Bauwelt

Jüdischsein im Hier und Jetzt

Der Wettbewerb auf dem Gelände der Berliner Synagoge am Fraenkelufer ist entschieden. 86 Jahre nach der Zerstörung des Hauptgebäudes durch Nationalsozialisten soll die Jüdische Gemeinschaft der Stadt ein neues Zentrum bekommen.

Text: Kraft, Caroline, Berlin

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    Berliner Synagoge am Fraenkelufer, historisches Foto.

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    Berliner Synagoge am Fraenkelufer, historisches Foto.

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    1. Preis Staab Architekten mit LOIDL Landschafts­architekten, beide Berlin
    Abb.: Verfassende

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    1. Preis Staab Architekten mit LOIDL Landschafts­architekten, beide Berlin

    Abb.: Verfassende

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    Nicht ein zusammenhängender, sondern drei locker angeordnete Baukörper mit je einem Garten ergeben den Campus. Dabei ist der Festsaal an Stelle des alten Hauptportals klar abzulesen. Zur Straße liegt das Museum mit Ateliers, während die Kita am weitesten nach hinten geschoben ist.
    Abb.: Verfassende

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    Nicht ein zusammenhängender, sondern drei locker angeordnete Baukörper mit je einem Garten ergeben den Campus. Dabei ist der Festsaal an Stelle des alten Hauptportals klar abzulesen. Zur Straße liegt das Museum mit Ateliers, während die Kita am weitesten nach hinten geschoben ist.

    Abb.: Verfassende

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    Die Arbeit spielt mit Leere und Masse und schafft eine Reminiszenz an den dreieckigen Vorplatz der alten Synagoge. Der Verein Jüdische Synagoge Fraenkelufer e.V. äußert allerdings Bedenken hinsichtlich des Sicherheitskonzepts.
    Abb.: Verfassende

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    Die Arbeit spielt mit Leere und Masse und schafft eine Reminiszenz an den dreieckigen Vorplatz der alten Synagoge. Der Verein Jüdische Synagoge Fraenkelufer e.V. äußert allerdings Bedenken hinsichtlich des Sicherheitskonzepts.

    Abb.: Verfassende

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    Modellfoto: C4C

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    Modellfoto: C4C

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    2. Preis DFZ Architekten mit Y-LA Ando Yoo Landschaftsarchitektur, beide Hamburg
    Abb.: Verfassende; Visualisierung: ©leonardmitchell.studio

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    2. Preis DFZ Architekten mit Y-LA Ando Yoo Landschaftsarchitektur, beide Hamburg

    Abb.: Verfassende; Visualisierung: ©leonardmitchell.studio

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    Das Kulturzentrum mit Festsaal bildet den Auftakt zum JZF und teilt sich mit der alten Jugendsynagoge den Vorplatz. Die Kita mit Terrasse im 2. OG liegt hinter dem Hauptgebäude. Der Entwurf überzeugt mit niedriger Bodenversiege­lung und kompaktem Fußabdruck, auch denkmalschutzrechtlich gibt es keine Bedenken. Seine Fassadenausbildung wird als wenig spektakulär, allerdings von ruhiger Eleganz besprochen.
    Abb.: Verfassende

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    Das Kulturzentrum mit Festsaal bildet den Auftakt zum JZF und teilt sich mit der alten Jugendsynagoge den Vorplatz. Die Kita mit Terrasse im 2. OG liegt hinter dem Hauptgebäude. Der Entwurf überzeugt mit niedriger Bodenversiege­lung und kompaktem Fußabdruck, auch denkmalschutzrechtlich gibt es keine Bedenken. Seine Fassadenausbildung wird als wenig spektakulär, allerdings von ruhiger Eleganz besprochen.

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    Sowohl Jury und Verein Jüdische Synagoge Fraenkelufer e.V. als auch Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg bemängeln allerdings die großen Fenster – konstruktiv wie hinsichtlich des mangelnden Gefühls von Sicherheit.
    Abb.: Verfassende

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    Sowohl Jury und Verein Jüdische Synagoge Fraenkelufer e.V. als auch Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg bemängeln allerdings die großen Fenster – konstruktiv wie hinsichtlich des mangelnden Gefühls von Sicherheit.

