Bauwelt

True Cities - Charlie Koolhaas

Charlie Koolhaas offenbart überraschende Bezüge

Text: Spix, Sebastian, Berlin

Eventteaser Image
  • Social Media Items Social Media Items

Foto (Ausschnitt): Sebastian Spix

  • Social Media Items Social Media Items

Foto (Ausschnitt): Sebastian Spix


True Cities - Charlie Koolhaas

Charlie Koolhaas offenbart überraschende Bezüge

Text: Spix, Sebastian, Berlin

„Man muss nicht notwendigerweise etwa Neues erfinden, aber die Alternative, Dinge einfach nur zu dokumentieren, ist nichts Besonderes mehr. Ich möchte über diese Art von Neutralität hinausgehen, nicht um zu urteilen oder um Schlussfolgerungen zu ziehen, eher um anzuerkennen, dass alles, was wir tun, neue Verbindungen erzeugt.“ So erläutert Charlie Koolhaas im Vorwort des Kataloges zur Ausstellung „True Cities“ ihre Motivation.
Die Berliner Galerie Aedes Land präsentiert eine „foto(geo)grafische Installation“ der in London aufgewachsenen, heute im chinesischen Guangzhou lebenden Künstlerin und studierten Soziologin.
An einer Wand zwischen den Stadtbahnbögen am Savignyplatz hat Koolhaas eine ganze Reihe von schwenkbaren Haltern aus Metall befestigen lassen. Auf ihnen hängen unzählige mit bunten Abbildungen bedruckte Stoffplakate; das Ganze weckt Assoziationen an eine opulente Textilkollektion. Außerdem sind unter die gekrümmten Decken des Ausstellungsraums Drahtseile gespannt, hier baumeln bedruckte Folien – ähnlich trocknenden Abzügen in einem Fotolabor. Charlie Koolhaas zeigt Großstadtbilder aus Afrika, China, Europa und Saudi-Arabien – und verfolgt damit auch die Wirkungsstätten ihres Vaters Rem. Ob man bei Aedes angesichts der erschlagenden Zahl von 200 Fotografien nicht doch eher inmitten einer unspezifischen Dokumentation als vor „neuen Verbindungen“ steht?
Beim Blättern durch die Stoffe auf den Metallbügeln öffnet sich stets ein Bildpaar von Momentaufnahmen aus Lagos und Dubai. So zeigt etwa eine linke Aufnahme einen improvisierten nigerianischen Markt zwischen stillgelegten Bahngleisen. Vor dem schmutzigen Lehmboden, den verschlissenen Körben, wackeligen Stühlen und Müllsäcken springen die farbenfrohen Früchte, Gewürze und Pülverchen förmlich ins Auge des Betrachters. Rechts das Detail eines Parfümeriestandes in dem arabischen Scheichtum: Mit einer Unzahl kunterbunter Flakons und Päckchen bestückt, wirkt der schillernde Stand lächerlich und kitschig. Geradezu provokativ steht das Bild einer Shopping Mall in Dubai, wo ein Architekturmodell ein neues Hochhaus-Viertel mit makellosen Grünflächen ankündigt, der Aufnahme der Statue eines hämmernden Arbeiters mit nacktem Oberkörper auf einem kleinen Flecken Gras in Lagos gegenüber. Etwas anders aufgebaut, aber inhaltlich ähnlich funktioniert die Konfrontation von London mit Guangzhou: raue Oberflächen und Texturen hier wie dort – im typischen britischen Arbeiterwohnviertel und im chaotischen Wirrwarr chinesischer Hinterhöfe. Schichten von Plakaten, Tapeten und Graffiti prägen die Backstein- und Plattenbauten des Londoner East-Ends, zerschlissene Hochspannungskabel und Reste von Werbetafeln die labyrinthischen Gassen Guangzhous.
So grundlegend sich die vier Städte wirtschaftlich, politisch und kulturell unterscheiden – Koolhaas’ geschickt arrangiertes Patchwork enthüllt auf beeindruckende Weise globale Zusammenhänge, formale Resonanzen, subtile Spiegelungen. Tatsächlich erzeugt sie: neue Verbindungen.
Fakten
Architekten Koolhaas, Charlie, Guangzhou
aus Bauwelt 09.2009
Artikel als pdf

0 Kommentare


loading
x
loading

14.2025

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.