Bauwelt

Erweiterung des Paderquellgebiets in Paderborn


Das Paderquellgebiet, ein Gartendenkmal der 50er Jahre, wurde erweitert. Die Landschaftsarchitekten WES Wehberg-Krafft haben Gestaltungswillen und natürlichen Lauf des Gewässers ausbalanciert.


Text: Brinkmann, Ulrich


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    Plan: WES LandschaftsArchitektur

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    Plan: WES LandschaftsArchitektur

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    Seit den 50er Jahren zeigen Postkarten das Paderquellgebiet als neue Sehenswürdigkeit der Stadt.
    Ansichtskarte: Cramers Kunstanstalt

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    Seit den 50er Jahren zeigen Postkarten das Paderquellgebiet als neue Sehenswürdigkeit der Stadt.

    Ansichtskarte: Cramers Kunstanstalt

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    Ansichtskarte: Krapohl

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    Ansichtskarte: Krapohl

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    Ansichtskarte: Cramers Kunstanstalt

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    Ansichtskarte: Cramers Kunstanstalt

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    An der Mühlenstraße grenzen das Paderquellgebiet der 50er Jahre und das neue „Mittlere Paderquellgebiet“ aneinander. Der Eingang wurde für mehr Präsenz im Stadtbild platzartig auf­geweitet und leicht angehoben.
    Foto: Ulrich Brinkmann

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    An der Mühlenstraße grenzen das Paderquellgebiet der 50er Jahre und das neue „Mittlere Paderquellgebiet“ aneinander. Der Eingang wurde für mehr Präsenz im Stadtbild platzartig auf­geweitet und leicht angehoben.

    Foto: Ulrich Brinkmann

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    Von der Spitze der Paderinsel führt ein Steg hinüber zur alten Mühle an der Spitalmauer. Die Altstadtgasse ist über eine kleine Treppe angebunden.
    Foto: Helge Mundt

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    Von der Spitze der Paderinsel führt ein Steg hinüber zur alten Mühle an der Spitalmauer. Die Altstadtgasse ist über eine kleine Treppe angebunden.

    Foto: Helge Mundt

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    Die aufgeräumte Gestaltung wirkt auch bei Dunkelheit angenehm.
    Foto: Helge Mundt

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    Die aufgeräumte Gestaltung wirkt auch bei Dunkelheit angenehm.

    Foto: Helge Mundt

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    Statt durch enge Kanäle fließen Börne- und Rothobornpader nun durch eine deltaartige, naturnahe Wasserlandschaft.
    Foto: Helge Mundt

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    Statt durch enge Kanäle fließen Börne- und Rothobornpader nun durch eine deltaartige, naturnahe Wasserlandschaft.

    Foto: Helge Mundt

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    Die an der Inselspitze neu entdeckte Quelle.
    Foto: Ulrich Brinkmann

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    Die an der Inselspitze neu entdeckte Quelle.

    Foto: Ulrich Brinkmann

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    Nördlich der Reineke-Mühle wurde ein Platz angelegt, der auch kleinere Veranstaltungen erlaubt.

    Foto: Helge Mundt

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    Nördlich der Reineke-Mühle wurde ein Platz angelegt, der auch kleinere Veranstaltungen erlaubt.

    Foto: Helge Mundt

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    Foto: Helge Mundt

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    Foto: Helge Mundt

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    Der neu gestaltete Vorplatz von Hardt-Walther Hämers Paderhalle (Bauwelt 13.1982)
    Foto: Helge Mundt

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    Der neu gestaltete Vorplatz von Hardt-Walther Hämers Paderhalle (Bauwelt 13.1982)

    Foto: Helge Mundt

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    Der alte Adelssitz Haxthausenhof wurde 2006 aufgrund seiner maroden Substanz abgerissen; an seiner Stelle ist nun der Haxthausengarten entstanden.
    Foto: Helge Mundt

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    Der alte Adelssitz Haxthausenhof wurde 2006 aufgrund seiner maroden Substanz abgerissen; an seiner Stelle ist nun der Haxthausengarten entstanden.

