Bauwelt

Die für Qualität und Soziales zuständig sind

Nachverdichtung, innerstädtischer Mixed-use, bezahlbares Wohnen in den großen Stadterweiterungsgebieten: Die Bremer Wohnungsbaugesellschaft Gewoba ist zentraler Akteur der städtischen Transformation

Text: Friedrich, Jan, Berlin; Crone, Benedikt, Berlin

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    „Tarzan und Jane“ von Spengler Wiescholek, Hamburg, ergänzen an bisher fünf Standorten den Gewoba-Bestand in Huchting um barrierefreie Wohnungen.
    Foto: Spengler Wiescholek

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    „Tarzan und Jane“ von Spengler Wiescholek, Hamburg, ergänzen an bisher fünf Standorten den Gewoba-Bestand in Huchting um barrierefreie Wohnungen.

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    Mit mehr als 40.000 Wohnungen im Bestand ist die Gewoba vor allem auch Bremens größter Vermieter. Im Bild: das Mieterfest „Singende Balkone“ in Osterholz-Tenever
    Foto: Gewoba

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    Mit mehr als 40.000 Wohnungen im Bestand ist die Gewoba vor allem auch Bremens größter Vermieter. Im Bild: das Mieterfest „Singende Balkone“ in Osterholz-Tenever

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    Vom Neubau zum Re-use: Die Gewoba hat das ehemalige Bundeswehrhochhaus erworben, das nun vonEM2N, Zürich/Berlin, zu Wohnungen, Büros und Geschäften umgebaut wird.
    Schaubild: EM2N/indievisual

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    Vom Neubau zum Re-use: Die Gewoba hat das ehemalige Bundeswehrhochhaus erworben, das nun vonEM2N, Zürich/Berlin, zu Wohnungen, Büros und Geschäften umgebaut wird.

    Schaubild: EM2N/indievisual

Die für Qualität und Soziales zuständig sind

Nachverdichtung, innerstädtischer Mixed-use, bezahlbares Wohnen in den großen Stadterweiterungsgebieten: Die Bremer Wohnungsbaugesellschaft Gewoba ist zentraler Akteur der städtischen Transformation

Text: Friedrich, Jan, Berlin; Crone, Benedikt, Berlin

Es sind zunächst einzelne Details, die einen sofort aufmerksam werden lassen – und die sich schon bald als Ausdruck einer bestimmten Grundhaltung zur Architektur offenbaren. Die Treppenhäuser zum Beispiel, allen voran die geometrisch komplexe Betontreppe, die sich im Zentrum des "Grünen Hauses" von Hild und K in der Bremer Neustadt bis unters Glasdach emporwendelt, begleitet von einem wunderbar gearbeiteten eleganten Metallgeländer. Wie stellt ein Bauherr diesen Aufwand „wirtschaftlich dar“, wie man so sagt, in einem Haus, in dem zum ganz überwiegenden Teil geförderte Wohnungen zum Quadratmeterpreis von 6,50 Euro vermietet werden?
Die Kompaktheit des Baukörpers, erfahren wir, macht das Haus so ökonomisch. Außerdem gibt es keine Tiefgarage, überhaupt keinen Keller, nur einen Fahrradraum im Erdgeschoss und einige Car-Sharing-Plätze auf der Straße. Dass ein Bauherr dieses Baukosteneinsparpotenzial nutzt, um damit Architektur zu machen – und nicht um das Budget zu kürzen –, das ist bemerkenswert.
Ein weiteres aufschlussreiches Beispiel: Der üppig dimensionierte Erschließungsraum im sogenannten Atriumhaus vom Atelier Kempe Thill ist sicher nicht dazu angetan, einen neuen Rekord für das günstigste Verhältnis Nutzfläche zu Wohnfläche aufzustellen, aber er verschafft den Sozialwohnungen den großzügigen Auftritt, den sie brauchen, um im einstigen Pro­blemstadtteil Osterholz-Tenever Flagge zeigen zu können. Auch hier wird Architektur durch den ganzheitlichen Blick auf das Projekt finanzierbar. Das Erdgeschoss des Atriumhauses ist an eine Kindertagesstätte vermietet. Das ist ertragreicher als die Wohnungsvermietung; damit kann man sich eine nicht vollständig nach wirtschaft­lichen Gesichtspunkten optimierte Gebäudeerschließung, wenn sie eine derartige räumliche Qualität hat, schon leisten.

