Ein früher Global Player
Curjel & Moser in Karlsruhe
Text: Geipel, Kaye, Berlin
Ein früher Global Player
Curjel & Moser in Karlsruhe
Text: Geipel, Kaye, Berlin
Die Ausstellung arbeitet einen interessanten Schwerpunkt heraus: Das Büro Curjel & Moser baute in den Karlsruher Jahren eine Struktur auf, die man heute als eines der ersten über die eigene Region hinaus operierenden Großbüros bezeichnen kann.
Der junge Corbusier besuchte – damals noch als Charles-Edouard Jeanneret – Karlsruhe im April 1912. Die Bauten des dort zwischen 1988 und 1915 überaus erfolgreich agierenden Büros von Karl Moser und Robert Curjel fanden seine Aufmerksamkeit, die neue und spielfreudige Art, mit dem gängigen Historismus umzugehen, ganz besonders. Neben Hermann Billing waren die beiden, ursprünglich aus der Schweiz stammenden, Architekten dafür verantwortlich, dass Karlsruhe als Ort moderner Architektur wahrgenommen wurde. Eine Postkarte der Lutherkirche von Curjel & Moser, 1907, schickte Charles-Edouard Jeanneret mit folgendem Kommentar an seine Eltern: „Die Einheit des Materials ist gut ..., aber die Schindelverkleidung des Dachs tut weh. Der Kirchturm hingegen aus Stein und Gold … ist sehr schön. Das Gold ist das Wichtigste.“ Bei der Außensanierung der Kirche vor einigen Jahren hat es für das Gold, das Le Corbusier damals so gefiel, nicht mehr gereicht.
Die Karlsruher Ausstellung über das Büro Curjel & Moser ist mit 600 Exponaten noch einmal um die Hälfte umfangreicher als http://www.bauwelt.de/cms/artikel.html?id=2209579, die bis Ende Februar im Kunsthaus Zürich zu sehen war (Bauwelt 7.11). Ohne die Züricher Ausstellung und die an der ETH geleistete Forschungsarbeit hätte es die Karlsruher Ausstellung nicht gegeben: Von hier kommt das meiste Material, das der Kurator, Gerhard Kabierske, zusammengetragen hat; ein anderer Teil kommt aus dem Fundus des Südwestdeutschen Archivs für Architektur und Ingenieurbau. Die Karlsruher Ausstellung arbeitet einen interessanten Schwerpunkt heraus: Das Büro Curjel & Moser baute in den Karlsruher Jahren eine Struktur auf, die man heute als Frühform eines Global Players bezeichnen kann, zumindest aber als eines der ersten, über die eigene Region hinaus operierenden Großbüros. Zwischen 1888 und 1915 wurden 150 Projekte für Karlsruhe und die weitere Umgebung geplant, 200 entstanden für Orte in der Schweiz.
Gerade in ihrer Opulenz, die einen Vergleich zwischen penibel ausgearbeiteten und schnell hingeworfenen Projekten zulässt, macht die Ausstellung deutlich, wie dieses Großbüro die der Zeit inhärenten Fragestellungen aufgreift. Gezeigt wird, wie Karl Moser in Skizzen und großen Zeichnungen – einige besonders eindrucksvolle Kohlezeichnungen sind dabei –, neue Trends ausprobiert. Beim Bankhaus Veit, das kürzlich eine unrühmliche Sanierung über sich ergehen lassen musste, wird deutlich, wie gotische Elemente mit floralen Motiven gemischt werden, vor allem aber, wie selbstverständlich Curjel & Moser Künstler an der Ausführung beteiligen. Die Fassade wird bei ihnen zu einer Fläche, auf der sich immer neue Überraschungen abspielen. Eindrucksvoll zeigt dies die Villa Ottilie, für einen Karlsruher Pferdehändler, die man heute auch als Vorform der Karlsruher Postmoderne lesen kann.
Gerade in ihrer Opulenz, die einen Vergleich zwischen penibel ausgearbeiteten und schnell hingeworfenen Projekten zulässt, macht die Ausstellung deutlich, wie dieses Großbüro die der Zeit inhärenten Fragestellungen aufgreift. Gezeigt wird, wie Karl Moser in Skizzen und großen Zeichnungen – einige besonders eindrucksvolle Kohlezeichnungen sind dabei –, neue Trends ausprobiert. Beim Bankhaus Veit, das kürzlich eine unrühmliche Sanierung über sich ergehen lassen musste, wird deutlich, wie gotische Elemente mit floralen Motiven gemischt werden, vor allem aber, wie selbstverständlich Curjel & Moser Künstler an der Ausführung beteiligen. Die Fassade wird bei ihnen zu einer Fläche, auf der sich immer neue Überraschungen abspielen. Eindrucksvoll zeigt dies die Villa Ottilie, für einen Karlsruher Pferdehändler, die man heute auch als Vorform der Karlsruher Postmoderne lesen kann.
Die Stadt ist in dieser Retrospektive als lebendiges Museum zu verstehen. Auf einem Stadtplan zu Anfang der Ausstellung sind – neben 41 inzwischen zerstörten Bauten – 96 noch erhaltene mit Stecknadeln verzeichnet. Ein Manko liegt allenfalls in der akademischen Aufbereitung. Was man vermisst, sind aktuelle Fotografien der existierenden Bauten und mehr Dokumente darüber, wie das Büro Curjel & Moser gearbeitet hat, wie es zu einem international orientierten Büro herangewachsen ist. Einige Antworten auf solche Fragen finden sich in dem zweibändigen Werk über Karl Moser, das die ETH im
letzten Jahr zu Mosers 150. Geburtstag herausgegeben hat.
letzten Jahr zu Mosers 150. Geburtstag herausgegeben hat.
Nach der Schließung des Karlsruher Büros 1915 verzweigen sich die Biografien der beiden Architekten. Karl Moser wirkt mit weiter steigendem Erfolg von Zürich aus und wird 1928 zum ersten Präsident des CIAM-Kongresses gewählt. Der ein Jahr ältere Robert Curiel steigt aus seinem Beruf aus. Er stirbt 1925. Vor Curiel & Mosers Karlsruher Doppelwohnhaus sind zwei Stolpersteine in den Gehweg eingelassen: Curjels Frau Marie entzieht sich 1940 der Deportation der Karlsruher Juden durch Freitod. Seine Tochter Gertrud wird 1943 aus dem Pariser Exil deportiert und in Auschwitz ermordet.
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