Bauwelt

Institutsgebäude in Esch-sur-Alzette


Behles & Jochimsen haben langen Atem bewiesen: Vierzehn Jahre nach dem Preis im Wettbewerb wartet ihr Institutsgebäude für die Universität Luxemburg auf Forschende und Studierende.


Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin


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    Die Vergangenheit als Stahlwerk ist noch immer präsent auf dem Campus von Esch-Belval, trotz der Forschungs- und Lehrgebäude von Behles & Jochimsen (links) und Baumschlager & Eberle und Christian Bauer (rechts).
    Foto: Marcus Bredt

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    Die Vergangenheit als Stahlwerk ist noch immer präsent auf dem Campus von Esch-Belval, trotz der Forschungs- und Lehrgebäude von Behles & Jochimsen (links) und Baumschlager & Eberle und Christian Bauer (rechts).

    Foto: Marcus Bredt

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    Die kleinteilige Klinkerhaut der „Maison des Matériaux I“ ...
    Foto: Marcus Bredt

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    Die kleinteilige Klinkerhaut der „Maison des Matériaux I“ ...

    Foto: Marcus Bredt

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    ... wirkt wie eine Überset­zung des abstrakten Quadratrasters des Hauptgebäudes ...
    Foto: Marcus Bredt

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    ... wirkt wie eine Überset­zung des abstrakten Quadratrasters des Hauptgebäudes ...

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    ... schräg gegenüber ins Handwerkliche.
    Foto: Marcus Bredt

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    ... schräg gegenüber ins Handwerkliche.

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    Die Aufzugsvorräume tragen noch die gestalterische Handschrift der Architekten, ...
    Foto: Marcus Bredt

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    Die Aufzugsvorräume tragen noch die gestalterische Handschrift der Architekten, ...

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    ... während die eigentlichen Nutzungsbereiche ...
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    ... während die eigentlichen Nutzungsbereiche ...

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    ... auf den Ausbau der Mieter warten.
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    ... auf den Ausbau der Mieter warten.

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    Urbane Raumfolge: Das Institut verbindet sich über eine tiefe, zweigeschossige Kolonnade und das daran anschließende Foyer mit dem Außenraum.
    Foto: Marcus Bredt

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    Urbane Raumfolge: Das Institut verbindet sich über eine tiefe, zweigeschossige Kolonnade und das daran anschließende Foyer mit dem Außenraum.

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    Vertikale statt horizontale Installation: Das Innere ist auf maximale Unabhängigkeit und Teilbarkeit der Flächen hin angelegt.
    Foto: Marcus Bredt

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    Vertikale statt horizontale Installation: Das Innere ist auf maximale Unabhängigkeit und Teilbarkeit der Flächen hin angelegt.

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    Unter der Erde setzt sich der Neubau mit drei Untergeschossen fort, die die Energiezentrale auf­nehmen.
    Foto: Marcus Bredt

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    Unter der Erde setzt sich der Neubau mit drei Untergeschossen fort, die die Energiezentrale auf­nehmen.