    Foto: Helge Mundt

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    Zur Mühlenstraße wurde die alte Mauer einbezogen.
    Foto: Helge Mundt

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    Zur Mühlenstraße wurde die alte Mauer einbezogen.

    Foto: Helge Mundt

Das historische Zentrum von Paderborn wurde Ende März 1945 durch britisch-amerikanische Bomben zerstört. Der Wiederaufbau wurde rasch in Angriff genommen und folgte Vorstellungen, die eher traditionalistisch, den Ideen der Heimatschutz-Bewegung verpflichtet, anmuten als modern; dennoch wandelte sich das Stadtbild grundlegend: An die Stelle giebelständiger Fachwerkhäuser traten traufständige Putzbauten, und wurde der historische Stadtgrundriss auch im Wesentlichen beibehalten, ging dem Aufbau doch ein beachtliches Grundstücksumlegungsprogramm voraus mit zahlreichen Aufweitungen und sogar ein paar Straßendurchbrüchen. Der größte Eingriff ins Stadtbild aber war eine Unterlassung: Das Altstadtviertel an den Paderquellen unterhalb des Abdinghofklosters wurde nicht wiederaufgebaut, an seiner Stelle stattdessen ein Freiraum geschaffen, der in Größe und Anmutung zwischen Park und Garten liegt. Sein prosaischer Name „Paderquellgebiet“ ist eine typisch ostwestfälische Untertreibung, die der gestalterischen Sorgfalt und dem Detailreichtum, mit dem Oberbaurat Willi Schmidt und Landschaftsarchitekt Rudolf Reuter seinerzeit zu Werke gingen, in keiner Weise gerecht wird. Die mit großer Kraft ans Tageslicht sprudelnde Pader – aus über 200 Quellen treten hier und nördlich des Doms pro Minute rund 9000 Liter Wasser aus dem Boden – wurde zu Becken und Fluss­armen arrangiert, die mit Bruchstein-Mauern gefasst und von filigranen Brücken mit ebenso filigranen Stahlgeländern überspannt werden; größere und kleinere Freitreppen helfen den Passanten über den Geländesprung zwischen Abdinghof bzw. der daneben neu errichteten Stadtverwaltung und der Parkanlage hinweg, Stützmauern an dessen Ansatz bilden neben den aufgestellten Bänken Sitzgelegenheit, und wenn im Sommer, zum Libori-Fest, das tradi­tionelle Feuerwerk abgebrannt wird, verwandelt sich der Wiesenhang in ein Freilufttheater, von dem aus sich die Pracht der leuchtenden Farben am Sommernachthimmel bewundern lässt. Aber auch im Alltag ist das Paderquellgebiet ein fester Bestandtteil der Innenstadt, von Menschen unterschiedlichen Alters bevölkert: von Schülern und Studenten, die auf den Rasenflächen lesen, alten Damen, die auf den Bänken sitzen und plauschen, Kindern, die auf dem Spielplatz toben und natürlich auch den immer etwas aufdringlich in ihrer Ecke sich gebärdenden Trinkern, Junkies und Dosenbier-Punks.
Seit meiner Kindheit in den siebziger Jahren hat sich an all dem nicht viel geändert, wie ich bei jedem Besuch in meiner Heimatstadt feststelle; zum Glück ist das Paderquellgebiet als in ursprünglicher Form erhaltene Gartenanlage des Wiederaufbaus inzwischen denkmalgeschützt. Doch hat sich die Stadt in den letzten fünf Jahrzehnten verändert: Paderborn ist gewachsen, und zwar ganz gehörig. Als das Paderquellgebiet angelegt wurde, erreichte die Einwohnerzahl gerade wieder die Vorkriegsmarke von gut 40.000; ein Vierteljahrhundert später wurde mit der nordrheinwestfälischen Gebietsreform durch Eingemeindungen die 100.000-Einwohner-Marke übersprungen und Paderborn zur „kleinsten Großstadt Deutschlands“. Inzwischen sind es rund 150.00 Einwohner, die zwar vor allem in den umliegenden Ortsteilen sowie in den immer weiter wuchernden Einfamilienhausvierteln wohnen, dort aber auf ein Stadtteilzentrum mit Aufenthaltsqualität