Bauwelt

Im Namen des Volkes

Text: Flagner, Beatrix, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Im Namen des Volkes

Text: Flagner, Beatrix, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Am 31. Januar beschließt der Deutsche Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und AfD eine drastische Verschärfung der Asylpolitik. Erstmals stimmen Parteien der bürgerlichen Mitte gemeinsam mit einer Rechts-außen-Partei. Hinterher bedauert CDU-Chef Merz den Beschluss, Noch-Kanzler Scholz nennt ihn einen „unverzeihlichen Fehler“, und Noch-Wirtschaftsminister Habeck verurteilt die Zusammenarbeit mit „Rassisten“. Zeitgleich verhandeln in Österreich die FPÖ und die ÖVP über eine Regierungsbildung, in den USA verschwindet kurz darauf unter der neuen republikanischen Bundesregierung von Donald Trump der Schriftzug „Black Lives Matter“ von der gleichnamigen Plaza in Washington. Die Tilgung dieses Symbols ist ein Zeichen der konservativen Gegenbewegung zu progressiven Forderungen.
Das politische Klima hat sich verändert, nicht nur auf staatlicher Ebene. Welche Auswirkungen hat das auf Architektur, Planung und Stadtpolitik? Dieses Heft beleuchtet zwei besorgniserregende Tendenzen in der Stadtentwicklung: erstens das Ignorieren von Partizipationsprozessen und zweitens den wachsenden Einfluss populistischer Strömungen, die urbane Räume gezielt nach ihren Vorstellungen formen.
In Berlin nimmt der CDU-SPD-Senat erneut die Randbebauung des Tempelhofer Feldes in den Blick – obwohl ein Volksentscheid 2014 den Erhalt des Feldes festgeschrieben hat. Dennoch werden die Pläne wieder aufgenommen. Nach einem internationalen Ideenwettbewerb zur Neugestaltung des Feldes und parallel veranstalteten Bürgerwerkstätten tagt am 21. und 22. Februar bereits das Preisgericht und wählt zwanzig Entwürfe für die nächste Phase aus. Die Bürgerbeteiligung spielt noch eine Rolle, doch die tatsächlichen Planungen bleiben stark von anderen politischen und wirtschaftlichen Interessen geprägt.
In anderen Ländern ist die Entwicklung den hiesigen Verhältnissen bereits voraus. In Polen hat die PiS-Regierung Museumsprojekte beeinflusst, die den Nationalstolz heben sollen, in den USA hat Trump sogleich sein Dekret aus der ersten Amtszeit erneuert, dass staatliche Bauaufgaben im Stil des Neoklassizismus auszuführen seien. In Italien wiederum schießen Politiker der Fratelli d’Italia gegen den Massenwohnungsbau der Nachkriegszeit, in Österreich setzt sich die FPÖ für das Lebensmodell Einfamilienhaus-Gewerbegebiet-Pendlerpauschale ein. Wie heißt es im Beitrag von Federico Ferrari? Es ist nicht zielführend, von populistischer Architektur zu sprechen, da Formen nicht an politische Inhalte gebunden sind. Wenn wir uns mit dem Einfluss von Rechtspopulisten auf das Planen und Bauen beschäftigen wollen, muss es vielmehr darum gehen, architekto­nischen Populismus zu entlarven. Dessen Historiographie lässt sich schon heute schreiben: Wenn Ästhetik politisch instrumentalisiert wird, rückt die Erzählung, die darum rankt, ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

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