    Foto: Marcus Bredt

Sie hätten sich erst ein bisschen geärgert über den ihnen zugewiesenen Bauplatz, aber nun, erzählt Architekt Jasper Jochimsen, seien sie froh, dass ihr Projekt – zusammen mit dem unmittelbar benachbarten Gebäude – als erstes der in Folge des städtebaulichen Wettbewerbs für den Universitätsplatz von Belval 2009 beauftragten Preisträger realisiert worden ist: Anders als die Gebäude auf der langgestreckten Platznordseite war die „Maison des Matériaux I“ vom Berliner Büro Behles & Jochimsen Teil des ersten Bauabschnitts für den Weiterbau des Platzes. Das im Grundriss winkelförmige Gebäude fasst zusammen mit seinem gleichfalls L-förmigen Nachbarn dessen östliche Schmalseite, die komplette Südseite wird von der „Maison du Savoir“ eingenommen, die Baumschlager & Eberle als Hauptgebäude der Universität Luxemburg vor sieben Jahren fertiggestellt haben (Bauwelt 5.2016). Gegenüber deren zur Schau gestellten Architektur-Heroismus – gewaltige Größe, gewaltige Auskragungen, enorme Höhe, unlesbarer Maßstab, rätselhafte Typologie – wirkt Behles & Jochimsens „Maison des Materiaux“ ziemlich nüchtern: wie ein normales Haus in einer normalen Stadt. Es ist eine Wette auf die Zukunft, denn noch ist das „Quartier urbain“, diese seit Jahren in Konversion begriffene Industriebrache am Westrand der luxemburgischen Stahlstadt Esch-sur-Alzette, von Normalität und Urbanität ein ganzes Stück entfernt.
Für Behles & Jochimsen ist es das zweite Institutsgebäude nach dem Biomedizinischen Forschungszentrum der Universität Gießen (Bauwelt 37.2011). Auf den ersten Blick könnte das Gebäu­de kaum weiter entfernt sein von diesem Vorgänger: Entwickelt sich der Bau in Hessen auf einer frei geschwungenen Grundriss-Form, herrscht in Luxemburg strenge Orthogonalität; künden in Gießen kräftige Farben von weither von dem Institut, herrscht in Belval ein mattes Graubraun, und während beim Erstling die Fassade wie aus gestapelten Fertigteilen semiindustriell erstellt wirkt, scheint der Nachfolger mit seinem Sichtmauerwerk aus münsterländer Klinkern auf handwerkliche Solidität aus. Doch so unterschiedlich die beiden Gebäude auf den Betrachter auch wirken, Farbe dort, Material hier – Behles & Jo­chimsen ist nicht die Lebensfreude vergangen, von A nach B bzw. von G nach B: Hier wie dort bestimmte die Frage nach der angemessenen städtebaulichen Reaktion auf die Umgebung die Planung maßgeblich mit. Der Universitätsplatz in Belval ist eben kein landschaftlicher Campus, gebildet aus Solitären mit Abstandsgrün, sondern soll irgendwann einmal urbane Dichte zeigen: Die Anmutung eines „städtischen Hauses“ kommt also nicht von ungefähr.
Neben dem rechtwinkligen Aufbau, dem ruhigen Rhythmus der Fenster mit ihren Aluminiumrahmen und dem handwerklichen Charakter der Ziegelfassade ist es auch der Baukörper selbst, der urbanen Charakter vermittelt: Zur Südseite hin stuft sich das Institut in die Höhe, um dem langgestreckten Platz optisch Halt zu geben, im Erdgeschoss öffnet sich hier eine hohe und tie­fe Kolonnade, die eine auf den Platz bezogen angemessene Eingangssituation formuliert.
Wer eintritt, findet sich in der zweigeschossigen Eingangshalle wieder, die mit ihrem Bodenbelag aus Gneis und den in Eichenholz gefassten Wänden wenig Institutscharakter verströmt – sie könnte auch zu einem Bürogebäude im Herzen von Luxemburg-Stadt oder einem Hotel gehören. Erst, wenn man mit den Aufzügen in die Obergeschosse fährt, wird deutlich, worum es hier geht – vor allem jetzt noch, da etliche Bereiche ihrer Nutzer harren und der Blick, von keinem Ausbau behindert, durch die weiten Etagen schweift. Die „Maison des Materiaux I“ wurde als sogenannter Vorhaltebau realisiert, dessen Nutzer zum Zeitpunkt der Planung noch ungewiss waren. Auch dies ein Grund für den Ansatz, kleinteilige Flexibilität in den Forschungsbereichen des hoch installierten Gebäudes zu ermöglichen. Zahlreiche Kerne erlauben eine vielfache Unterteilung und unabhängige Versorgung mit allem, was es im Laborbereich derzeit und künftig braucht. Die Etagen lassen sich dadurch beliebig unterteilen, und die jeweiligen Versorgungsstränge sind separat zugänglich, ohne dass andere Bereiche bei Umbauten gleich mitbetroffen wären, wie es bei einer horizontalen Verteilung der Installation von einem Zentralschacht aus der Fall ist. Der Kontrast von Außen und Innen könnte somit kaum größer sein: Während das Institutsgebäude zum öffentlichen Raum hin eine Dauerhaftigkeit und Neutralität zeigt, die unterschiedlichste Nutzungen be­-herbergen und Umnutzungen überstehen könn­-te, ist im Inneren alles auf die sich schnell ändernden Standards im Laborbau abgestimmt.
Die beiden Geschosse, die beim Besuch Anfang März bereits in Nutzung genommen sind, vom Luxembourg Institute of Science and Technology LIST und von der Universität, zeigen, was das im Forschungsalltag bedeutet: „harte Laborplanung“, auf die die Architekten wenig bis keinerlei Einfluss hatten – ihre Gestaltung endet in den Knotenbereichen, die sich außen in den Rücksprüngen der Fassade abzeichnen. Sie bieten mit der Möglichkeit, Teeküchen ein­-zubauen, den Forschenden Raum zum informellen Austausch, ein Angebot, von dem bislang allerdings noch kein Gebrauch gemacht wird. Vielleicht braucht es dazu aber nur weitere Be­legung, mehr Frequenz: Inzwischen ist bekannt, dass die Universität weitere Räume beziehen wird. Die Präsenz des Gebäudes am Platz könn­-te dies noch stärken: Im Erdgeschoss sind bau- seits sowohl Schwerlastlabore als auch Seminarräume denkbar, selbst ein Gewerbe könnte einziehen.



Fakten
Architekten Behles & Jochimsen, Berlin
Adresse 2 Av. de l'Universite, 4365 Esch-Belval Esch-sur-Alzette, Luxemburg


aus Bauwelt 12.2023
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