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    Modellfoto: C4C

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    3. Preis ARGE hope Ar­chitekten, Hamburg, und Johannes Arolt Architekt, Berlin, mit 317 Stadt- und Freiraumplanung, Landsberg
    Abb.: Verfassende

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    3. Preis ARGE hope Ar­chitekten, Hamburg, und Johannes Arolt Architekt, Berlin, mit 317 Stadt- und Freiraumplanung, Landsberg

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    „Wir denken an eine Stadt, die wie ein großes Haus ist. Und dann an ein Haus als kleine Stadt“, erklärt das Team seinen Entwurf. An seiner Eingangsfassade ist das Hauptgebäude zwölf Mal vertikal unterteilt und bildet kleine Satteldächer aus. Die Planenden begründen das mit einem Bezug zu den zwölf Stämmen Israels.
    Abb.: Verfassende

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    „Wir denken an eine Stadt, die wie ein großes Haus ist. Und dann an ein Haus als kleine Stadt“, erklärt das Team seinen Entwurf. An seiner Eingangsfassade ist das Hauptgebäude zwölf Mal vertikal unterteilt und bildet kleine Satteldächer aus. Die Planenden begründen das mit einem Bezug zu den zwölf Stämmen Israels.

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    Diese Idee stößt in der jüdischen Gemeinschaft vorwiegend auf Unverständnis. Die Ästhetik sei zudem eher eine christliche – zumal das Team Fachberater für jüdische Bauten hinzugezogen hat. Auch die Idee eines Nachbarschaftsgartens wird angezweifelt, er sei aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Den geschützten Garten zwischen den beiden durch eine Orangerie verbundenen Gebäudeteilen lobt die Jury.
    Abb.: Verfassende

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    Diese Idee stößt in der jüdischen Gemeinschaft vorwiegend auf Unverständnis. Die Ästhetik sei zudem eher eine christliche – zumal das Team Fachberater für jüdische Bauten hinzugezogen hat. Auch die Idee eines Nachbarschaftsgartens wird angezweifelt, er sei aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Den geschützten Garten zwischen den beiden durch eine Orangerie verbundenen Gebäudeteilen lobt die Jury.

    Abb.: Verfassende

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    Modellfoto: C4C

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    Modellfoto: C4C

Jüdischsein im Hier und Jetzt

Der Wettbewerb auf dem Gelände der Berliner Synagoge am Fraenkelufer ist entschieden. 86 Jahre nach der Zerstörung des Hauptgebäudes durch Nationalsozialisten soll die Jüdische Gemeinschaft der Stadt ein neues Zentrum bekommen.

