Bauwelt

Die Smart City ist kein Selbstzweck

Mit der Dialogplattform Smart Cities möchte Gunther Adler die Lebensqualität in Kommunen und Städten steigern. Was ist bereits erreicht?

Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Staatssekretär Gunther Adler im Gespräch mit Boris Schade-Bünsow über die Digitalisierung von Städten.
    Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

    • Social Media Items Social Media Items
    Staatssekretär Gunther Adler im Gespräch mit Boris Schade-Bünsow über die Digitalisierung von Städten.

    Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Gunther Adler war von 2014 bis 2018 Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Seit 15. Mai 2018 ist er Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.
    Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

    • Social Media Items Social Media Items
    Gunther Adler war von 2014 bis 2018 Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Seit 15. Mai 2018 ist er Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

    Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

Die Smart City ist kein Selbstzweck

Mit der Dialogplattform Smart Cities möchte Gunther Adler die Lebensqualität in Kommunen und Städten steigern. Was ist bereits erreicht?

Text: Schade-Bünsow, Boris, Berlin

Herr Adler, Sie haben vor zwei Jahren die Dialogplattform Smart Cities mit einer ganzen Reihe von Veranstaltungen ins Leben gerufen. Welches Ziel haben Sie damit verfolgt?
Die Digitalisierung rückt immer mehr in den Vordergrund. Wann immer wir über Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und über all die Themen, die damit zusammenhängen, sprechen, stellen wir fest, dass diese extrem von der zunehmenden Digitalisierung geprägt sind. Zunächst wur­de hier nur technologisch diskutiert. Das wollten wir ändern. Die Digitalisierung ist eben auch ein Instrument und Treiber des Bauens und der Stadtentwicklung. Dementsprechend müssen wir das Thema auf breiter Basis diskutieren: Was ist eine Smart City? Wie lassen sich die unterschied­lichen Perspektiven mit Zielrichtung einer Smart City als lebenswerte Stadt zusammenführen? Wir wollten hier in erster Linie einen intensiven, ergebnisoffenen Dialog führen und das ist uns auch gelungen.
Was sind die Kernbestandteile der Plattform?
Die Plattform ist breit aufgestellt: Zusammen mit 70 Fachleuten, darunter Architekten, Planer, Soziologen, Teilnehmer aus der Wissenschaft, der Ökonomie, der Zivilgesellschaft und Vertretern aus den Kommunen, Ländern und der Bundesregierung, haben wir die Smart City Charta erarbeitet, die auf dem 11. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik 2017 in Hamburg vorgestellt wurde. Diese hat, so finde ich, ein außerordentlich positives und auch wahrnehmbares Echo gefunden. Nun setzen wir diesen Prozess imDialog mit den Akteuren fort. Es muss ausgewogen erläutert und dargestellt werden, wo die Chancen und Risiken der Digitalisierung in den Kommunen liegen. Zielrichtung ist das Streben nach einer guten Stadt. Die Smart City allein ist kein Selbstzweck.
Wie genau gehen Sie vor, um dieses Ziel zu erreichen? Wird es auch Modellprojekte geben?
Genau in diese Richtung wollen wir gehen. Wir wollen insgesamt rund 50 Modellprojekte fördern und starten in diesem Jahr mit etwa zehn. Im Bundeshaushalt 2019 stehen dafür rund 170 Millionen Euro zur Verfügung. Insgesamt planen wir die 50 Modellprojekte über 10 Jahre mit rund 750 Millionen Euro zu fördern. Dabei interessieren uns nicht so sehr einzelne, sektorale Lösungen, wie beispielsweise eine Parkplatz-App oder eine Lösung für einen Pflegedienst. Uns kommt es vielmehr auf eine integrierte Herangehensweise, also eine gemeinsam von den Beteiligten vor Ort und der Kommune erarbeitete, sektorenübergreifende, individuelle Digitalisierungsstrategie an. Diese müssen Kommunen und Städte eigenständig für sich selbst entwickeln und zwarin einem Miteinander zwischen kommunaler Verwaltung und lokaler Ökonomie, begleitet von der Wissenschaft und, da wo notwendig und sinnvoll, unter aktiver Bürgerbeteiligung. Ziel ist es, dass die Kommunen in den Modellprojek­ten die Ansätze der Smart City Charta beispielhaft erproben und umsetzen. Dabei werden die Projekte intensiv durch die Stadtforschung begleitet und das gewonnene Wissen auch anderen zur Verfügung gestellt. So unterstützen wir den Kompetenzaufbau in den Kommunen insgesamt.