verzichten müssen, so dass das Stadtzentrum bzw. der hoch aufragende Domturm als Bezugsort des gesellschaftlichen Lebens noch immer konkurrenzlos sind. Mit diesem Wachstum ging aber auch eine qualitative Veränderung einher. An der 1972 wiedergegründeten Universität, die anfangs kaum mehr als 4000 Studenten zählte, sind heute über 20.000 Studenten eingeschrieben, und diese haben großen Einfluss auf die Atmosphäre wie auf die Nutzung des öffentlichen Raums. Spielten junge Erwachsene noch Ende der siebziger Jahre eine eher untergeordnete Rolle im Stadtbild, da man für eine höhere Qualifikation notwendigerweise die Stadt verlassen musste (und das auch ganz gern wollte, war Paderborn damals doch ein ziem­lich verschlafenes, wenig urbanes Städtchen mit eher spärlichen Kultur- und Freizeitangeboten), wirkt das Stadtzentrum heute ganz wesentlich auf die Ansprüche von Studenten zugeschnitten, von Einkaufsangeboten bis hin zur Gastronomie. Eine Stadt, die wächst, braucht aber nicht nur einen belastbaren öffentlichen Nahverkehr, mehr Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen, sie muss auch ihren öffentlichen Raum weiter entwickeln, auch dann, wenn sie, wie im Fall Paderborns, trotz ausufernder Suburbanisierung noch immer von weiten Naturräumen umgeben ist: Der öffentliche Raum einer Stadt ist kein nahes Waldgebiet, sondern sind Plätze und Parks innerhalb ihrer Mauern, wo man auch mal zufällig einem Bekannten, Kollegen, Kommilitonen oder Vereinskumpan über den Weg läuft und einen Schwatz halten kann. Durch die absehbaren Veränderungen des Klimas wird diesen Räumen in den nächsten Jahrzehnten neue Bedeutung zuwachsen, vielleicht können sie gar mehr Leben im öffentlichen Raum anregen, zu ein wenig mehr Begegnung und Austausch führen, wie Deutsche es als Urlauber in südlicheren Gefilden in der Regel schon heute schätzen. Gleichzei­tig dürfte ihre Bedeutung für den Temperatur- und Feuchtehaushalt in der Stadt selbst zunehmen – die Pflege und Weiterentwicklung des öffentlichen Raums ist also ein Gebot, das unter den drängenden Fragen des Wohnungsmarkts und der Verkehrspolitik nicht übersehen werden sollte.
In Paderborn scheint das begriffen. Denn nun ist mit dem Paderquellgebiet etwas geschehen, etwas Phantastisches: Das Paderquellgebiet ist gewachsen! Und zwar, dem Lauf der Pader folgend, nach Norden. Keine große Sache eigentlich, in Zahlen keine 300 Meter, aber es sind ganz entscheidende Meter, denn sie verbinden das innerstädtische Paderquellgebiet mit den Wiesen entlang des Flusses, die kurz nach dem Austritt des Gewässers aus dem Stadtzentrum seinen Lauf zu begleiten beginnen und, nach nur vier Kilometern, zur Mündung in die träge Lippe führen: Ein schönerer Weg, um zu Fuß oder mit dem Rad aus Richtung Norden in die Stadt zu gelangen, lässt sich auch nicht malen. Die Erweiterung, geplant von den Berliner Landschaftsarchitekten WES, welche in einem vorausgegangenen VOF-Verfahren den Zuschlag erhalten hatten, wurde Ende April der Öffentlichkeit übergeben und heißt „Mittleres Paderquellgebiet“, was die verbindende Funktion dieses Freiraums gut deutlich macht. Wobei anzumerken ist, dass der Fußweg zwischen dem in den fünfziger Jahren angelegten Straßendurchbruch Mühlenstraße und dem Maspernplatz jenseits der Stadtmauer auch vorher schon existierte – nur führte er entlang schlecht überschaubarer und bei Dunkelheit nur trübe beleuchteter, verstruppter und verkrauteter Winkel, die zu nichts einluden, außer dazu, den Schritt zu beschleunigen, auf dass der Puls wieder in Ruherhythmus gerate, sobald der Raum passiert ist.
