Bauwelt

Sowjetmoderne anerkennen

Text: Steiner, Dietmar, Wien

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    Ein Kind des Sputnik-Zeitalters: Bootsverleih der Ferienanlage am Issyk-Kul-See in Kirgisistan.
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    Ein Kind des Sputnik-Zeitalters: Bootsverleih der Ferienanlage am Issyk-Kul-See in Kirgisistan.

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    Ebenfalls auf dem weitläufigen Gelände am Issyk-Kul-See: ein Schwimmbad, ...
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    Ebenfalls auf dem weitläufigen Gelände am Issyk-Kul-See: ein Schwimmbad, ...

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    ... Ferienunterkünfte, die heute als Hotel genutzt werden, ...
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    ... Ferienunterkünfte, die heute als Hotel genutzt werden, ...

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    ... und Wohnungen für die Kurgäste von damals.
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    Im kirgisischen Bishkek hat die Fotografin Simona Rota unter anderem eine Reihe von öffentlichen Gebäuden dokumentiert wie diesen Zirkus, ...
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    Im kirgisischen Bishkek hat die Fotografin Simona Rota unter anderem eine Reihe von öffentlichen Gebäuden dokumentiert wie diesen Zirkus, ...

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    ... das städtische Krankenhaus, ...
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    ... den Sportpalast, ...
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    ... und das Standesamt.
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    Obgleich zentral gesteuert, gibt es es auch experimentelle Wohngebäude, wie diesen Wohnturm in Bishkek (Kirgisistan) ...
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    Obgleich zentral gesteuert, gibt es es auch experimentelle Wohngebäude, wie diesen Wohnturm in Bishkek (Kirgisistan) ...

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    ... und die Wohnriegel mit freistehender Außentreppe.
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    Ein kurzer Abstecher nach Kasachstan: Bushaltestelle der Sportarena "Medeo" in Almaty.
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    Ein kurzer Abstecher nach Kasachstan: Bushaltestelle der Sportarena "Medeo" in Almaty.

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    Das Hotel Kasachstan in Almaty.
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    Der ehemalige Lenin-Palast (heute: Palast der Republik) in Almaty, Kasachstan.
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    Der ehemalige Lenin-Palast (heute: Palast der Republik) in Almaty, Kasachstan.

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    Zum Teil noch unerforscht ist auch Armenien, hier die Gedenkstätte "Armenien" in Erivan.
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    Zum Teil noch unerforscht ist auch Armenien, hier die Gedenkstätte "Armenien" in Erivan.

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    Busbahnhof in Hrazdan, Armenien
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    Busbahnhof in Hrazdan, Armenien

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    Erholungsheim für Schriftsteller am armenischen Sewan-See.
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    Erholungsheim für Schriftsteller am armenischen Sewan-See.

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    "Chaika" (Seemöve) - Raststätte in Eriwan, Armenien
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    "Chaika" (Seemöve) - Raststätte in Eriwan, Armenien

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    Moderne Innenräume, ebenfalls in Eriwan: die Halle des Flughafen Swarnoz ...
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    Moderne Innenräume, ebenfalls in Eriwan: die Halle des Flughafen Swarnoz ...

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    ... und das Treppenhaus des "Regierungsgebäudes 3".
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    ... und das Treppenhaus des "Regierungsgebäudes 3".

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    Die Wohngebäude im 16. Bezirk von Eriwan stehen auf Pilotis.
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    Die Wohngebäude im 16. Bezirk von Eriwan stehen auf Pilotis.

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    Der Pavillon ist Teil des Ausstellungszentrums für die Errungenschaften der nationalen Wirtschaft (VDNKh).
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    Der Pavillon ist Teil des Ausstellungszentrums für die Errungenschaften der nationalen Wirtschaft (VDNKh).

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    Auch das Restaurant Vaspurakan wurde von der armenischen Wirtschaftsbehörde errichtet.
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    Auch das Restaurant Vaspurakan wurde von der armenischen Wirtschaftsbehörde errichtet.

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    Zum Abschluss ein Besuch im ethnografischen Museum im armenischen Armawir (von 1935 bis 1992 Sardarabad):
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    Zum Abschluss ein Besuch im ethnografischen Museum im armenischen Armawir (von 1935 bis 1992 Sardarabad):

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    Eine Architektur mit traditionellen Motiven ...
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    Eine Architektur mit traditionellen Motiven ...

