Bauwelt

Mediatektur

Text: Brensing, Christian, Berlin

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Mediatektur

Text: Brensing, Christian, Berlin

Was ist Mediatektur? Der Begriff wurde 1993 von dem Kölner Architekten Christoph Kronhagel geprägt und in dem interdisziplinären Team der ag4 verwirklicht. Der Neologismus verknüpft mediale Entwicklungen mit Architektur und setzt sich zum Ziel, die Kommunikations- und Informationsgesellschaft in Gebäuden selbst, aber auch im städtebaulichen Rahmen sichtbar und erlebbar zu machen.
Durch großflächig animierte Fassaden werden laut Kronhagel Lebensräume emotionalisiert. Was herkömmliche Werbung an Orten wie z.B. dem New Yorker Times Square oder dem Londoner Piccadilly Circus unkoordiniert leistet, versucht die Medienfassade bewusst zu steuern und zu gestalten, wobei Medienfassaden nicht mit Werbeflächen zu vergleichen sind. Wie dem visuellen Wildwuchs mit gezielten Maßnahmen und Regeln zu begegnen ist, beschreibt der Autor. Gastautoren lenken das Augenmerk er z.B. auf die theoretischen Hintergründe von „medial erweiterten Räumen“. Dazu kann die mittelalterliche Kathedrale mit ihren Bleiglasfenstern gezählt werden, aber ebensogut auch Nouvels Institut du Monde Arabe. Die Blickwinkel, die sich auf diese Weise eröffnen, sind vielfältig und reichen bis zur Erkundung und Hinterfragung urbaner Identität.
Das direkte Aufeinandertreffen von Realität und Virtualität in Form einer schillernden Medienfassade ist für viele Architekten und Stadtplaner immer noch ein spannungsgeladenes Feld. Huldigen sie nur einem zeichenhaften Sinn, der in der Regel kommerziellen Zwecken untergeordnet ist? Kronhagel widmet sich genau dieser Thematik. Wie stehen Raum und Medien zueinander? Wie kann mediale Gestaltung im öffentlichen Raum überhaupt funktionieren? Dabei zählt für den Autor alleine, dass man bei einer Medienfassaden die „Software“ und nicht die „Hardware“ sehen sollte!
Die im Buch vorgestellten Projektbeispiele sind höchst unterschiedlicher Natur. Sie changieren von farblich komplett illuminierten Hochhausgeschossen bis zum Umbau der ehemaligen Bayer Hauptverwaltung, Leverkusen, in eine Medienskulptur. Deren 122 Meter hoher Büroturm ist mit in einem Metallgewebe überzogen, in das 5.633.905 LEDs integriert sind.
Je weiter man das 450 Seiten starke Buch bewältigt, desto mehr verliert sich aber auch ein geschlossenes Bild der Medienfassade, sie löst sich in unendliche viele Pixel auf: „Digital Signage“, „Digital Out of Home“ (DOOH), „LED-Screens, -Displays und -Bill­boards und ähnliche Facetten der Medienfassade werden von Kronhagel und seinen Mitautoren abgehandelt. In vielen Projekten weltweit besteht die Gefahr, dass Medienfassaden wie vor gehängte Leinwände, Monitore oder gar Werbeflächen wirken. Es bleibt daher die Frage, wie in Zukunft die Schnittstelle zur Architektur besser definiert werden kann, ohne dabei die Architektur zu brüskieren und gleichzeitig technisch wie medial ansprechende Botschaften zu vermitteln? Hier bietet Kronhagel Denk- und Handlungsansätze sowie Beispiele. Letztere dann auch ganz praktisch: Die am Ende der Kapitel befindlichen QR-Codes können mit Smart-Phones gescannt werden, Alternativen sind die URL Adressen der Videos. Auf diese Wiese wird der jeweilige Beitrag mit einer Video-Referenz ergänzt. So wird direkt appliziert was Mediatektur leisten kann: Der QR-Code als Medium und das Buch als Tektur.
Fakten
Autor / Herausgeber Christoph Kronhagel (Hrsg.)
Verlag Springer Verlag, Wien
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aus Bauwelt 18.2011
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