Bauen für den eigenen Bestand

Wir sprechen hier, wohlgemerkt, nicht von einem Nischen-Projektentwickler, der sich Architektur auf die Marketingfahnen geschrieben hat, sondern von der Gewoba, der größten städtischen Wohnungsbaugesellschaft Bremens – und damit zuallererst einmal Vermieter von über 40.000 Wohnungen. Von Wohnungen überwiegend in dengroßen Siedlungen der 50er-, 60er- und 70er Jahre, die es über Jahrzehnte vor allem zu verwalten und pflegen galt. Neu bauen, das tut die Gewoba wie die Wohnungsbaugesellschaften in den meisten deutschen Städten erst wieder seit rund zehn Jahren, als deutlich sichtbar wurde, dass es bald eng werden würde auf dem Wohnungsmarkt.
Vom Anbeginn ihrer wiederbegonnenen Neubautätigkeit hat die Gewoba Architekturwettbewerbe ausgelobt, dazu immer einheimische und auswärtige Büros eingeladen. Oft haben die Auswärtigen gewonnen und ihre Bauvorhaben auch realisieren können. Bemerkenswert, dass schon eine Reihe von Projekten aus dem ersten Ideenwettbewerb „ungewöhnlich wohnen“ – den hatte die Gewoba 2011 lanciert, um Anregungen für Nachverdichtungsmöglichkeiten in ihren Siedlungen zu erhalten (Bauwelt 25.2011) – tatsächlich weiterentwickelt und zum Teil mehrfach umgesetzt wurden: der Holzwürfel „Bremer Punkt“ von LIN Architekten Urbanisten, die Doppelhäuser „Tarzan und Jane“ von Spengler Wiescholek, aber auch das erwähnte Atriumhaus, das Kempe Thill ursprünglich für die Gartenstadt Vahr entworfen hatten, dann aber in Osterholz-Tenever realisieren konnten. (Es kommen einem einige andernorts von der öffentlichen Hand ausgelobte Wettbewerbe für Wohnungsneubau in den Sinn, von denen man nie wieder etwas gehört hat.)
Die Gewoba entwickelte sich zum wichtigsten öffentlichen Mitspieler der Bremer Stadtentwicklung, wenn geförderter Wohnungsbau gefragt war. Zunächst in ihren eigenen Quartieren, wo es im ersten Schritt darum ging, den Bestand mit Wohnungsformaten zu ergänzen, die es dort wenig oder gar nicht gab: kleine Wohnungen für Single-Haushalte, sehr große Wohnungen für kinderreiche Familien, barrierefreie Wohnungen, inzwischen auch Clusterwohnungen für Wohngruppen und für Alleinerziehende.

Bauen für die Stadt

Die Gewoba projektiert stets drei „Bremer Punkte“ gemeinsam – weil drei der kompakten Wür-fel eine Größenordnung haben, die ein wirtschaftliches Projekt daraus werden lässt. Auf je eines der drei Häuser können sich Mieter-Gemeinschaften bewerben und den Wohnungsmix nach ihren Vorstellungen zusammenstellen. Das bietet die seltene Möglichkeit, gemeinsam ein Haus zu entwickeln und zu bewohnen, auch wenn die Mitglieder der Gruppe nicht die finanziellen Mittel haben, um Teil einer Bauherrengemeinschaft im Eigentum zu werden.
Mit dem steigenden Bedarf an Wohnungen sind auch die Projekte der Gewoba größer geworden. Stadtteilzentren, in denen Wohnungen mit anderen öffentlichen Funktionen kombiniert werden, sind entstanden. Längst sind die Wohnungsbauer auch wieder im ganz großen Maßstab angekommen: Gerade ist ein 250 Meter langes Gebäude mit 150 geförderten Wohnungen in der Überseestadt, entworfen von Stefan Forster Architekten, fertig geworden.
In den großen Neubaugebieten wird besonders deutlich, welche wichtige Rolle öffentliche Baugesellschaften für die Entwicklung funktionierender neuer Stadtteile inzwischen spielen: Sie bringen nicht nur die soziale Mischung, sondern bieten in den Erdgeschossen auch den Raum für Einrichtungen wie Kitas, Tagesgruppen, Beratungsstellen oder Stadtteilbüros. Für Nutzungen also, die üblicherweise nicht die Rendite­erwartungen privater Entwickler erfüllen.
All das gilt auch für kommunale Wohnungsbaugesellschaften in vielen anderen Städten. Warum aber kommt bei der Gewoba diese Aufmerksamkeit für architektonische Qualität hinzu? Strukturell ist das nicht zu erklären. Offensichtlich sitzen in Bremen an entscheidenden Stellen – in dem Wohnungsunternehmen, in der Verwaltung, in der Politik – einfach Menschen, denen Qualität im Wohnungsbau wichtig ist. Die an einem Strang ziehen. Und immer wieder nach Wegen suchen, auch Ungewöhnliches umzusetzen.

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