Bauwelt

Stadtgarten Navarinou Street



Text: Aesopos, Yannis, Athen


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    Yannis Aesopos

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    Yannis Aesopos

Yannis Aesopos beobachtet, wie in Griechenland die Be­wohner mit privaten Initiativen die Entwicklung ihrer Stadt selbst in die Hand nehmen: Beispiel sind für ihn spontane Stadtgärten, die in Athen dem gravierenden Bedarf an Grünräumen abhelfen.
In Griechenland fehlt eine Kultur der Parks oder Landschaftsgärten, kleinere oder auch größere Stadtparks zum Ausruhen und Erholen kennt man hier nicht. Die moderne griechische Stadt ist aus „Privatstädten“ zusammengesetzt, Assemblagen aus dem immer gleichen Typus der von privaten, eher bescheidenen Bauunternehmen erbauten Polykatoikia-Wohnanlagen. Öffentlichen Raum betrachtete man als Überbleibsel zwischen Gebäuden. Die meisten Bewohner waren im Zuge der inneren Migration vom Land in die großen Städte geraten. Die Stadt galt ih­nen als notwendiges Übel, Heimat blieb der Herkunftsort – jenes Dorf oder jene Kleinstadt, wohin man sich in den Sommerferien, über die Feiertage oder am Wochenende zurückzieht. Wie der Heimatort für Freizeit steht die Stadt für Arbeit, und nur die zahlreichen Blumenkübel auf den Balkons geben der harschen Realität ein etwas freundlicheres Gesicht.
Doch gerade in den letzten Jahren gab es eine Neubetrachtung und sogar Anerkennung für die Qualitäten des Großstadtlebens. Gerade die jüngere Generation trug diesen Sinneswandel mit, da den in der Stadt Geborenen das dörfliche Landleben mehr oder minder fremd geworden ist. Die Athener Olympiade von 2004 wirkte als Katalysator für Investitionen in die öffentlichen Räume der Stadt. Die Gassen rund um die Akropolis wurden in eine Fußgängerzone umgewandelt und die großen Plätze neu gestaltet. Mit dem Ende der Spiele vernachläs­sigten Staat und Stadt den öffentlichen Raum allerdings erneut. Das unkontrollierte Vordringen der illegalen Einwanderer forcierte den Nie­dergang zusätzlich. Aus dem Raum für die Gemeinschaft war ein Ort des Konflikts geworden. Bei den Athener Massendemos vom Dezember 2008 ging die Öffentlichkeit auf die Straße und machte ihrer Empörung über den korrupten sozio-politischen Status quo Luft. Zugleich stell­­te man die Privatisierung von öffentlichem Raum vor dem Hintergrund wachsenden Konsumverhaltens in Frage: Wie könnte öffentli­cher Raum ohne den Krückstock Konsumption überhaupt aussehen? Im Zuge eines solchen Umdenkens, das den Bedarf an öffentlichen Or­ten in der dicht be­bauten Stadt ohne private Kommerzangebote in den Vordergrund stellt, boykottierten kommunale Gruppen 2009 den Bau weiterer Parkplätze und legten stattdessen kleine Stadtparks an. Ein solcher Park ist der Navarinou Street Park in Athen, ein ohne erkennbare Ordnung bepflanztes Stück Fläche, wo das braune Erdreich als unmittelbarer Verweis auf die einstige natür­liche Landschaft noch deutlich sichtbar geblieben ist. Recycelte Materia­lien bilden die Ausstattung, es gibt zufällig
gestreute Sitzbänke aus Holz, Schaukeln und kleine Klettergerüste, mit bunten Kachelscherben gepflasterte Wege und niedrige Mäuerchen aus Bruchsteinen, die nach Bedarf Stück für Stück im Park aufgeschich­tet werden. Die unter­schiedli­chen Pflanzen und Bäume vermitteln kein Bild von Einheitlichkeit – gerade im Zufälligen besteht der gewünschte Effekt. Der Park ist eine Art Natur-Enklave in der Stadt, eine Oase. Die Atmosphäre ist entspannt und steht für einen alternativen urbanen Lebensstil. Es gibt weder einen Architekten noch einen vorab erarbeiteten Entwurf, das Ganze ist eine echte Spontankonstruktion.



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