Nun ist die Wirkung eine ganz andere: Von der alten Reineke-Mühle und ihren Speichern, die an sich zwar eine Bereicherung des Stadtbilds darstellen, deren nun prominent zum neuen Grünraum weisenden Rückseiten aber eine Neugestaltung zu wünschen wäre, ist die Flusslandschaft bis zum Maspernplatz zu überschauen, und was es auf den paar Metern bis dahin zu sehen gibt, ist ein Glück: Vom neuen Eingang des Inselspitzenwegs an der Mühlenstraße, dessen Niveau angehoben und als kleiner Platz gestaltet worden ist, schlängelt sich der Weg das Wasser entlang zwischen der Bruchsteinmauer des gerade durch Chipperfield Architects umgestal­teten alten Landeshospital-Geländes und einem ehemaligen Gärtnerei-Areal über neue Stege hinüber zur Paderhalle oder über eine neue Treppe hoch in die Spitalmauer, wo sich auch sogleich ein Café mitsamt Terrasse eingenistet hat; die Pader, die früher quasi kanalisiert aus der Stadt hinaus schoss, mäandert nun entlang flachgestalteter Ufer, die auch Tieren Lebensraum bieten, auf viel mehr Platz gemächlicher dahin, kann sich aufgrund des in Teilen abgesenkten Geländes sogar selbst den Weg suchen – dank der beseitigten Sohlabstürze, die früher ein nicht zu überwindendes Hindernis darstellten, können jetzt sogar Fische wieder zu den Quellen des Flusses wandern. „Ker, früher haute die Pader nix wie ab“, erinnerte sich der stellvertretende Bürgermeister und Bauausschussvorsitzende Dieter Honervogt in schönstem Padda­böansch anlässlich der Eröffnung staunend an den Vorzustand. Die Gestaltung dieses Bereichs hält die Balance zwischen dem betont artifiziellen Duktus des alten Paderquellgebiets als innerstädtischer Grünanlage und dem natürlicheren Charakter einer Flusslandschaft, wie er außerhalb der Stadtmauern mehr und mehr in den Vordergrund tritt. Schließlich wurde am Haus Heiersmauer 69/71 im Zuge der Arbeiten sogar eine weitere Quelle entdeckt, woraufhin WES flugs umplanten: Von den steinernen Sitzstufen aus lässt sich das emporsprudelnde Wasser geruhsam betrachten – nicht nur das Flüsschen kann sich nun mehr Zeit lassen auf seinem Weg.
Gefördert wurde die Neugestaltung im Rahmen des Bundesprogramms „Nationale Projekte des Städtebaus“, und wer den Internet-Auftritt des BBSR im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung aufruft, wird über die Eigenschaften schnell aufgeklärt, die ein Projekt dafür mitzubringen hat: investiv, konzeptionell, mit besonderer nationaler oder internationaler Wahrnehmbarkeit, sehr hohe fachliche Qualität, überdurchschnittliches Investitionsvolumen oder hohes Innovationspotential. Lang ist es her, dass sich einem Paderborner Bauprojekt auch nur eine einzige dieser Eigenschaften attestieren ließ, es dürfte wohl Gottfried Böhms von den Paderbornern ungeliebtes Diözesan-Museum gewesen sein, das, längst verschachtelt und verbaut, seit einem Vierteljahrhundert darauf wartet, irgendwann vielleicht wieder mit seinem ursprünglichen Raumkonzept auf die Besucher wirken zu können. Eine zweite Förderung ergab sich aus der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) des Landes, so dass die Stadt selbst nur ein Drittel der Baukosten von fünf Millionen Euro aufzubringen hatte, wie Claudia Warnecke, als Technische Beigeordnete der Stadt mitverantwortlich für das Gelingen des Projekts, bemerkt – ein echtes Schnäppchen für das, was damit für die Bürger heraussprang.



Fakten
Architekten WES LandschaftsArchitektur mit Hans-Hermann Kraff, Berlin/Oyten
Adresse Mühlenstraße 2, 33098 Paderborn, Deutschland


aus Bauwelt 18.2019
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