HKK Landschaftsarchitektur, Frankfurt am Main, Anerkennungen (je 21.200 Euro) karlundp Architekten, München, mit lab landschaftsarchitektur brenner Partnerschaft, Landshut; Bär, Stadelmann, Stöcker Architekten, Nürnberg, mit Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten und Stadtplaner, München; Fritsch + Tschaidse Architekten, München, mit HinnenthalSchaar Landschaftsarchitekten, München
Juryvorsitz
Fritz Auer, Stuttgart/München
Auslober
Stadt Frankfurt am Main
Wettbewerbskoordination
Thomas Grüninger Architekten, Darmstadt

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