Bauwelt

Mirror in the Mirror

Erieta Attali und Kengo Kuma

Text: Peschke, Marc, Wiesbaden

Mirror in the Mirror

Erieta Attali und Kengo Kuma

Text: Peschke, Marc, Wiesbaden

Kengo Kuma, geboren 1954 in der Präfektur Kanagawa auf Honshū in Japan, ist ein Architekt, dessen Werk alles andere als selbstgefällig ist. Protzige Selbstherrlichkeit, der Wunsch, sich selbst ein Denkmal zu setzen, ist dem in Tokio lebenden Baumeister und Professor an der Universität Tokio ganz fremd. Kengo Kuma sagt über das Werk seines 1990 gegründeten Büros, das seit 2008 auch eine Filiale in Paris unterhält: „Das Wesen meiner Arbeit ist die Verwendung von natürlichen Materialien, um luftige, offene Räume zu gestalten. Architekturgestaltung muss flexibel und offen sein, Strukturen müssen mit dem menschlichen Körper harmonieren und freundlich zu ihm sein. Alles soll leicht und sanft sein.“ Und weiter: „Diese Grundsätze sind das genaue Gegenteil dessen, was ein Gebäude aus Beton ausmacht. Nur wenn man diesen Weg geht, wird Architektur letztendlich eins mit der Natur werden.“
Japanische Architektur fußt traditionsgemäß auf einer Idee von sachlicher Schlichtheit und Leere, die schon der taoistische Philosoph Laotse als ästhetisches Ideal gepriesen hat. Diesem Ideal ordnen sich die Entwürfe Kengo Kumas strikt unter, was auch ein ungewöhnlich gestaltetes Buch offenbart, das bei Hartmann Books zu seinem Werk erschienen ist. Ein Buch? Eigentlich ist es eher ein Heft in Fadenknotenbindung, auf dünnem Papier gedruckt, das in einer grauen Pappschachtel steckt. Hier finden wir Schwarzweiß- und Farbfotografien, welche die griechische Fotografin Erieta Attali von den Bauten Kumas gemacht hat. Projekte der letzten 20 Jahre sind in diesem Band zu finden, der in seiner Gestaltung einer Grundthese der Architektur Kumas folgen will: nämlich jener, dass jede Raumerfahrung flüchtig ist. Und so mutet diese Publikation auch flüchtig an, will kein So-litär sein, sondern ist von einer ungewöhnlichen Beiläufigkeit.
Wie ein Buch-Dummy sieht dieses Opus aus, das womöglich selbst ein Kunstwerk sein will. Und so ist es auch mit den Fotografien von Attali: Diese haben den Anspruch, mehr zu sein als Dokumentation, doch können sie diesen hier nicht einlösen: Die Bilder sind zu klein gedruckt, so wie auch die Schrift der Texte von Barry Bergdoll und Mimmo Jodice aufgrund des Layouts nur schwerlich lesbar ist. Architektonische Skizzen und Zitate von Kuma komplettieren ein Buchobjekt, das sich ganz bewusst als experimentell versteht, nach gestalterischen Alternativen sucht, dabei aber nicht sehr überzeugen kann. Allzu ephemer kommt es daher. Die opulente Prachtband-Alternative hat der Verlag Taschen ein Jahr zuvor veröffentlicht. „Kuma. Complete Works 1988–Today“ ist eine monumentale XXL-Monografie mit dem Anspruch, den „kompletten Kengo Kuma“ vorzustellen. Unterschiedlicher kann man sich Architekturbücher gar nicht denken.
Fakten
Autor / Herausgeber Erieta Attali und Kengo Kuma
Verlag Hartmann Books. Stuttgart 2023
aus Bauwelt 16.2025.2025
Artikel als pdf

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