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„Wir sehen Tempelhof als Reise, als Erzählung, mit einem Schuss Symbolismus.“

Eelco Hooftman über seinen Wettbewerbsentwurf für die Parklandschaft Tempelhof

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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Sieger: Gross.Max Landschafts- architektur und Sutherland Hussey Architekten

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„Wir sehen Tempelhof als Reise, als Erzählung, mit einem Schuss Symbolismus.“

Eelco Hooftman über seinen Wettbewerbsentwurf für die Parklandschaft Tempelhof

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Für die Gestaltung der Parklandschaft auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof hatten im vergangenen Jahr 78 Teams aus Architekten und Landschaftsarchitekten Ideen eingereicht. Sechs davon waren für das anschließende Verhandlungsverfahren ausgewählt worden. Mitte April ist die Entscheidung gefallen. Das britische Landschaftsarchitekturbüro Gross.Max und Sutherland Hussey Architekten werden einen der größten Parks Europas gestalten. Eelco Hooftman, einer der Gründer von Gross.Max, erklärt, was es mit Felsen, Engel und Eisbahn auf sich hat.
Herr Hooftman, im August 2010 haben Sie mit den Berlinern ihren Entwurf diskutiert. Hat das Ihren rsprünglichen Entwurf verändert? 
Wir haben verstanden, dass es eine neue Art Park werden muss. Der traditionelle Park funktioniert hier nicht. Die Leute waren begeistert von der Offenheit des Tempelhofer Feldes. Sie sehen das als Chance, sie haben keine Angst vor der Weite. Unsere ursprünglich Idee, die Hauptwege als Kreisbahnen entsprechend dem „Taxiweg“ des ehemaligen Flughafens anzulegen, gibt es noch, aber wir wollen nicht mehr so viele Bäume pflanzen. Stattdessen haben wir einen ring­förmigen Damm, eine Art Aufschüttung, und einen Felsen vorgeschlagen.
Einen Felsen auf dem Tempelhofer Feld, wie kommen Sie denn darauf?
Der Felsen soll ein Denkmal für Alexander von Humboldt sein. Er hat großartige Zeichnungen von Berglandschaften und Pflanzen gemacht. Berlin ist zwar schon voll von Denkmalen. Die meisten aber haben mit Krieg oder den Helden der Geschichte zu tun. Unser Denkmal feiert die Natur. Wir wollen auf dem Felsen Kiefern anpflanzen, man soll ihn zum Klettern nutzen können. Ich hoffe, dass da Vögel nisten. Und wer unsere Zeichnung genau anschaut, sieht darauf den Engel aus dem Film „Himmel über Berlin“ von Wim Wenders. Das ist kein Witz. Ich würde ihn wirklich gerne da aufstellen.
Künstliche Berge und Felsen gibt es seit mehr als 200 Jahren. In den Zoos dieser Welt, in Vergnügungsparks und auf Weltausstellungen. Sehen Sie Ihren Entwurf in dieser Tradition?
Unser Büro arbeitet gerade an einem Masterplan für Kew Gardens in London. Einige meiner Vorbilder – Charles Bridgeman, Lancelot Brown, William Kent und William Chambers – haben hier ihre Spuren hinterlassen. Hier gibt es zum Beispiel eine gotische Kirche und eine chinesische Pagode aus dem 18. Jahrhundert. Die englischen Landschaftsgärten sind Be­wegung durch Raum und Zeit, Landschaftsarchitekten spielen mit Überraschungen, dafür habt ihr Deutschen das wunderbare Wort „Fremdkörper“.
Vor zwei Jahren kursierte in den Medien die Idee eines riesigen Berges für Tempelhof, ein Vorschlag von Jakob Tigges. Kennen Sie den?
Ich habe die Zeichnung von dem Berg gesehen. Aber unsere Idee stammt woanders her: Einer meiner Lieblingsparks ist Buttes Chaumont in Paris. In der Mitte steht ein riesiger Felsen, die Wege verlaufen in Elypsen, und ich glaube, unbewusst hat uns dieser Park beim Entwurf für Tempelhof beeinflusst. Allerdings profitieren wir indirekt von dieser Berg-Idee, weil sie die Berliner dafür geöffnet hat, dass in Tempelhof auch etwas ganz anderes passieren könnte. 
Sie sprachen zu Beginn von einer „neuen Art Park“. Wie meinen sie das?
In unserem Büro arbeiten fast so viele Leute wie Nationalitäten. Unser Beruf ist international geworden.  Ich sage immer: Wir haben eine holländische Art des Experimentierens, einen britischen Humor und eine deutsche Struktur. Und wir lassen uns von der britischen Landschaftsarchitektur inspirieren. In diesem Sinne sehen wir Tempelhof als Reise, als Erzählung, mit einem Schuss Symbolismus. Ich mag keine fest definierten Nutzungen wie etwa: Das ist ein Amphitheater, das ein Spielplatz. Ich finde es besser, wenn eine Landschaft so konzipiert ist, dass die Menschen sie zum Beispiel einfach als Amphitheater benutzen.

... oder vor dem Flughafengebäude Schlittschuh­laufen, wie Sie es vorschlagen? 
Ich komme aus Holland, dort werden die Wiesen regelmäßig überflutet, frieren im Winter zu, und wir fah­­ren Schlittschuh drauf. Ich hoffe, die Eisfläche, die völlig natürlich innerhalb des von uns vorgesehenen Damms entstehen soll, und der Felsen geben dem Park eine besondere Atmosphäre.
Es gab viele Diskussionen darüber, welche Rolle das alte Flughafengebäude für den Park spielen soll. Wie ist Ihre Haltung dazu?
Wir sehen diesen Damm als Erweiterung des ehemaligen Flughafengebäudes. Die englische Stadt Bath ist für uns eine Referenz dafür, wie Bauwerk und Landschaft aufeinander Bezug nehmen können. Wir diskutierten mit der Jury, ob der Park ein Gebäude aus der Nazizeit feiern dürfe. Wir argumentieren: Das Gebäude hat sich ja im Laufe der Zeit verändert, die heroische Bedeutung der Luftbrücke ist hinzugekommen, jetzt wird es das größte Kulturzentrum Berlins. Das werden wir feiern.
Das Interview führte Friederike Meyer.
Fakten
Architekten Gross.Max Landschaftsarchitektur und Sutherland Hussey Architekten, Edinburgh
aus Bauwelt 19.2011
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