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    ... und modernen Ornamenten.
    www.simonarota.es
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Wohntürme in Tiflis, Georgien
Foto: Simona Rota

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Wohntürme in Tiflis, Georgien

Foto: Simona Rota


Sowjetmoderne anerkennen

Text: Steiner, Dietmar, Wien

In Heft 9 veröffentlichten wir die Kritik von Wolfgang Kil an der Austellung über die Sowjetmoderne am Karlsruher ZKM, die in üppigen Bildern den Untergangs-Charme jener Architektur feierte. Dietmar Steiner, Leiter des AzW in Wien, der zur Zeit eine Ausstellung zur Moderne in den Sowjetrepubliken zwischen 1960 und 1990 konzipiert, spitzt die Pole­mik jetzt zu.
„Der Text macht vor allem eines deutlich: Jetzt ist gründliche Forschungsarbeit geboten.“ Das schrieb Wolfgang Kil an dieser Stelle zum kürzlich vor allem im deutschsprachigen Raum gehypten Foto-Buch von Frédéric Chaubin mit dem spekulativen Titel: „CCCP – Cosmic Communist Constructions Photographed“. Kils kenntnisreicher und skeptischer Kommentar war im breiten Spektrum der ansonsten bloß bewundernden Besprechungen des Buches und der zugehörigen Ausstellung im ZKM Karlsruhe der einzige, der auf die Notwendigkeit aufmerksam machte, diese zufällige Bilder-Sammlung von architektonischen Kuriositäten einer genauen historischen Analyse zu unterziehen.
Dem kann geholfen werden. Aufbauend auf den Rudimenten der Forschungsarbeit einer Gruppe – Georg Schöllhammer, Klaus Ronneberger, Markus Weisbeck und Heike Anders – die sich unter dem Begriff „Lokale Modernen“ vor vielen Jahren der Architektur dieser Zeit in den Teilrepubliken der Sowjetunion widmete, versucht sich das Architekturzentrum Wien seit einigen Jahren an einer architekturhistorischen Aufarbeitung der sogenannten „Sowjetmoderne“. Im Focus ist dabei vor allem die Entwicklung in den Teilrepubliken der Sowjetunion, da sich hier im Zeitraum von 1960 bis 1990 eine äußerst spannende und bemerkenswerte kulturelle Eigenständigkeit gegen die zentrale Dominanz Moskaus entwickeln konnte. Russland selbst kann erstaunlicherweise keine vergleichbare Dynamik in dieser Zeit aufweisen. Dazu fanden und finden Forschungsreisen in die neuen Staaten der ehemaligen Sowjetunion statt. Es erfolgt der Aufbau einer Datenbank architektonisch wichtiger Bauten und Projekte dieser Zeit, Interviews mit Akteuren werden geführt, mit Politikern, Architekten, Stadtplanern, in offiziellen und privaten Archiven wird recherchiert. Für Herbst 2012 sind Ausstellung und Publikation zum Thema geplant. Ob die Übung gelingen wird, kann derzeit noch nicht mit Gewissheit gesagt werden, zu komplex und schwierig ist die Kommunikation mit diesen Ländern, deren kulturelle Evidenz so fernab von unserer alltäglichen Wahrnehmung liegt: Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Moldawien, Usbekistan, Weißrussland. Näher sind uns da schon die Ukraine und die Baltischen Staaten. Vor allem letztere verfügen über anerkannte Architekturmuseen und Experten, die Architekturgeschichte ist hier professionell aufbereitet. Gänzlich anders, aber auch spannender und unbekannter, ist die Architekturgeschichte dieser Zeit in den kaukasischen Staaten. Viele Städte sind überhaupt erst in der Stalin-Zeit aus Dörfern entwachsen. Die Entwicklung zu eigenen Nationen folgte oftmals komplexen kulturellen und politischen Prozessen und ist nicht immer rational nachvollziehbar. Die Quellenlage ist spärlich, selbst „Moskau“ hat seinen „Provinzen“ bis heute nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist heute beispielsweise nahezu unmöglich, Egon Erwin Kischs Berichten seiner asiatischen Reise von 1932 die entsprechenden Orte zuzuordnen.
