Bauwelt

Guter Stoff

Textile Architektur im Augsburger tim

Text: Linscheid, Klaus F., Aichach

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    Die Urform textiler Architektur: der Schirm, hier in Siem Reap, Kambodscha (2008).
    Susannah Relf

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    Die Urform textiler Architektur: der Schirm, hier in Siem Reap, Kambodscha (2008).

    Susannah Relf

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Robbert Roos

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Robbert Roos


Guter Stoff

Textile Architektur im Augsburger tim

Text: Linscheid, Klaus F., Aichach

Sie können leicht oder schwer sein, dicht oder transparent, rau oder weich. Textilien sind dank ihrer unterschiedlichen Eigenschaften ein vielfältig einsetzbares Baumaterial – ob als Dach, als Schirm, als Vorhang oder als pneumatische, durch Luftdruck gefüllte Konstruktion.
Eine Ausstellung im Staatlichen Textil- und Industriemuseum (tim) in Augsburg zeigt textile Architektur von ihren Anfängen, als Nomaden in Jutezelten Schutz vor Witterung suchten, bis zur aktuellen Forschung an smart textiles, bei denen Stoffe intelligente Funktionen eingepflanzt bekommen.
Die Kuratorin Sylvie Krüger ist Textildesignerin und veröffentlichte 2009 eine umfangreiche Publikation über textile Architektur, die sie in der Ausstellung haptisch und sinnlich erfahrbar macht. Durch alle Räume windet sie ein Band und markiert fünf Themenbereiche: Dach, Zelt, Schirm, Vorhang und Luftblase. In einem ist eine Jurte aufgebaut, in einem anderen eine begehbare pneumatische Stoffkon­struktion. Neben Textilproben bekannter Bauwerke können die Besucher auch organische und anorga­nische Fasern und unterschiedliche Beschichtungen befühlen.
Textilien halfen dem Menschen seit jeher, den Unbilden des Klimas und dem Wetter zu trotzen. Zelte, Schirme, Vorhänge, Baldachine oder Toldos (spanisch für Sonnensegel) schützen vor Sonne, Wind und Regen. Schon im römischen Kolosseum, so ist anhand eines Modells zu sehen, saßen die Zuschauer im Schatten eines etwa 20.000 Quadratmeter großen Segels. Der Vorteil von Stoffkonstruktionen: Sie sind leicht, flexibel und transportabel, mal transparent, mal transluzent. Sie können verhüllen und verdecken, geben aber genauso schnell den Blick wieder frei, wie zum Beispiel beim Theatervorhang. In der Vergangenheit verhalfen sie herrschaft­lichen Personen zur Überhöhung, etwa in Form eines an vier Stangen getragenen Stoffdachs. Wie schnell sich ein Sonnensegel für die Betenden in Medina aufspannen lässt, was in der aufblasbaren Konstruktion „Küchenmonument“ von Raumlabor alles möglich ist oder welche Stimmung ein Vorhang in Rem Koolhaas’ Casa da Musica in Porto bewirken kann, zeigen Filme in den jeweiligen Themenbereichen. Darunter sind auch Beiträge mit Frei Otto, einem der Wegbereiter der modernen Textilarchitektur. In den 50er Jahren errichtete er seine ersten Schirme, die als „Drei Pilze“ anlässlich der Bundesgartenschau 1955 in Kassel einen Sitzplatz überspannten. Später ermöglichten ihm neue, strapazier- und widerstandsfähige Materialien die Überdachung des Münchener Olympiastadions.
Vor allem in den letzten Jahren hat die Anwendung von Textilien in der Architektur an Bedeutung gewonnen. Auf diesem Gebiet wird eine Menge geforscht. So zeigt die Ausstellung zum Beispiel ein mit Paraffinkugeln beschichtetes Textil, das Wärme speichern kann oder einen Teppich mit Sensoren, der signalisiert, dass jemand gestürzt ist, und der im Seniorenheim Anwendung finden könnte. Nicht zuletzt können in Teppiche eingewebte Dünnschichtsolarzellen Energie produzieren.
Auch Konstruktionen aus ETFE-Folie gehören für die Kuratorin zur textilen Architektur, bestanden doch die ersten pneumatischen Konstruktionen aus beschichteten Textilien. Zusätzlich zu den Lichteffekten, mit denen sie in der Münchner Allianz Arena oder im Watercube Schwimmstadion in Peking die Aufmerksamkeit auf das Stadion lenken, dienen die unregelmäßigen Waben aus ETFE-Folie in Peking auch als Klimahülle und tragen durch eine passive Nutzung der Sonneneinstrahlung zum Erwärmen der Raumluft und des Wassers bei. 

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