Bauwelt

Auf der Suche nach der Stadt im subsaharischen Afrika

Zu Besuch in vier Orten, die stellver­tretend für das urbane Wachstum des Kontinents stehen

Text: Dalbai, Adil, Berlin; Meuser, Philipp, Berlin; Rosen, Björn, Berlin

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Eine Delegation betrachtet das Modell von Kilamba, einer von China finanzierten Satellitenstadt 20 Kilometer südlich des Zentrums von Luanda, der Hauptstadt Angolas.
Foto: Joanna Kearney/Alamy Stock Photo

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Eine Delegation betrachtet das Modell von Kilamba, einer von China finanzierten Satellitenstadt 20 Kilometer südlich des Zentrums von Luanda, der Hauptstadt Angolas.

Foto: Joanna Kearney/Alamy Stock Photo


Auf der Suche nach der Stadt im subsaharischen Afrika

Zu Besuch in vier Orten, die stellver­tretend für das urbane Wachstum des Kontinents stehen

Text: Dalbai, Adil, Berlin; Meuser, Philipp, Berlin; Rosen, Björn, Berlin

Als im Dezember 2020 das Berliner Humboldt-Forum seine Fertigstellung feierte, flackerte die wiederholt geführte Debatte über die Selbstwahrnehmung Deutschlands sowie seine Stellung in der heutigen Welt wieder auf. Im Vordergrund stand der deutsche Blick auf außereuropäische Kul­turen, wie er in der Sammlung des Ethnologischen Museums, einem Teil der Institution, sichtbar ist und reflektiert werden soll. Die Beschäftigung damit bietet Stoff für eine Debatte nicht nur über die deutsche Geschichte und den zeitgemäßen Umgang mit diesem Erbe, sondern auch über unser heutiges Verhältnis zu Afrika und unser – sehr begrenztes – Wissen über den Kontinent und seine bald 500 Millionen Stadtbewohner. Während sich afrikanische Architekten und Planer meist sehr gut in den westlichen Debatten und Themen auskennen, ist das andersherum nach wie vor eher selten der Fall. Voraussetzung für einen konstruktiven – und auch jenseits der aktuellen Konjunktur von Afrika-Themen nachhaltigen – Diskurs könnte es sein, den Blick zu weiten und zu fragen: Was wissen wir eigentlich über afrikanische Städte jenseits von den immer gleichen Klischee-Bildern aus den Slums von Lagos oder den Wellblechvierteln Johannesburgs? Und vor allem: Was haben afrikanische Autoren dazu zu sagen?
Daher soll diese Ausgabe der StadtBauwelt einen kleinen Einblick in die urbane Vielfalt Afrikas geben und den Kontinent mit seinen 54 sehr unterschiedlichen Staaten und noch viel unterschiedlicheren Städten in den Fokus rücken. Mit dem Anspruch, Exotisierung und einseitige Problematisierungen hinter sich zu lassen, stellen die Autoren ganz bewusst Städte vor, die in der bisherigen Berichterstattung weniger durch Extreme und Super­lative aufgefallen sind. Die vier Hauptstädte Antananarivo (Madagaskar), Bamako (Mali), Luanda (Angola) und Kampala (Uganda) könnten aufgrund ih­-rer Geschichte und klimatischen Bedingungen kaum unterschiedlicher sein –dennoch sollen sie hier stellvertretend für afrikanische Städte südlich der Sahara stehen. Seien es alte Königsresidenzen oder koloniale Neugründungen, heute stehen diese Agglomerationen vor den Herausforderungen einer rasanten Urbanisierung. Eine natürliche Bevölkerungszunahme und Binnenmigration – teilweise verursacht durch den Klimawandel – bringen die stadttechnische Infrastruktur an die Grenzen der Belastbarkeit. Wie die Planer und Architekten dort darauf reagieren und welche urbanen Phänomene afrikanische Städte oftmals prägen, stellen Autoren vor, die vor Ort arbeiten oder einen Teil ihres Lebens dort verbracht haben.
Während die Erderwärmung oder soziale Fragen Städte weltweit betreffen, finden die größten Umwälzungen für unser Verständnis von Stadt und Urbanität global gesehen nicht in Europa oder gar Deutschland statt, sondern im „Globalen Süden“, insbesondere in Afrika. Doch lehrt uns ge­rade die permanente Debatte über die „europäische Stadt“, dass sich an ihr die unterschiedlichsten Positionen reiben können und sie zur eigenen Identitätsfindung beiträgt. Allein deshalb braucht es einen internationalen Dialog über „die afrikanische Stadt“ und ihre mögliche Typologisierung, um historische und gegenwärtige Urbanisierungsprozesse zwischen Dakar und Djibouti, Khartum und Kapstadt besser zu verstehen – und um konkrete Vorschläge zu entwickeln. Denn natürlich müssen Antworten für das 21. Jahrhundert gefunden werden. Dabei rückt auch das deutsche Verhältnis zu seinen ehemaligen Kolonien in Afrika wieder in das Bewusstsein, wie die Debatte um das Humboldt-Forum zeigt. Die kürzlich zur Prä­sidentin des Goethe-Instituts ernannte Ethnologin Carola Lentz, selbst lange Zeit in Westafrika tätig, stellt die Frage, welche Rolle Deutschland in der postkolonialen Welt wird spielen können. Eine Debatte über Architektur und Stadtplanung in Afrika kann dafür die Brücke bilden.

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