Bauwelt

Urbane Landwirtschaft

Parklandschaft Gatow

Text: Wilke, Claudia, Berlin

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1. Preis: Büro Kiefer CS

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Urbane Landwirtschaft

Parklandschaft Gatow

Text: Wilke, Claudia, Berlin

Ganz Berlin redet über den Park auf dem ehemaligen Tempelhofer Flugfeld. Im Schatten dieser Diskussion ist ein Wettbewerb für die Nachnutzung des ehemaligen Flugplatzes in Berlin-Gatow entschieden worden. Auch hier soll ein großer Park entstehen.
Der Flugplatz Gatow im äußersten Westen von Berlin wurde 1935 samt Kasernengelände erbaut. Während des Zweiten Weltkriegs waren auf dem 300 Hektar großen Areal die beiden wichtigsten Ausbildungs­lager für die deutsche Luftwaffe untergebracht, im Nordwesten, auf dem sogenannten Ritterfeld, fanden Truppenübungen statt. Nach Ende des Krieges übernahm die britische Luftwaffe das Gelände. Während der Berlin Blockade 1948 war der britische Stützpunkt einer der verkehrsreichsten Flughäfen der Welt. Bis zu 400 Flugzeuge landeten täglich in Gatow – die Briten flogen damals rund ein Drittel der Versorgungsflüge für die Berliner Bevölkerung.
Nach Abzug der Alliierten 1994 übernahmen der Bund und die Bundesluftwaffe das Gelände, drei Jahre später wurde der Flugplatz Gatow stillgelegt. Auf dem östlichen Teil des Geländes mit Tower und Hangar ist seit 1995 das Luftwaffenmuseum der Bundeswehr mit über 100 Flugzeugen und Hubschraubern und einer Ausstellung zur Geschichte der Militärfliegerei in Deutschland untergebracht.
Den rund 153 Hektar großen westlichen Teil mit dem ehemaligem Truppenübungsgelände und dem Panzerschießstand verwaltet der Bund. Für diesen waren im Bebauungsplan von 1997 ein Landschaftspark und die Wohnsiedlung „Landstadt Gatow“ als Domizil für Bundesbedienstete vorgesehen. Mit 1200 Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern war es das größte vom Bund geplante Wohnungsbauprojekt in Berlin. Doch man hatte den Berliner Wohnungsmarkt falsch eingeschätzt. Bis Herbst 2010 war nicht einmal die Hälfte der Häuser gebaut. 
Ab 2004 trieb das Landschaftsarchitekturbüro bgmr im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Berliner Senats die Planung für den „Landschaftspark Gatow“ voran. Zusammen mit den Anwohnern und ansässigen Landwirten erarbeiteten sie ein Strategiepapier zur stadtnahen Landschaftsentwicklung. So sollen auf der Fläche zwischen der „Landstadt Gatow“, der Potsdamer Chaussee, der Gatower Heide und dem Luftwaffenmuseum 92 Hektar Parklandschaft entstehen. Das Konzept „Urban Planning“ sieht einen „Mix aus kleinteiligen Feldern und Gartenflächen vor, die in einen naturnahen Raum aus Wiesen und Gehölzgruppen eingebettet sind.“ Während die Felder bewirtschaftet werden, soll für die Anwohner ein Erholungsgebiet mit einem hohen Freizeitan­gebot entstehen.
Mit dieser Maßgabe lobten das BMVBS und der Berliner Senat im Dezember 2010 den offenen Landschaftsplanerischen Wettbewerb „Parklandschaft Gatow – Urbane Landwirtschaft“ aus. Unter den 35 eingegangenen Arbeiten wählte die Jury (Vorsitz: Andrea Gebhard) das Büro Kiefer CS zum Sieger. Die Berliner Landschaftsarchitekten wollen in ihrem Vorschlag „den Kontrast zwischen den ökonomischen Anforderungen einer landwirtschaftlichen Nutzung und der Ästhetik des Englischen Landschaftsgartens zum Ausdruck bringen“. Dafür halten sie die Parkfläche nahezu baumfrei und ordnen im Norden einen sogenannten Camouflage-Saum aus Baumgruppen an, der die Beziehung zu den benachtbarten Waldflächen herstellen soll. Daran anschließend sehen sie parzellierte Wiesen- und Weideflächen vor, die sich mit Streifen von Hochstaudenfluren abwechseln.
Im südlichen Teil des Parks sollen Wiesen den Übergang zum Rollfeld des Luftwaffenmuseums schaffen. Die Erdwälle um die Schießanlage und die Betonbrücken des Panzerschießstandes wollen sie teilweise zurückbauen und die erhaltenswerten Strukturen in Kletterwand, Skaterbahn und Erdwallrutsche umwandeln. In der Mitte des künftigen Parks haben Kiefer CS Gemeinschaftsgärten für Obst- und Gemüseanbau vorgesehen und zwischendrin Plätze, an denen man grillen oder picknicken kann. Die einstige nördliche Landebahn soll in Ackerfläche umgewandelt werden. Durch ein mehrspuriges Wegesystem wollen sie Konflikte zwischen Parkbesuchern, Reitsportlern und Landwirtschaftsfahrzeugen vermeiden. Das Büro habe ein Konzept vorgelegt, das „mit den bestehenden Strukturen arbeitet, vorhandene Qualitäten stärkt und sie hinsichtlich einer höheren funk­tionalen, ökologischen und ästhetischen Vielfalt behutsam ergänzt und bereichert.“ Der Entwurf soll 2012 realisiert werden. Dafür stellt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 5,5 Mio. Euro zur Verfügung.
Fakten
Architekten Büro Kiefer CS, Berlin
aus Bauwelt 36.2011
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