Bauwelt

Pilzkopf-Canyon, Kiosk-Boulevard

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

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    Seit 1918 ist Belgrad, an der Mündung der Save in die Donau gelegen, stetig gewachsen und zählt mittlerweile 1.155.000 Einwohner.
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    Seit 1918 ist Belgrad, an der Mündung der Save in die Donau gelegen, stetig gewachsen und zählt mittlerweile 1.155.000 Einwohner.

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    Ab 1948 wurde die Hauptstadt des sozialistischen Jugoslawiens auf der linken Uferseite der Save mit dem Stadtbezirk "Novi Beograd" erweitert.
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    Ab 1948 wurde die Hauptstadt des sozialistischen Jugoslawiens auf der linken Uferseite der Save mit dem Stadtbezirk "Novi Beograd" erweitert.

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    Blockbauten wurden im Modernen Stil errichtet; breite Autobahnen sollten eine schnelle Verbindung zum Stadtzentrum ermöglichen.
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    Blockbauten wurden im Modernen Stil errichtet; breite Autobahnen sollten eine schnelle Verbindung zum Stadtzentrum ermöglichen.

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    Block 21 mit mäandernden Gebäuden in Neu-Belgrad
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    Block 21 mit mäandernden Gebäuden in Neu-Belgrad

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    Im Zuge einer kritischen Revision des Blockkonzepts enstanden während der 70er und 80er Jahre weniger monströse Gebäudegruppen in Neu-Belgrad.
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    Im Zuge einer kritischen Revision des Blockkonzepts enstanden während der 70er und 80er Jahre weniger monströse Gebäudegruppen in Neu-Belgrad.

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    Nach dem 1993 verhängten Embargo der UN gegen Serbien entwickelte sich Belgrad zu einem Flickenteppich aus historischem Stadtzentrum (braun), Bauten aus der Moderne (blau) und illegal errichteter Satelliten (gelb).
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    Nach dem 1993 verhängten Embargo der UN gegen Serbien entwickelte sich Belgrad zu einem Flickenteppich aus historischem Stadtzentrum (braun), Bauten aus der Moderne (blau) und illegal errichteter Satelliten (gelb).

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    Bedingt durch Handeslembargo und Abschottung unter Miloševic wuchs die Bauindustrie zum wichtigsten Wirtschaftzweig und Arbeitgeber.
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    Bedingt durch Handeslembargo und Abschottung unter Miloševic wuchs die Bauindustrie zum wichtigsten Wirtschaftzweig und Arbeitgeber.

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    Hyperinflation und informeller Geldstransfer aus dem Ausland führte zu vermehrten Investitionen in neue Immobilien.
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    Hyperinflation und informeller Geldstransfer aus dem Ausland führte zu vermehrten Investitionen in neue Immobilien.

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    Das Tolerieren illegal errichteter Gebäude war die einzige Möglichkeit dem kriegsbdingten Flüchtlingsstrom aus Kroatien Wohnraum zu gewähren.
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    Das Tolerieren illegal errichteter Gebäude war die einzige Möglichkeit dem kriegsbdingten Flüchtlingsstrom aus Kroatien Wohnraum zu gewähren.

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    Haus im Stadtteil Staro Sajmiste.
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    Haus im Stadtteil Staro Sajmiste.

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    Der zukünftige Jachthafen Dorcol.
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    Der zukünftige Jachthafen Dorcol.

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    Pilzkopf-Aufstockung aus den 90er Jahren
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    Pilzkopf-Aufstockung aus den 90er Jahren

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    Nach dem Kosovokrieg 1999, währendessen große Teile Belgrads zerstört wurden, konnten weitere illegale Bauten nicht verhindert werden.
    ETH Studio Basel; Nicola Dobrovic

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    Nach dem Kosovokrieg 1999, währendessen große Teile Belgrads zerstört wurden, konnten weitere illegale Bauten nicht verhindert werden.

    ETH Studio Basel; Nicola Dobrovic

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    Ganze Siedlungen wurden ohne Genehmigung errichtet; Kaludjerica ist mit 50.000 Bewohnern die größte illegale Siedlung in Europa.
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    Ganze Siedlungen wurden ohne Genehmigung errichtet; Kaludjerica ist mit 50.000 Bewohnern die größte illegale Siedlung in Europa.

