Bauwelt

Valerio Olgiati

Projekte 2009–2017

Text: Drewes, Frank F., Bielefeld

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Valerio Olgiati

Projekte 2009–2017

Text: Drewes, Frank F., Bielefeld

2008 veröffentlichte Valerio Olgiati seinen letzten umfassenden Katalog, der als gewichtige weiße Bibel einer archaischen Architektur in Erinnerung geblieben ist. Auf weißem, schwerem Karton gedruckt, brachten es die 190 Seiten auf stolze 50 mm Dicke. Die Schwergewichtigkeit der Monographie entsprach der Architektur Olgiatis, die zwischen historisch und futuristisch changiert.
Die neue Monographie knüpft konsequent an der ersten an. Sie ist wieder reinweiß, aber mit grobem Leineneinband und 280 Seiten von nur noch 30 mm Dicke. Die 19 dokumentierten Projekte reichen von 2009 bis 2017 und werden in chronologischer Folge nach Entwurfsdatum gezeigt. Olgiati verweist in seinem knappen, aber faktenreichen Vorwort darauf, dass „alle Pläne maßstäblich und auf präzisen technischen Plänen aufgebaut sind. Sie sind detailgetreu und enthalten alle Angaben, um ein Gebäude räumlich und funktional zu verstehen. Gewisse Pläne könnten auf der Baustelle verwendet werden.“ Dieses Statement kommt einem bei der Lektüre mehrfach wieder in den Sinn, denn das genaue Gegenteil scheint der Fall zu sein. Die Maßstäblichkeit ist unstrittig, aber ob alle zum Verständnis nötigen Angaben gegeben sind, ob die gezeigten Präsentationspläne gar baureif sind, ist mehr als diskutabel.
Wer Valerio Olgiati allerdings kennt, weiß, dass es kaum einen fordernderen Architekten gibt. Seine Architekturen sind so artifiziell wie archetypisch. Mal wirken sie retro, dann wieder utopisch, immer einzigartig und für den Laien, also die absolute Mehrheit der Betrachter, brutal. Für den Kenner erscheinen sie brutalistisch, was sich auf das französische brut bezieht und nicht auf Brutalität. Kinder sehen in den Zeichnungen spielerische bis strenge Anordnungen von rudimentären Bauklötzen.
Ja, die Pläne sind lesbar, da sogar (teilweise) möbliert. Aber gleichzeitig sind sie wiederum so spartanisch, dass man sich dort kaum Leben vorstellen kann. Die kühle Anmutung der Pläne setzt sich in den Fotografien der fertigen Gebäude konsequent fort. Die Räume sind tatsächlich so karg, wie es die Pläne vermuten lassen, und selbst ein Nachmöblieren vor dem geistigen Augeder Betrachters wird diese Räume nicht wohnlich nach konventionellem Verständnis machen. Valerio Olgiatis Architekturen sind konsequente und kompromisslose Übungen in Raum, Material und Licht. Der Raum ist maximal reduziert in seiner formalen Aussage, das Material für alle raumbegrenzenden Flächen meistens Sichtbeton, und Licht sowie Aussicht sind gewöhnlich fein dosiert und kalkuliert.
Die Monographien von Valerio Olgiati sind poetische Erzählungen in Bildern, die den Geist anregen und ein tiefes Eintauchen ermöglichen, denn vieles seiner Sprache steht zwischen den Zeilen und lässt sich im oberflächlichen Überfliegen nicht ergründen. Seine Sprache sind ganz klar seine Pläne, die konsequent mit den gleichen Texturen hinterlegt sind und nur mit den nötigsten Kommentaren zu jedem Projekt eingeleitet werden. Lediglich der Essay von Jacques Lucan am Ende der Monographie gibt Einblicke darüber hinaus.
Fakten
Autor / Herausgeber Hg. von Valerio Olgiati und Dino Simonett
Verlag Simonett & Baer, Basel
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aus Bauwelt 6.2019
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