Stadt, Land, Bach
Für Osterholz-Scharmbeck bei Bremen gibt es ein umfassendes Innenstadt-Sanierungsprogramm. Ein zentraler Punkt darin: die Gegend um den Marktplatz und die wenig erlebbare Bachlandschaft. Ein Wettbewerb soll Ufer und Stadtleben wieder zusammenbringen.
Text: Kraft, Caroline, Berlin
Stadt, Land, Bach
Für Osterholz-Scharmbeck bei Bremen gibt es ein umfassendes Innenstadt-Sanierungsprogramm. Ein zentraler Punkt darin: die Gegend um den Marktplatz und die wenig erlebbare Bachlandschaft. Ein Wettbewerb soll Ufer und Stadtleben wieder zusammenbringen.
Text: Kraft, Caroline, Berlin
Man muss es schon wissen, dass da Wasser ist. Zumindest auf Luftbildern gestaltet sich die Suche nach dem Bach sonst als knifflig. Dabei hat das nördlich von Bremen gelegene Städtchen Osterholz-Scharmbeck eine nicht zu verachtende Mühlen-Vergangenheit. Neun davon trieb der Bach einst an – das war zugegebenermaßen 1730. Mit dem Niedergang des Tuchmacherhandwerks standen auch die Mühlräder schließlich still. Seit 1973 dreht sich zumindest symbolisch wieder eins davon am Mühlenteich.
Symbolisch, um nicht zu sagen mystisch, ist auch die Erlebbarkeit des Bachlaufs. Mal ist er in steinernen Becken eingekesselt, anderswo so von wuchernden Pflanzen umgeben, dass er von oben nicht einmal sichtbar ist, oder er verläuft völlig unterirdisch, durch Begradigungen unkenntlich gemacht. Diese Folgen der Stadtsanierung ab 1975 wurden heute schon teilweise wieder rückgängig gemacht; stellenweise muss der Bach nicht mehr unerkannt durch Rohre fließen. Inzwischen ordnet man die Achtzigerjahre-Eingriffe wohl als etwas unverhältnismäßig für die 30.000-Einwohner-Stadt ein – außerdem darf natürliches Wasser, das Städte kühlt und bestenfalls Starkregen auffängt, nicht mehr in den Untergrund verbannt werden.
2016 beschloss der Stadtrat den „Rahmenplan Innenstadt“, 2019 wurde die Stadt ins Förderprogramm „Lebendige Zentren“ der Städtebauförderung aufgenommen, es konnte also losgehen. Mehrere Entwicklungsmaßnahmen waren daraufhin im Gange, im Stadtpark, an Straßenkreuzungen, Plätzen und „Brachflächen“. Auch neuer Wohnraum ist geplant. Mit der Aufwertung der Innenstadt mit Bach und Park sollen diese Maßnahmen, natürlich, auch Handel, Gastronomie und Tourismus ankurbeln.
Für den Bach gab es 2023 ein eher vernichtendes Gutachten. Die 310 Meter Wasser auf dem Wettbewerbsgebiet fallen in die Gewässerstrukturgüteklassen 5 (stark verändert) bis 7 (vollständig verändert). „Der Hauptteil der Biotoptypen wird den Siedlungsbiotopen und Bauwerken zugeordnet. Die Obergruppe mit dem größten Flächenanteil von 29 % wird von versiegelten Gebäude-, Verkehrs- und Industrieflächen gebildet.“ Hauptziel des Wettbewerbs um das als Kaufhaus genutzte Scharmbecker Haus am Markt war also, sich den Bach zur Klimafolgenanpassung zunutze zu machen. Von einer weiteren Zunahme an Starkregenereignissen ausgehend, wären das Maßnahmen wie flachere Uferböschungen, Aufweitung des Bachs, wo möglich, Anlegen von Notentwässerungswegen und Retentionsflächen und natürlich über allem: Entsiegelung der angrenzenden Flächen, allein schon, weil es dort regelmäßig zu Überschwemmungen kommt. Dem Wettbewerb ist ein externes Gutachten nachgestellt, um die Verbesserung der Hydraulik gegenüber dem aktuellen Zustand zu gewährleisten; die Oberflächenentwässerung ist bei Überschwemmungen bereits jetzt überlastet. Die verschiedenen Wasserlagen erfordern auch gestalterisch ein starkes Gesamtkonzept für unterschiedliche Nutzungsansprüche. Als „bespielbare Stadt“ ist in der Auslobung der Wunsch nach einer besonderen „Erlebnisnutzung“ des Gewässers beschrieben: Wasserspiele, die allerdings explizit nicht (nur) für Kinder sein sollen; Spielplätze gebe es in der unmittelbaren Umgebung genug. Das alte Wasserrad am Mühlenteich ist Bestandteil des Wettbewerbs, wie auch die marode, gepflasterte Brücke am Markt – nicht konstruktiv, für ihren Ersatzbau ist bereits ein Ingenieurbüro beauftragt, sondern in ihrer Platzierung und Materialität.
Wenn die von der Stadt gewünschten Effekte zur Realität werden, würde das Wasser zum
Bindeglied zwischen Innenstadt und Stadtpark. An flachen, breiten Stellen durch Trittsteine zugänglich, könnte es an anderen Stellen begrünte Wege begleiten, die Stadt nebenher kühlen und aufwerten. Kurz: einfach wieder Bach sein. Es ist nichts anderes als eine überfällige Schadenswiedergutmachung.
Bindeglied zwischen Innenstadt und Stadtpark. An flachen, breiten Stellen durch Trittsteine zugänglich, könnte es an anderen Stellen begrünte Wege begleiten, die Stadt nebenher kühlen und aufwerten. Kurz: einfach wieder Bach sein. Es ist nichts anderes als eine überfällige Schadenswiedergutmachung.
Zweiphasiger freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb
1. Preis (16.750 Euro) schramm+partner Landschaftsarchitektur, Bremen
2. Preis (13.250 Euro) arbos Freiraumplanung GmbH & Co. KG, Hamburg
Anerkennung (8.250 Euro) Club L94 Landschaftsarchitekt*innen, Köln
Anerkennung (5.750 Euro) nsp landschaftsarchitekten stadtplaner schonhoff schadzek depenbrock, Hannover
1. Preis (16.750 Euro) schramm+partner Landschaftsarchitektur, Bremen
2. Preis (13.250 Euro) arbos Freiraumplanung GmbH & Co. KG, Hamburg
Anerkennung (8.250 Euro) Club L94 Landschaftsarchitekt*innen, Köln
Anerkennung (5.750 Euro) nsp landschaftsarchitekten stadtplaner schonhoff schadzek depenbrock, Hannover
Auslober
Stadt Osterholz-Scharmbeck
Stadt Osterholz-Scharmbeck
Fachpreisjury
Klaus Schulze (Vorsitz), Johanna Sievers, Philipp Rösner, Dirk Christiansen, Moritz Möller
Klaus Schulze (Vorsitz), Johanna Sievers, Philipp Rösner, Dirk Christiansen, Moritz Möller
Koordination
BPW Stadtplanung, Bremen
BPW Stadtplanung, Bremen
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