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    Für die Bauten und Siedlungen existiert kein Grundbucheintrag. Die Stadt kann die unkoordiniert errichtete Infrastruktur nicht ohne weiteres verändern.
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    Für die Bauten und Siedlungen existiert kein Grundbucheintrag. Die Stadt kann die unkoordiniert errichtete Infrastruktur nicht ohne weiteres verändern.

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    Die örtlichen Stadtplaner sehen keine Möglichkeit gegen die nicht genehmigten Erweiterungen einzugreifen.
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    Die örtlichen Stadtplaner sehen keine Möglichkeit gegen die nicht genehmigten Erweiterungen einzugreifen.

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    Das Anfertigen von Bestandsplänen zur nachträglichen Legalisierung würde Jahrzehnte dauern.
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    Das Anfertigen von Bestandsplänen zur nachträglichen Legalisierung würde Jahrzehnte dauern.

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    Alle Abbildungen sind der Publikation „Belgrade. Formal Informal“, herausgegeben vom Institut Stadt der Gegenwart der ETH Basel entnommen.
    www.scheidegger-spiess.ch
    Verlag Scheidegger & Spiess AG

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    Alle Abbildungen sind der Publikation „Belgrade. Formal Informal“, herausgegeben vom Institut Stadt der Gegenwart der ETH Basel entnommen.
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Pilzkopf-Canyon, Kiosk-Boulevard

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Nach lokalen Schätzungen wurden in Belgrad in den letzten zwanzig Jahren etwa 200.000 informelle Gebäude errichtet. Halbfertige Hütten und Villen der Marke Eigenbau breiten sich in der Peripherie zu einem endlosen Flickenteppich aus, das Stadtzentrum wird durch wilde Aufstockungen und kioskartige Agglomerationen verdichtet.
Das ETH Studio Basel hat diese architektonische Schattenwelt unter die Lupe genommen. Unsere Autorin fasst die jetzt publizierten Ergebnisse der Recherche zusammen.
2006 hat das ETH Studio Basel mit zwanzig Studenten in Belgrad eine „Feldstudie“ durchgeführt. Roger Diener, Marcel Meili und Christian Mueller Inderbitzin haben die Ergebnisse jetzt veröffentlicht. Vor allem die ausführlichen Essays der zur Stadtentwicklung forschenden Belgrader Architektin Milica Topalovic sezieren tiefschürfend und facettenreich lokale Phänomene wie „Ziegel & Gold“ (Ziegel als Baustoff für die Villen der Goldkettchen tragenden Wendewirrengewinner) oder die Instabilität der formellen sozialistischen Stadt der Moderne. Wer sich von der intellektuell-lässigen Aufmachung des Bandes mit pixelig-aufgerasterten „Image Trailern“ und irgendwo im zweisprachigen Fließtext versteckten Bildunterschriften nicht abschrecken lässt, der kann eine Vorstellung von dieser faszinierenden Stadt und ihren vielen subversiven Architekturströ­-
mun­gen gewinnen.

