Bauwelt

Atelier Kempe Thill

Text: Klauser, Wilhelm, Berlin

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Atelier Kempe Thill

Text: Klauser, Wilhelm, Berlin

Die Auseinandersetzung mit ihrer Arbeit macht Vergnügen. André Kempe und Oliver Thill arbeiten seit dem Jahr 2000 in einem eigenen Büro. Sie arbeiten als deutsche Architekten in Holland – mittlerweile längst international. Sie sind bekannt, ihr Werk beeindruckt. Ein besonnenes Büro von großer konzeptioneller Klarheit.
Jetzt haben sie eine Monografie vorgelegt. 24,5cm breit, 30,5 cm hoch und 4 cm dick. Ein großes Buch. Die Ernsthaftigkeit ist unerhört, mit der dieses Buchprojekt durchgezogen worden ist, wenn man weiß, wie die Frage nach dem Abverkauf im Buchhandel die Ausstattung bestimmt, wenn man weiß, welchen schweren Kampf ein Buch gegen das Web ausfechten muss. Ein silbernes Hardcover ist es geworden, gestrichenes Papier, auf dem die Abbildungen brillieren – es kann so einfach sein. Zunächst also ein Kompliment an die Gestalter, Michael Heimann und Hendrik Schwantes, denen es gelungen ist, die Architektur des Büros überzeugend abzubilden, und auch Hochachtung dem Verlag.

Was aber hat eben den Verlag bewogen, sich auf das Risiko einzulassen, ein solches Architektenbuch zu machen? Wenn sich der Leser zwischen den Projekten und den Erläuterungen verliert, wenn er die Essays liest, dann taucht er ein in etwas, das sich nur auf den ersten Blick einfach und klar darstellt. Die Arbeit des Ateliers hat auch eine rätselhafte Seite, die zu längerer und intensiver Beschäftigung anregt, und die wird in der Gesamtschau erst deutlich. Das mag den Verlag bewogen haben. Die Arbeit, die hier präsentiert wird, ist nicht kurze Zeit aktuell. Womöglich ist es die Faszination des Alltäglichen, auf die man sich einlassen sollt und einlassen muss, wenn man dieses Buch kauft. Ikea-Klassizismus hätten sie es ursprünglich betiteln wollen, erklären André Kempe und Oliver Hill gleich zum Einstieg. Denn ihre Arbeiten kämen auf den ersten Blick selbstklärend daher, sei einfach wie die Möbel des schwedischen Einrichtungshauses. Ein Glück  aber, dass es zu diesem Titel nicht gekommen ist, er hätte den Blickwinkel verzerrt. Ein generischer Blick für diese Arbeit, Ikea als Klassifizierung? Das darf nicht sein. Jetzt trägt das Buch den Namen des Büros auf dem Titel und alles andere würde auch in die Irre führen. Das Ergebnis steht für sich, und es ist mehr als eine der üblichen Monografien. Es ist lesenswert.

Da gibt es die Konzerthalle in Raiding, Wohnungsbau in den Niederlanden, eine Eingangssituation in Amsterdam oder einen Pavillon. Normales also, und das Gebaute verblüfft nie durch exaltierte Form oder die Extravaganz der Bauaufgabe. Es begeistern natürlich die Eleganz und die Selbstverständlichkeit, mit der Aufgaben gelöst werden und die Großzügigkeit, die entstanden ist. Aber das ist nicht wirklich der Grund für die Faszination. Die Architektur wirkt, als stünde sie neben sich, etwas zerstreut und doch hochkonzentriert. Sie löst ihre Aufgabe, indem sie sie beim Wort nimmt. Sie ist unerwartet, sie ist aktuell: Wohnungsbau mit minimalem Budget, ein Jugendhaus in einem Sanierungsgebiet, ein Wohnheim für Heroinabhängige – Standardsituationen der Gegenwart, für die Lösungen gesucht werden. Eine kontinuierliche Arbeit an der Typologie, das Interesse am Grundsätzlichen, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Projekte und verlangen klare Antworten. Wie notwendig und lohnend solch eine stetige Arbeit für die Architektur ist, das wird erst deutlich, wenn hin und wieder so ein Buch auf den Markt kommt –  ein Architekturbuch.
Fakten
Autor / Herausgeber Atelier Kempe Thill
Verlag Hatje/Cantz, Ostfildern 2012
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aus Bauwelt 11.2013
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