Wir arbeiten also derzeit auf diesem weißen Feld der Architekturgeschichte, die zu schreiben Wolfgang Kil einfordert. Und da ärgert nicht, dass ein architektonischer Laie und Lifestylefotograf wie Frédéric Chaubin dieselbe vergessene Epoche ebenfalls entdeckte. Ärgerlich ist allerdings, wie er damit umging und wie seine Exegese dieser Zeit ausfiel. Chaubin war sichtlich fasziniert von der kreativen Individualität dieser Bauten, die für ihn, ausgestattet mit seinem „Vorurteil über sow­jetische Architektur“, nur entstehen konnten „unter Missachtung jeglicher architektonischer Lehren“. Chaubins Vorurteil war also sichtlich von den tristen „Plattenbauten“ geprägt, die noch heute das westliche Bild kommunistischer Architektur dieser Zeit bestimmen. Ignoriert wird mit dieser überheblichen ästhetischen Abwertung der enorme Wohnungsbedarf, der den Verstädterungsprozess der Sowjetunion, Chinas und anderer kommunistischer Staaten bedrängte. Ein Umstand, der in Afrika und Südamerika mit Slums und Favelas „gelöst“ wurde. Demgegenüber leisteten diese kommunistischen „Lagerungen“ des Wohnungsbaus in all diesen Staaten unter nun kapitalistischen prekären Bedingungen eine durchaus akzeptable Grundversorgung des Wohnens. Sie erwiesen sich einerseits als funktional stabil, die Wohnungen sind durchaus benutzbar, und andererseits als überraschend nachhaltig, weil überall in den Erdgeschossen heutige, kleinteilige Nutzungen der Nahversorgung integriert werden konnten. Dass sie schon damals mit eigenständigen Fassadenornamenten nationalisiert, regionalisiert, lokalisiert wurden zeugt von der politischen und architektonischen Bedeutung, die dieser Substanz der Stadt beigemessen wurde. Natürlich war der Wohnungsbau der Sowjetunion zentral geplant und gesteuert – dennoch finden sich bemerkenswerte experimentelle Wohnbauten, deren individuelle Ausformung bis heute interessant ist.
Kein Zerrspiegel
Demgegenüber glaubt Chaubin in seinen fotografierten Artefakten eine Endzeitstimmung der Sowjetunion zu erkennen. Er unterstellt ihnen „futuristische Science-Fiction und Monumentalismus“ und sieht in den von ihm ausgewählten, angeblich skurrilen Bauten „eine der verstörendsten Manifestationen vom Ende der UdSSR, verstörend wie der Blick in einen Zerrspiegel.“ Chaubin strapaziert durchgehend diese von ihm fotografierten Bauten als Symbole einer Macht, „die illusorisch werden wird und deren Zerfall sich genau durch die zunehmende stilistische Diversität dieser Architektur manifestierte.“ Diesem kitschig sentimentalen Traum einer gebauten apokalyptischen Apotheose des sowjetischen Kommunismus insgesamt muss anhand der bislang recherchierten konkreten historischen Fakten deutlich widersprochen werden.
Deshalb eine provokative, aber inzwischen belegbare These: Es ist evident, dass die Architektur aller kommunistischen Länder der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in ihren herausragenden Einzelwerken auf Augenhöhe mit der zeitgleich entstandenen Architektur des Westens gesehen werden muss. Der dahinterliegende architektonische Diskurs mag anders verlaufen sein, aber darüber wissen wir noch zu wenig. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich erst jetzt eine junge Generation von lokalen Forschern des Themas annimmt. Warum wir bislang nichts davon wussten, hat mit dem Kalten Krieg und der medialen Hegemonie des Westens zu tun. Zunächst muss mit dem auch von Chaubin gepflegten Mythos aufgeräumt werden, die Architekten der Sowjetunion nach Stalin hätten keinen Kontakt mit der westlichen Architektur gehabt. Natürlich war der Zugang zur internationalen Architektur limitiert und nur ausgewählten Kadern gestattet, welche aber wieder Multiplikatoren in ihren lokalen Kulturen waren. Sowjetische Architekten reisten schon seit den sechziger Jahren in den Westen. Wir fanden Architekten, die in prominenten Architekturbüros in Europa und den USA gearbeitet haben. Keine Rede jedenfalls davon, dass sowjetische Architekten „gezwungen waren, diese andere Welt durch die Scheiben eines Busses zu betrachten“ (Chaubin). Man kann sogar behaupten, dass die Kenntnis sowjetischer Architekten über die Architektur kapitalistischer Länder sich nicht unterschied von der Kenntnis westlicher Architekten, selbst von anderen westlichen Ländern. Da herrschte sichtlich Gleichstand.