Die Typologien des Informellen


Mehr als die Hälfte der Belgrader Bevölkerung bewohnt oder vermietet illegale Wohnungen oder verdient an ihrem Bau mit. Es lassen sich verschiedene „Typologien“ voneinander abgrenzen: Da sind zunächst die, meist in nächtlichen Aktivitäten ganzer Familien errichteten, traditionellen Ziegelgebäu­de. Zum anderen entwickelten sich mit berechnender Kaltschnäuzigkeit und beeindruckender Kreativität zwei weitere subversive Bauweisen: der „Pilzkopf“ und der „Kiosk“. Nach der Privatisierung der staatlichen Wohnbauten zu Beginn der 90er Jahre wurde, um deren Sanierungsbedarf zu beheben, eine „Upgrade“-Regelung eingeführt, die im Gegenzug zur Renovierung eine Aufstockung erlaubt. Dies hat zu neobarocken Dachlandschaften auf Plattenbau-Ensembles und trashigen postmodernen Aufstockungen geführt, die das nutzbare Volumen winziger Gebäude maximieren. Bei der aus dem Straßenhandel während der Embargozeit entstandenen „Kiosk-Bauweise“ erhält der Bauherr die Genehmigung, auf einer öf­fent­-
lichen Fläche einen Kiosk aufzustellen. Dies kann ein recycelter Design-Klassiker wie der K67 sein oder auch ein neu errichteter Schuppen. Dieser wird an das Strom- und Wassernetz angeschlossen, eventuell zu einem lukrativeren Café aus-
gebaut und bildet dann die legale Keimzelle für eine sich in alle Richtungen großzügig ausbreitende informelle Struktur aus (vermietbaren) Wohn- oder Gewerberäumen. Beide Bauweisen haben Nebenwirkungen: Die „Pilzbauten“ haben ganze Straßenzüge in nahezu lichtlose „Canyons“ verwandelt, die „Kioske“ hingegen flankieren die innerstädtischen Boulevards mittlerweile auf einer Länge von 23 Kilometern und blockieren Fußwege oder gar ganze Straßen.

Vorgeschichte: Handelsembargo und Hyperinflation


Die Gründe für die Entstehung dieser Bauten hängen mit dem 1992 gegen Serbien verhängten Handelsembargo und der Abschottung des Landes unter Miloševic zusammen. Serbien ist ein wirtschaftlich schwaches Land mit einer sehr hohen Arbeitslosigkeit. Die Bauindustrie gehört durch den hohen Anteil illegaler Projekte zu den wichtigsten und arbeitsplatz-intensivsten Wirtschaftszweigen. Viele Serben werden durch im Ausland lebende Familienmitglieder mitfinanziert, die privaten Geldtransfers größtenteils über informelle Kanäle in bar abgewickelt. Aufgrund der Hyperinflation – in der Zeit von März 1993 bis Januar 1995 etwa fünf Billiarden Prozent – wurden diese Geldsendungen oft in Immobilien investiert. Als mit Flüchtlingswellen mehr als 400.000 Menschen in Belgrad ankamen, schien das Tolerieren von informellen Gebäuden die einzige Möglichkeit zu sein, einkommensschwache Gruppen wie Migranten, Arbeitslose und ethnische Minderheiten unterzubringen. Die Bereitstellung von Wasser und Strom durch staatliche Unternehmen auch an inoffiziellen Adressen ermöglichte einen großflächigen „sozialen Wohnungsbau in Eigenregie“. Ganze Viertel wurden ohne Genehmigung errichtet: Kaluderica zum Beispiel ist mit seinen geschätzt etwa 50.000 Bewohnern die größte illegale Siedlung in Europa.

Keine Lösung in Sicht


Hier, aber auch in „High-End“-Siedlungen wie Padina, in de­nen sich riesige, ohne Genehmigung errichtete Villen mit ei­nem selbstgebauten Netz an die kommunalen Rohrleitungen anschließen, sind die Grenzen dieses Wachstums bereits erreicht. Das mit diversen kriminellen Aktivitäten verbundene informelle Bauen provoziert soziale Spannungen. Da die Erbauer keine Steuern zahlen, bleiben die öffentlichen Kassen leer. Wie soll die Stadt die Aufwendungen für Infrastruktur auch umlegen, wenn komplette Siedlungen im Grundbuch gar nicht existieren? Die örtlichen Stadtplaner sehen keine Möglichkeiten einzugreifen. Bereits die schlichte Zählung der Bauten – als Expedition mit Auto und Kamera, unterstützt durch hochauflösende Satellitenbilder, die das sich weiter ausbreitende Meer der roten Dächer dokumentieren – erweist sich als Sisyphusarbeit, ist jedoch Voraussetzung für die angestrebte Legalisierung. Wie aber ginge es danach weiter? Etwa 43 Prozent der im Augenblick als bebaut geltenden Flächen sind durch informelle Konstruktionen besetzt – allein das nachträgliche Anfertigen der Pläne für ihre Legalisierung würde einen kompletten Absolventen-Jahrgang der Belgrader Architekturfakultät für die Dauer des gesamten Berufslebens beschäftigen.

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