Umbau bei laufendem Betrieb
Ertüchtigung der Messe Essen
Text: Escher, Gudrun, Xanten
Umbau bei laufendem Betrieb
Ertüchtigung der Messe Essen
Text: Escher, Gudrun, Xanten
Im kommenden Jahr wird die Messe Essen einhundert Jahre alt. Dann beginnt der große Umbau. Bei laufendem Betrieb sollen innerhalb von vier Jahren die Hallen aus den 70er Jahren ausgetauscht werden.
Von behutsamer Einfügung zu sprechen, wenn es um mehr als 65.000 m² BGF geht, klingt ein wenig seltsam, aber genau diesen Eindruck vermittelt der Entwurf, der aus dem offenen zweistufigen Wettbewerb für die Ertüchtigung, nicht die Erweiterung, der Messe Essen als 1. Preis hervorging. Die Grundfläche ist nicht erweiterbar, denn nach Süden schließen jenseits einer Galleria als Zwischenpassage Messehallen aus den 80er und 90er Jahren an, die erhalten bleiben sollen, im Norden und Westen ist die Messe vom Grugapark gefasst und im Südosten verhindert die vierspurige Norbertstraße eine Ausbreitung. Zu planen waren 45.500 m² Ausstellungsfläche, 12.000 m² Logistikflächen, 8000 m² Kongresszentrum und auch 4000 m² Verwaltung, letztere auf einem Restgrundstück jenseits der Norbertstraße. Die neuen Hallen und das Kongresszentrum sollen entstehen, während der Messebetrieb in den alten Hallen aus den 1970er Jahren weiterläuft. Das heißt Ersatzneubau bei laufendem Betrieb – eine logistische Herausforderung. Der Messebetrieb bestimmt auch das Zeitfenster zwischen der im Vierjahrestournus veranstalteten internationalen Leitmesse „Schneiden und Schweißen“ im September 2013 und 2017, weil dafür die gesamte Ausstellungsfläche benötigt wird. So fällt 2013 der Startschuss für den ersten Teilabriss und Teilneubau mit dem 100-jährigen Jubiläum der Messe Essen zusammen, die 1913 als Gewerbeschau am selben Ort gegründet worden war.
An dem Wettbewerb um die Generalplanung für ein Bauvolumen von 123 Mio. Euro – das die städtische Messegesellschaft über den eigenen Haushalt finanzieren will – beteiligten sich alle, die zu den arrivierten Architekten Deutschlands zählen, von Baumschlager Eberle über Max Dudler, Gerber und gmp bis Kleihues + Kleihues, Ingenhoven und Hadi Teherani. Auch Mario Bellini hatte eingereicht. Er zeichnet für den Erweiterungsbau Messe West (Halle 3 und Galleria) verantwortlich, der zwischen 1999 und 2000 entstand und Architekten als Zentralbereich der DEUBAU bekannt ist.
Aus 49 Bewerbern wurden 28 Generalplanerteams für die 1. Phase ausgewählt. 26 reichten ein, das Preisgericht (Vorsitz: Kaspar Kraemer) wählte sieben Arbeiten für die 2. Phase aus. Jeweils ein 3. Preis ging an Hascher Jehle, Berlin, und an HPP, Düsseldorf, der 1. Preis an Slapa Oberholz Pszczulny, Düsseldorf, mit Schüssler Plan, ZWP Ingenieure und für die Freianlagen WKM Landschaftsarchitekten.
Was den Siegerentwurf vor den anderen auszeichnet, ist die unaufgeregte Art, in der er den Funktionen Genüge tut: In vier Bereiche geteilte und gut erschlossene Hallen einheitlicher Höhe ermöglichen gleichzeitig eine helle, offene Atmosphäre für die Nordfront zum Park und den nordöstlich vorgelagerten Kongressbereich. Dessen Vordach beschirmt auch den schon vorhandenen U-Bahneingang, versucht aber nicht, die benachbarte Grugahalle zu dominieren, ein bemerkenswerter Bau mit aufwärts schwingendem Dach, von den Architekten Ernst Friedrich Brockmann aus Hannover und Gert Lichtenhahn aus Essen aus dem Jahr 1958. Großflächig verglaste Rasterfassaden schlagen zudem den Bogen zu den Neubauten des Rüttenscheider Büroquartiers auf der anderen Straßenseite. Hier wird Architektur nicht neu erfunden. Ohne ambitionierte Dachkonstruktionen bis über die Straße hinweg, ohne großvolumige Hüllflächen und ohne extravagante Türme und Solitäre wird Stadt in angemessener Weise fortgeschrieben – vorausgesetzt, die Ausführung stärkt den Entwurf dort, wo er noch Defizite aufweist, und beschneidet seine Qualitäten nicht. Um dafür Sorge zu tragen, möchte die Messe Essen nicht an einen GU vergeben. Sie hat eigens eine Baubetreuungsgruppe unter dem Architekten Roland Weiss gebildet, der jüngst erfolgreich den Neubau des Folkwangmuseums leitete.
Begrenzter Wettbewerb für Generalplaner in zwei Phasen
1. Preis Slapa Oberholz Pszczulny Architekten, Düsseldorf, mit ZWP Ingenieur-AG, Bochum; Schüßler-Plan, Düsseldorf; WKM Landschaftsarchitekten, Meerbusch | ein 3. Preis HPP, Düsseldorf, mit Petersen Ingenieure, Düsseldorf; Krebs und Kiefer, Karlsruhe; Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten, Berlin; VCE Verkehrslogistik Consulting & Engineering, Dortmund; HHP West, Bielefeld | ein 3. Preis Hascher Jehle, Berlin, mit Innius, Dresden; RSP Remmel + Sattler Ingenieurgesellschaft, Frankfurt/Main; Weidinger Landschaftsarchitekten, Berlin; ISRW Klapdor, Düsseldorf; Hilla, Frankfurt/Main
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