Die zweite Erkenntnis betrifft die biografischen Linien der sow­jetischen Architekten. Viele der Leitfiguren waren in den zwanziger Jahren „modern“, erlitten unterschiedliche Schicksale in der Stalinzeit und erwachten zu neuem kreativen Leben in der Nachkriegszeit. Wir fanden Biographien sowjetischer Architekten, die der stilistischen Werkgeschichte westdeutscher Architekten dieser Zeit verblüffend ähnlich sind. Nikolaj Ripinskii beispielsweise gilt heute zurecht als der bedeutendste Architekt von Almaty. Es gibt eine Sammlung seiner Architekturzeichnungen. Sie bezeugen zunächst sein Engagement und seinen kreativen Beitrag zur Zeit des Kon­struktivismus und der sowjetischen Moderne. Dann folgten Inhaftierung durch die Nazis und später der Gulag unter Stalin. Ripinskii zeichnet in dieser Zeit Motive nationaler Identität, forschte zu folkloristischen Ansätzen, wird rehabilitiert und erlangt eine prominente Bedeutung in der kasachischen Republik. Er wird in den sechziger Jahren in unserem Sinne „neomodern“ und vollendet quasi seine Biographie, indem er großartige Entwürfe der „Sowjetmoderne“ in den siebziger Jahren realisiert.
Architektonische Biographien wie diese lehren uns, dass wir die Architekturgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht mehr getrennt in kapitalistisch und kommunistisch lesen können, sondern endlich als gemeinsame kulturelle Entwicklung verstehen müssen.
Ich habe jetzt einen Architekten in der Sowjetunion mit Namen herausgehoben, obwohl es doch keine individuellen Architekturateliers im Kommunismus gab? Stimmt. Es gab nur staatliche Planungsfirmen, aber innerhalb dieser gab es einzelne Studios, die miteinander konkurrierten. Und ja, alle lokalen Planungen mussten von der Moskauer Zentrale abgesegnet und freigegeben werden. Aber da entwickelten die lokalen Eliten, Architekten verbunden mit Politikern, immer wieder trickreiche Strategien, um dieser zentralen Kontrolle zu entgehen.
Warum war dies möglich? Weil in diesem Zeitraum, von 1960 bis 1990, die Teilrepubliken der Sowjetunion ihre größte wirtschaftliche und politische Macht entwickelten. Es war ihr „goldenes Zeitalter“. Sie konnten all ihre nationalen Repräsentationsbedürfnisse erfüllen, mit Bibliotheken, Universitäten, Bädern und Zirkussen, Parteigebäuden, Museen und Monumenten der nationalen Identität. Wir erkunden also eine Architekturgeschichte des Triumphes, des Stolzes, der Erschaffung von Identität und begleiten eben nicht, wie Chaubin in Unkenntnis dieser Hintergründe meint, einen Weg der Apokalypse. Wir erkunden damit eine wesentliche und bisher vergessene Epoche der Architekturgeschichte des vergangenen Jahrhunderts. Und es ist definitiv die letzte Möglichkeit dies zu tun; noch leben viele Akteure dieser Zeit, noch existiert ein Großteil dieser Bauten im patinierten Zustand der Ursprünglichkeit.
Beständig begleitet uns aber, wie auch Chaubin, die Frage, warum dieses System der Sowjetunion, des Kommunismus insgesamt gescheitert ist. Auch weil wir nun die kulturell und architektonisch positiven Ergebnisse dieser letzten Endzeit entdecken und erkennen. Aber das ist eine Frage, die nur in ihrer politisch-wirtschaftlich-geistigen Komplexität beurteilt werden kann. Vielleicht bieten unsere architektonischen Forschungsergebnisse zur „Sowjetmoderne“ einen Schlüssel zum Verständnis dieses weltgeschichtlichen Phänomens. Es besteht jedenfalls ein dringender Bedarf nach Zusammenführung und Austausch aller Erkenntnisse zu dieser Zeit und dieser Region. Die Geschichte der Architektur des 20. Jahrhunderts muss dann neu geschrieben werden – auf Skurrilitäten in ideologisch kontaminierten Gebieten reduzieren kann man sie nicht.

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