Bauwelt

Wider die Tabuisierung des Sterbens

In München-Giesing soll in zentraler Lage ein Hospiz entstehen. allmannwappner gewannen den Wettbewerb.

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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    1. Preis: allmannwappner bilden an der Einmündung der Weinbauern- in die Martin-Luther-Straße einen Rücksprung aus, der dem Eingang einen kleinen Vorplatz schafft.
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    1. Preis: allmannwappner bilden an der Einmündung der Weinbauern- in die Martin-Luther-Straße einen Rücksprung aus, der dem Eingang einen kleinen Vorplatz schafft.

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    Mit zwei Zimmertypen reagieren allmannwappner auf die Staffelung des Baukörpers.
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Wider die Tabuisierung des Sterbens

In München-Giesing soll in zentraler Lage ein Hospiz entstehen. allmannwappner gewannen den Wettbewerb.

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Weinbauernstraße, Ecke Martin-Luther-Straße: Das Baugrundstück für den Neubau des Vereins Hospiz DaSein liegt in Alt-Giesing, östlich der Isar, aber noch im inneren Stadtgebiet von München. Die Umgebung zeigt teilweise noch dörfliche Strukturen, doch gab bereits die 1866–86 nach Plänen Georg von Dollmanns erbaute neugotische Heilig-Kreuz-Kirche der Verstädterung der 1854 in die bayerische Hauptstadt einbezogenen Landgemeinde ein Gesicht. Mit einem großvolumigen Wohnungsbau von Sauerbruch Hutton wird schon bald die Gegenwart Platz nehmen und einen neuen Maßstab auch für profane Bauvorhaben setzen.
Die Bauaufgabe Hospiz liegt zwischen diesen Polen. Es ist weit mehr als eine Art Wohnungsbau mit Betreuungsteil, quasi ein Ableger der Bauaufgabe Boarding house. Der höhere Betreuungsaufwand, der hier nötig ist, rückt solch ein Projekt bereits in die Nähe eines Krankenhauses, und die Allgegenwart des Sterbens erlaubt schließlich auch eine spirituelle Aufladung des Entwurfs. Was macht das Leben aus in seinen letzten Tagen? Welche Räume sind angemessen für Abschied und Übergang? Was bleibt von denen, die von uns gehen, und was spendet Trost über den Verlust?
Die zentrale Lage des Projekts in Giesing resultiert darüberhinaus aus dem Wunsch des Bauherrn, das Sterben zu enttabuisieren, vom Rand zurück in die Mitte der Stadt(gesellschaft) zu holen und über Angebote wie ein Café, einen Veranstaltungsraum und eine Kindertagesstätte das Hospiz mit dem nachbarschaftlichen Leben zu verweben. Ziel ist eine angemessene Begleitung in unterschiedlichen Situationen, aus einer Hand und unter einem Dach: von ambulanten und teilstationären Angeboten bis hin zur Versorgung rund um die Uhr. Der Bedarf an derar­tigen Einrichtungen ist groß: Derzeit stehen in ganz München außerhalb der Palliativstationen der Krankenhäuser nur 28 Betten in zwei stationären Hospizen zur Verfügung.
Die Münchner Architekten allmannwappner, die den Realisierungswettbewerb gegen die konkurrierenden Büros dreisterneplus, Fink + Jocher, LRO und Molitor Brune für sich entschieden haben, haben ihrem Entwurf den „Baum des Lebens“ als Bildidee zugrundegelegt. Übertragen auf das Gebäude, sind in dessen unterer Hälfte, dem „Stamm“, hinter der Fassade aus Trapezblech und Glas die öffentlichen und halböffentlichen Bereiche untergebracht – Gastronomie, Beratungsräume, Arztpraxen und Büros –, während sich das Raumprogramm oberhalb der Traufkante in die privaten Wohnräume und die Gästezimmer für Angehörige verzweigt. Die leichte Schräge dieser vor den geschossweise zurückspringenden Zimmern angeordneten Loggienschicht sowie deren Begrünung erlaubt die Assoziation einer „Baumkrone“, leistet mithin die Verknüpfung des Naturbildes mit der angedeuteten Architektur eines Schrägdachs – auf die Begrünung sollte bei der Realisierung daher keinesfalls verzichtet werden. Zugleich gelingt damit ansatzweise die Einpassung des wuchtigen Neubaus in die Bebauung der Nachbarschaft. Der um ein Geschoss höhere Baukörper an der Weinbauernstraße bietet Zugang auf die Dachterrasse, die auf dem Bauteil an der Martin-Luther-Straße vorgesehen ist und allen Bewohnern des Hauses zur Verfügung stehen soll: ein Ort mit Übersicht über die Stadt und das alltägliche Treiben.
Die Jury unter Vorsitz des Düsseldorfer Architekten Lars Klatte lobte das Konzept, konstatierte aber eine deutliche Budgetüberschreitung.Sie empfiehlt, die vorgeschlagene Konstruktion als Holztafelbau in Richtung Stahlbeton- oder Holzhybridbauweise zu überarbeiten. Zu weiteren Preisen für andere der eingereichten Arbeiten konnte sich das Preisgericht nicht durchringen. Stattdessen wurde das übrige Preisgeld als Bearbeitungshonorar auf alle Teilnehmenden verteilt.
Realisierungswettbewerb
1. Preis (12.500 Euro) allmannwappner Architekten, München
Jury (Fachpreisrichter)
Laura Fogarasi-Ludloff, Lars Klatte (Vorsitz), Johanna Meyer-Grohbrügge
Auslober
Hospizdienst DaSein, München
Wettbewerbsbetreuung
Landherr und Wehrhahn Architektenpartnerschaft, Münche

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