Gilt das alles nur für Großstädte oder haben Sie auch die kleinen Städte und Kommunen im Blick, damit diese nicht abgehängt werden?
Ich bin ein großer Freund von interkommunaler Zusammenarbeit. Das kann innerhalb einer Re­gion oder innerhalb eines Landkreises erfolgen. Es ist wichtig, über den eigenen Ortsrand hinaus zu schauen und die Belange der Region mitzudenken. Wie können wir beispielsweise Kooperationen schaffen, wenn wir über neue Verkehrskonzepte nachdenken, um auch kleinere Kommunen an die Großstadtnetze anzubinden? Daneben eröffnet die Digitalisierung auch neue Möglichkeiten, vielleicht sogar neue Bedarfe der interkommunalen Zusammenarbeit – auch über die Re­gion hinaus. Auch das wollen wir in den Modellprojekten untersuchen. Unser Ziel sind gleichwer­tige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland.
Gibt es einen Zeithorizont für die Dialogplattform Smart City?
Vieles ist ja erst im Aufbau, gerade bei den kleineren Kommunen. Da sollte man nicht schon mit einer Zeitvorgabe kommen, sondern Mut machen, Erfahrungen sammeln lassen und dort von Seiten des Bundes unterstützen, wo es notwendig ist. Dieser Austausch, die Kommunikation untereinander und ein transparenter Umgang mit Erfolgen wie Misserfolgen bestimmen die nächsten Schritte. Insgesamt müssen wir die­sen Prozess als eine längerfristige Aufgabe begreifen, beider wir gehalten sind diese sowohl individuell als auch gemeinsam zu bewerkstelligen.
Wie begegnen Sie den Vorbehalten mancher Institutionen oder auch von Bürgern, die sich über den Datenschutz Gedanken machen oder darüber, ob sie alle diese Dinge, die mit der Digitalisierung verbunden sind, überhaupt verstehen und bewältigen können?
Diese Bedenken müssen wir ernst nehmen. Sehr ernst. Ich erlebe hier und da, dass Daten generell als Ware wahrgenommen werden. Eine verheerende Auffassung! Gerade personenbezogene Daten sind ein besonders schützenswertes Gut. Das hat mit Privatsphäre und auch mit Sicherheit zu tun. Für diese ureigenen Bürgerinteressenmuss der Staat Verantwortung übernehmen und übernimmt sie auch. Das dürfen wir nicht der Ökonomie überlassen. Deshalb haben die Kommunen bei der Entwicklung und Gestaltung von Smart Cities eine wichtige Funktion. Sie tragen Gewähr für einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit Daten, für Demokratie und Teilhabe.
Wie gehen Sie mit den meist multinationalen Konzernen um, die mit diesem Datensammeln ihr Geschäftsmodell begründen?
Es ist eine der wesentlichen Aufgaben der Politik, hierfür den Rahmen zu setzen. Mit gewissen Freiheiten, sicherlich, aber vor allem mit Blick auf Datensicherheit und Datenschutz. Daneben wollen wir mit den Modellprojekten Smart Cities gerade auch die Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft unterstützen, um in den Kommunen Fachkompetenzen aufzubauen und zu erhalten, hochwertige Arbeitsplätze vor Ort zu sichern und lokal angepasste Lösungen zu entwickeln und nicht zuletzt auch Steueraufkommen vor Ort zur Finanzierung kommunaler Aufgaben zu erhalten.
Wie sieht ihr persönliches Bild einer Smart City oder einer smarten Kommune der Zukunft aus?
Die Stadt wird eine höhere Lebensqualität haben. Nehmen wir das Beispiel Verkehr und Infrastruktur: Verkehr als gutes Mittel der Mobilität wahrnehmen, und nicht automatisch mit negativen Auswirkungen, wie Stau, Zeitverlust oder Feinstaubproblematik verbinden. Das halte ich für ein erstrebenswertes Ziel. Es ist unsere Auf­gabe, Städte, Kommunen und ländliche Regionen lebenswerter zu machen und das alles unter ständiger Berücksichtigung architektonischer wie baukultureller Aspekte.

0 Kommentare


loading
x
loading

6.2024

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.