Text: Kraft, Caroline, Berlin

Man erkennt sie. Kameras oder einen Sicherheitszaun gibt es, mindestens, häufig auch Polizeipräsenz. Jüdische Einrichtungen haben in allen Bundesländern Sicherheitsauflagen, die seit dem antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019, und jüngst seit dem Terrorangriff der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 noch verschärft wurden. Kurz vorher eröffnete in Berlin das bisher größte jüdische Bauprojekt in Deutschland: der Jüdische Campus in Wilmersdorf nach Plänen Sergei Tchobans, geschützt durch Betonmauern und Panzerglas.
Am Fraenkelufer in Berlin-Kreuzberg soll ebenfalls Neues entstehen. Die als Basilikatypus errichtete „Synagoge am Kottbusser Ufer“, wie sie damals hieß, gehörte bei ihrer Fertigstellung 1916 zu einer der größten Berlins. Der deutsch-jüdische Architekt Alexander Beer plante ein dreischiffiges Gotteshaus. In Nebenkomplexen waren eine Wochentagssynagoge, ein Saal für Jugendgottesdienste, ein Trausaal, Wohnräume und solche für Verwaltung, Büros und Bildung untergebracht. Später kamen ein Kindergarten mit Hort und ein Jugendheim hinzu. Schon damals war es ein Zentrum für jüdisches Leben.
Heute gibt es das Haus in dieser Form nicht mehr. Der Gebetssaal, bereits in den frühen 1930er Jahren von den Nazis geschändet, war nach den Pogromen vom 9. November 1938 nicht mehr nutzbar. Die Feuerwehr hielt die Ausbreitung der Flammen zumindest etwas in Schach; der angrenzenden Schule zum Schutz. Fortan (und bis jetzt) versammelte sich die Gemeinde in der Jugendsynagoge. Ab 1941 lagerte der Nazi-Apparat geraubte jüdische Besitztümer auf dem zertrümmerten Areal. Später nutzte die Gestapo es zum Abstellen von Miltärfahrzeugen. Nach dem Krieg war es die kaum zerstörte Jugendsynagoge, die rechtzeitig zu Rosh ha-Schana, dem jüdischen Neujahrsfest, ab 1945 wieder genutzt wurde – als erste in Berlin. Wo Ende der 1950er die Trümmer des Haupthauses abgetragen wurden, soll heute genau hier ein neues Zentrum für die wachsende und sehr aktive, internationale Gemeinde entstehen.
Der Verein Jüdisches Zentrum Synagoge Fraenkelufer e.V. gründete sich kurz nach ihrem hundertjährigen Bestehen. Die Gemeinde war zu diesem Zeitpunkt klein und hatte Nachwuchsprobleme. Fast wäre der Standort wegen Unternutzung aufgegeben worden. Der Verein lobte daraufhin den Wettbewerb zum Neubau am historischen Standort aus. Inzwischen sind die Räumlichkeiten am Fraenkelufer zu klein. Trotz wachsender Initiativen gibt es in Deutschland neben den notwendigen Gedenkorten zu wenig Platz für die jüdische Gegenwart. Das Jüdische Zentrum Fraenkelufer (JZF) soll so ein Ort werden. Neben der Einbindung der historischen Jugendsynagoge als primären Ort des Gebets setzte die Auslobung den Neubau eines Gemeinde- und Kulturzentrums mit Fest- und Veranstaltungssaal, koscherem Café, Co-Working-Space, Ausstellungsräumen sowie einer Kita zum Ziel. Klingt alles normal und nett – bedeutet in Deutschland aber auch einen 2,40 Meter hohen Sicherheitszaun mit Übersteig- und Unterkriechschutz und Sicherheitsschleuse. Die Auslobung verlangte nach einem „safe-space“, der anders auch 2025 nicht gewährleistet ist.
Der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh steht dem Kuratorium für den Wieder­aufbau vor, Stadtplaner Engelbert Lütke Daldrup wurde zum Baubeauftragten gewählt. Es fällt schwer, von einem „Wiederaufbau“ zu sprechen, denn was 1938 und später zerstört wurde, kann nicht wiederkommen. Für Saleh vermittelt das JZF vor allem eine Botschaft: Jüdisches Leben ist in Berlin zuhause und bleibt integraler Bestandteil der Stadtgesellschaft.
Gegen 17 bewertete Arbeiten konnten sich die Kreuzberger Staab Architekten mit Atelier Loidl Landschaftsarchitektur durchsetzen. Die drei Kuben mit Mauerwerk-Fassade erzeugen mit vielfältig bepflanzten Freiräumen eine Einheit. Das Team plant stellenweise reversible Grundstücksmauern – ein hoffnungsvoller Gedanke, wenn auch utopisch. Grundsteinlegung soll der 9. November 2026 sein.

Einphasiger nicht-offener Realisierungswettbewerb mit Ideenteil
1. Preis (55.000 Euro) Staab Architekten mit LOIDL Landschaftsarchitekten, beide Berlin
2. Preis (35.000 Euro) DFZ Architekten mit Y-LA Ando Yoo Landschaftsarchitektur, beide Hamburg
3. Preis (22.000 Euro) ARGE hope Architekten, Hamburg und Johannes Arolt Architekt, Berlin mit 317 Stadt- und Freiraumplanung, Landsberg
Anerkennung (14.000 Euro) Peter W. Schmidt + Assozi­ierte, Pforzheim/Berlin mit FUGMANN JANOTTA PARTNER, Berlin
Anerkennung (14.000 Euro) Georg Scheel Wetzel Architekten, Berlin mit Dietz & Partner Landschaftsarchitekten, Elfershausen
Ausloberin
Jüdisches Zentrum Synagoge Fraenkelufer e.V., begleitet von Berlinovo Immobilien Gesellschaft
Fachpreisjury
Donatella Fioretti, Ulrike Lauber (Vorsitz), Engelbert Lütke Daldrup, Tobias Micke, Jórunn Ragnarsdóttir
Koordinierung
C4C | competence for competitions, Berlin

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