Bauwelt

Mission: 30. Geburtstag

Jubiläumsschau des Deutschen Architekturmuseums

Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main

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O.M. Ungers, Deutsches Architekturmuseum, kolorierte Zeichnung, 1980

© DAM

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O.M. Ungers, Deutsches Architekturmuseum, kolorierte Zeichnung, 1980

© DAM


Mission: 30. Geburtstag

Jubiläumsschau des Deutschen Architekturmuseums

Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main

Hans Hollein sollte es tun. Eigentlich hätte er die Villa am Frankfurter Schaumainkai zum Deutschen Architekturmuseum umbauen sollen. Hollein war eng mit Heinrich Klotz, und auch das städtische Hochbauamt favorisierte ihn.
Doch eines Sonntagmorgens, so wird kolportiert, habe Oswald Mathias Ungers bei Hollein angerufen und dem Kollegen mit großer Entschiedenheit erklärt: Der Architekt des Deutschen Architekturmuseums könne nur ein Deutscher sein – Ungers selbst nämlich. Hollein soll sauer gewesen sein, fügte sich aber. Ungers war noch enger mit Klotz. Und, da konnte Hollein sicher sein, er würde entschädigt werden. Als Preisrichter im Wettbewerb für das Museum für Moderne Kunst überzeugte Klotz seine Jurykollegen, Holleins Entwurf mit dem ersten Preis zu bedenken.
Eine Anekdote aus der fabelhaften Gründungsphase des DAM. „Mission: Postmodern“, die Ausstellung, mit der das Haus anlässlich seines 30-jährigen Bestehens seinen Gründer Heinrich Klotz (1935–1999) feiert, erzählt viele solcher Geschichten, die sich um Klotz ranken. Präsentiert in collagenhaftem Ausstellungsdesign, lässt sie manche der vielen Facette seiner Persönlichkeit schillern. Und ganz selbstverständlich und nebenbei erfüllt die Schau etliche der Forderungen, die Klotz an die Architektur stellte: Narrativität, Komplexität und vor allem ein reiches, vielfältiges, manchmal heiteres Gefüge von Andeutungen, Verweisen und Beziehungen.
Der Respekt vor dem mächtigen, in der Rückschau fast übermächtigen Erbe ist zu spüren, in dessen Nachfolge die aktuellen Kuratoren samt Direktor unter weitaus bescheideneren Bedingungen stehen (Bauwelt 21). Einige Theaterplakate illustrieren die Zeit, als Frankfurt noch Bankfurt oder Krankfurt tituliert wurde und Oberbürgermeister Walter Wallmann und Kulturdezernent Hilmar Hoffmann einen Imagewandel mit identitätsstiftenden Kulturbauten versuchten. Neben dem Museumsufer waren das der Wie­deraufbau der Alten Oper und die Rekonstruktion der Ostzeile am Römerberg. In Klotz fanden sie nicht nur einen Visionär und bisweilen tollkühnen Macher, sondern auch einen bestens vernetzten Charismatiker, der über die nötigen Kontakte zur internationalen Architekturszene verfügte. Auch wenn dieses Wirken nicht auf unumschränkten Beifall des um Konkurrenz fürchtenden BDA stieß.
In der Wunderkammer
Kuratieren, konservieren, präsentieren – Klotz ergänzte diese traditionellen Aufgaben eines Nationalmuseums um ein neues Trio. Um die Anliegen, den Entstehungsprozess und die Bedingungen von Architektur nicht nur zur Schau, sondern auch in den Raum zu stellen, wollte er: experimentieren, diskutieren und inszenieren; wenn es nötig war, auch provozieren – und das alles selbstverständlich über nationale Grenzen hinaus. Die allererste Schau des DAM, nicht die „Revision der Moderne“ zur Eröffnung, sondern eine Ausstellung über Lehmarchitektur, wurde im Frankfurter Kunstverein gezeigt und anschließend im Centre Pompidou in Paris. Das war 1980 – da gab es das DAM als Institution, aber noch lange nicht als Haus. Dass DAM-Ausstellungen immer wieder einmal durch die Welt reisen, ist zu einem Charakteristikum des Hauses geworden. „Mission: Postmodern“ zeichnet ein paar dieser Wege nach. Dazu zeigt die Schau Klotz’ Diasammlung, die ihn als einfühlsamen, stets den Kontext beachtenden Fotografen ausweist. Höhepunkt ist freilich die „Wunderkammer“: Zwischen zwei nussbaumfurnierten Gipskartonwänden werden einige Juwelen aus der von Klotz aufgebauten Sammlung präsentiert: Spolien aus abgebrochenen Sullivan- und Wright-Häusern, Modelle, Zeichnungen, Gemälde und Skulpturen, aber auch so wunderliche Exponate wie das Duplikat ei-nes Sofas aus einer der Villen von Hermann Göring.
Respekt zeigt die Ausstellung auch gegenüber den Architekten des Museumsgebäudes. Ein Mock-up des Direktorenzimmers mit den legendär unbequemen Originalmöbeln vermittelt das durchaus komplexe Verhältnis von Klotz und Ungers, die beide Le Corbusiers Ronchamp als „Trivialarchitektur für Intellektuelle“ verspotteten, sich aber über die Funktionalität des Museums nicht immer einig waren. Eine Abteilung widmet sich dem Architekten Fritz Geldmacher (1880–1963) und dessen Frankfurter Œuvre mit der 1912 erbauten Villa am Schaumainkai – die nicht durch Hollein, sondern durch Ungers und seinen metaphernhaften Umbau zu einer Ikone wurde, die die Klotz’sche Mission einer erneuerten Architektur meisterhaft repräsentieren konnte. Und kann.

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