Bauwelt

Mit Himbeereis wird es niemals heiß

Josepha Landes sehnt sich bei über dreißig Grad in eine ligurische Sorbet-Höhle

Text: Landes, Josepha, Berlin

Eventteaser Image
  • Social Media Items Social Media Items

  • Social Media Items Social Media Items


Mit Himbeereis wird es niemals heiß

Josepha Landes sehnt sich bei über dreißig Grad in eine ligurische Sorbet-Höhle

Text: Landes, Josepha, Berlin

Ein Thema dieses Sommers ist, dass er so warm ist. Hier möchte ich Ihnen ein wenig Abkühlung bieten. Es geht um Eis. Neulich stand ich gebannten Blicks in der Küche einer Freundin, während sich der Propeller ihrer Eismaschine um ein Gemisch aus Milch, Mandeln und ein paar weiteren magischen Zutaten drehte. Das ist ein faszinierender Anblick, dem man durchaus 50 Minuten schenken kann, sehr meditativ.
Jedoch, nun wird’s interessant: Wussten Sie, wie tiefgreifende landschaftliche Spuren die Eismacherei in Italien gezogen hat? Ich war sehr verblüfft über diese Auskunft aus dem Buch, das uns mit der kühlen Rezeptur verwöhnte. Schon die Römer ließen Eisblöcke aus Gletschern brechen und auf dem Rücken von Sklaven durchs Reich zu ihrer – nunja: Weinschorle? – transportieren. Und bis ins 19. Jahrhundert wurde, etwa in Ligurien und auf Sizilien, bereits im Winter für die Sommermonate vorgebaut: Künstliche Höhlen, zwei bis drei Meter tief und mit Umfängen von bis zu fünf Metern, sind dort in die Berge geschlagen. Darin schichteten die Menschen den Schnee der kalten fürs Sorbet der warmen Jahreszeit.
Überraschenderweise war die kühle Leckerei, anders als viele andere Süßwaren, mancherorts nicht den Eliten vorbehalten. In ihrer Forschung zum „Streetlife“ Neapels im 18. Jahrhundert legt die Kulturhistorikerin Melissa Calaresu dar, dass Eis dort ein relativ klassenloser Genuss war. Ob in Kaffeehäusern, sogenannten Sorbetterien, oder im Straßenverkauf – die Neapolitaner brannten für Gefrorenes. Der englische Reiseschriftsteller Henry Swinburne bringt das um 1780 auf den Punkt: „Die Leidenschaft für Eiswasser ist so groß und so allgemein in Neapel, dass nur Bettler es in seinem natürlichen Zustand trinken würden; und ich glaube, ein Mangel an Brot würde nicht stärker empfunden werden als ein Mangel an Schnee.“
Eine ansteckende Begeisterung. Allerdings: Eine Kugel Eis bekommt man heute kaum mehr für einen Euro, was vielleicht ein egalitärer Preis wäre. Ein Euro für ein Eis, das könnte ein guter Ausgangspunkt sein, um das Preis-Leistungs-Verhältnis der Welt zu nullen, überlege ich so beimcremigen Gelato auf dem Balkon. Und die Abendsonne duftet nach Schlaraffenland. In der Luft schwirren Wespen. Es gibt viele Wespen in diesem Sommer, der so warm ist.

1 Kommentare


Eislöcher

Liebe Frau Landes, danke für den kurzweiligen Beitrag; Sie müssen für besagte Spuren gar nicht bis Ligurien reisen, auch in Südtirol finden Sie zahlreiche "Eislöcher", worin allerlei kühl aufbewahrt wurde...und bald ist Kastanienzeit! Erik haider


 
x

Die angekündigte Zerstörung der grandiosen Sonnenschutzanlage des ehemaligen Berliner GSW-Hochhauses entfachte einen Sturm der Entrüstung. Hat der Eigentümer erkannt, was auf dem Spiel steht?

Betrifft 30.08.2022

Rettung in Sicht?

Die angekündigte Zerstörung der grandiosen Sonnenschutzanlage des ehemaligen Berliner GSW-Hochhauses entfachte einen Sturm der Entrüstung. Hat der Eigentümer erkannt, was auf dem Spiel steht? mehr

Der Städtebauliche Ideenwettbewerb Weißenhof 2027 verbindet die künftige Entwicklung des Campus der Kunstakademie mit der Notwendigkeit, im Jahr 2027 die IBA-Besucher zu empfangen.

Betrifft 16.08.2022

Kein großer Wurf

Der Städtebauliche Ideenwettbewerb Weißenhof 2027 verbindet die künftige Entwicklung des Campus der Kunstakademie mit der Notwendigkeit, im Jahr 2027 die IBA-Besucher zu empfangen. mehr

10.2025

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.