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Der urbane Code Chinas | Städtebau in China – über raumkulturelle Hybride

Text: Kühnast, Sabine, Berlin

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Der urbane Code Chinas | Städtebau in China – über raumkulturelle Hybride

Text: Kühnast, Sabine, Berlin

Die Olympiade 2008 in Beijing und die durch Massenmedien transportierten Bilder konnten zum Verständnis der Wandlung Chinas zum weltweit größten Auftraggeber von neuen Städten und städtebaulichen Erneuerungen nur bedingt beitragen. Zu sehr dominierten in der Berichterstattung über den chinesischen Turbourbanismus die bloßen Analysen einzelner Bauten und Masterpläne, zu mangelhaft war die Aufdeckung struktureller Zusammenhänge.
Der Weimarer Soziologe Dieter Hassenpflug blickt hinter die massenweise verbreiteten Bilder und Masterpläne und fokussiert die Gemeinsamkeiten der chinesischen Städte. Seine Grundthese, die sich selbst gegen chinesische Experten stellt, lautet: China verwestlicht nicht, es nimmt Strömungen und Konzepte der nordamerikanischen und europäischen Stadtplanung auf, verdaut sie und spuckt sie in chinesischen Typologien, Symbolen und Syntax wieder aus. Diese Herstellung von raumkulturellen Hybriden aus Orient und Okzident beginnt für ihn nicht erst vor 30 Jahren, mit der sukzessiven Öffnung Chinas durch Deng Xiao Peng, er verortet sie schon in den Lilong genannten Shanghaier Wohnsiedlungen von 1860 und im sozialistischen Massenwohnungsbau, der nie die reine Lehre der Charta von Athen übernommen hat.
In sieben Kapiteln analysiert er den offenen Raum der chinesischen Stadt, die Sinisierung importierter Stilelemente, den medialisierenden Umgang mit dem Erbe der westlichen europäischen Stadt, die Inszenierung von Stadträumen, erklärt den Dualismus von offener und geschlossener Stadt, verweist auf den binären Code von Land- und Stadtleben. Gescheiterte Stadtplanung wie z.B. Anting stützen seine eingangs formulierte Grundthese. Diese sogenannte deutsche Stadt weist in ihrer Grundstruktur eine für China zu offene Stadtstruktur auf und widersetzt sich damit der Regel des Dualismus von offenen und
geschlossenen Stadträumen.
Im Schlusskapitel fasst Hassenpflug die Beobachtungen und Analysen in einer Urbanistik zusammen, die Stadt als Beziehung soziokultureller Systeme und stadträumlicher Zeichen versteht. Hier werden noch einmal recht didaktisch, aber anschaulich die für uns Westeuropäer üblichen Deutungsmechanismen hinterfragt.
Von einem Soziologen geschrieben, richtet sich dieses bisher einzigartige Buch an „Architekten, Städtebauer, Stadtplaner und an Urbanisten“. Sie auch wirklich zu erreichen hätte allerdings eines „hybriden Blicks“ bedurft, denn mehr Bild- und insbesondere Planmaterial wären aufschlussreich gewesen, um die hochkomplexen Zusammenhänge der chinesischen Stadt einer weniger auf Text fokussierten Zielgruppe zu vermitteln.
Fakten
Autor / Herausgeber Dieter Hassenpflug
Verlag Birkhäuser Verlag
Zum Verlag
aus Bauwelt 48.2009
Artikel als pdf

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