Bauwelt

Neue Chance für den Teepott?

Ulrich Müthers legendäre Strandgaststätte im Ostseebad Warnemünde muss erneut ­saniert werden. Doch wie? Und welchen Preis ist die Stadt bereit zu zahlen? In Rostock schlägt der Fall zurzeit hohe Wellen.

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

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    Wird sich eine erneute Sanierung des Teepotts wieder stärker am Originalzustand orientieren? (Luftbild von 2012).
    Foto: Frank Burchett

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    Wird sich eine erneute Sanierung des Teepotts wieder stärker am Originalzustand orientieren? (Luftbild von 2012).

    Foto: Frank Burchett

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    Der Eingang in die Großgaststätte neben dem Leuchtturm. Das Stahlre­lief des Metallgestalters Achim Kühn fiel der letzten Sanierung, 2001/02, zum Opfer.
    Foto: Wolfhard Eschenburg/Müther-Archiv, Hochschule Wismar

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    Der Eingang in die Großgaststätte neben dem Leuchtturm. Das Stahlre­lief des Metallgestalters Achim Kühn fiel der letzten Sanierung, 2001/02, zum Opfer.

    Foto: Wolfhard Eschenburg/Müther-Archiv, Hochschule Wismar

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    Das Café im Obergeschoss.


    Foto: Wolfhard Eschenburg/Müther-Archiv, Hochschule Wismar

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    Das Café im Obergeschoss.


    Foto: Wolfhard Eschenburg/Müther-Archiv, Hochschule Wismar

Neue Chance für den Teepott?

Ulrich Müthers legendäre Strandgaststätte im Ostseebad Warnemünde muss erneut ­saniert werden. Doch wie? Und welchen Preis ist die Stadt bereit zu zahlen? In Rostock schlägt der Fall zurzeit hohe Wellen.

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Zusammen mit dem benachbarten Leuchtturm ist der Teepott das Wahrzeichen von Rostock-Warnemünde. Doch seit einigen Wochen kursieren beängstigende Schadensmeldungen. Lokale Medien und Online-Foren malen den drohenden Abriss des Gebäudes an die Wand. Die Eigen­tümerin der Immobilie würde zwar die Sanierung übernehmen, fordert aber im Gegenzug, dass sie das dazugehörige, bislang im Erbbaurecht vergebene Strandgrundstück kaufen kann. Der beginnende Ausverkauf des Ostseebads?
Der Teepott eröffnete 1968 als Großgaststätte. Der Architekt Erich Kaufmann (1932–2003) und der Bauingenieur Ulrich Müther (1934–2007) hatten für das Gebäude ein aus drei Hyparflächen bestehendes Betonschalendach entwickelt, dessen Kräfte auf drei Stahlbetonstützen abgeleitet werden. Die Konstruktion wurde auf das erhal­te­ne, zylindrische Kellergeschoss eines kriegszerstörten Teepavillons aufgesetzt. Das ursprüngliche Raumkonzept basierte auf dem Split-Level-Prinzip, mit einer Bar und einer darüberliegenden Tanzfläche in der Mitte sowie einem Restaurant im Erd- und einem Café im Obergeschoss entlang der Fassade des Hauses.
Ab 1991 stand der Teepott leer und verfiel. Nach dem Abriss des ebenfalls von Müther konstru­ierten „Ahornblatts“ in Berlin versuchte man in Warnemünde die seit 1984 denkmalgeschützte Strandgaststätte mit allen Mitteln zu retten.
So wurde bei der Sanierung 2001/02 – um einen wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen – der Denkmalschutz auf die Betonschale reduziert. Das Innere wurde entkernt, die Fassade umgestaltet. Man öffnete das Erdgeschoss und legte im Untergeschoss einen weiteren Ring von Räumen um das Gebäude, mit einer Außenterrasse an der Promenade für die verschiedenen, nun tortenstückförmigen gastronomischen Einrichtungen (Bauwelt 35.2002).
2015 erwarb die zur Fertighaus-Firma Scanhaus Marlow gehörende Friedemann-Kunz-Familienstiftung den Teepott. Kurz darauf ging bei der Stadt Rostock ein (seither auf Halde liegender) Bauantrag ein, die strandseitige Terrasse zu erweitern. Als der angrenzende Restaurantbereich renoviert werden sollte, kamen Bauschäden zum Vorschein. Im Dezember 2017 erhielt die Stadt einen Kaufantrag der Stiftung für das Grundstück des Teepotts und der benachbarten, ebenfalls im Besitz der Stiftung befindlichen „Schusters Strandbar“. Das Ansinnen ist eigentlich indiskutabel, da die Stadt Rostock grundsätzlich keine Strandgrundstücke verkauft.
Zeitgleich kursierten erste Gerüchte über Schäden am Teepott. Die wurden ab Januar 2018 in der Lokalpresse mit dramatischen Fotos der betroffenen Ein- und Anbauten veranschaulicht, die sich wie ein Lauffeuer verbreiteten. Neben Wasserschäden, Schimmel- und Rostbildung hieß es auch, man habe bei der Sanierung 2001/02 „wichtige Hauptträger durchtrennt“, außerdem sei „das Dach undicht“. Das Gebäude müsse für geschätzte 20 Millionen Euro saniert werden. Damit beauftragt sind „Ocean Architects“, ein auf Hotels und Kreuzfahrtschiffe spezialisiertes Architekturbüro aus Waren an der Müritz. Eigentümer Friedemann Kunz tönte: „Unser Architekt hat ganz klar gesagt: ‚Wenn es nicht der Teepott in Warnemünde wäre – vergiss es und reiß es ab‘“, und betonte gleichzeitig: „Wir wollen den Teepott retten. Mit umfangreichen Planungen können wir aber erst beginnen, wenn wir auch Eigentümer der Grundstücke sind.“ Diese bräuchte die Stiftung als Sicherheit.
An der Betonschale sind jedoch keine größeren Schäden zu erkennen. Und beim ersten Treffen mit der Unteren Denkmalbehörde stellte sich heraus, dass von den Schäden „vor allem die innere Struktur und die Haustechnik“ betroffen sind und dass die Stiftung „denkmalgerecht“ sanieren will. Dafür gibt es noch kein Konzept, die bisherigen Visualisierungen einer neuen, vollflächig verglasten Fassade überzeugen nicht. Am 13. März sollen die Pläne im Ortsbeirat konkretisiert werden; über den Verkauf des Grundstücks wird die Bürgerschaft später entscheiden.
Niemand in Rostock denkt ernsthaft daran, den Teepott abreißen. So gewinnt man den Eindruck, dass mit dem Abriss-Szenario lediglich Druck zugunsten des Grundstücksverkaufs aufgebaut werden soll. Neben der Befürchtung, dass hier womöglich irgendwann der Strandzugang kontrolliert werden könnte, wird ein Eigentümerwechsel auch als potenzieller Einstieg in weitere Baumaßnahmen gesehen. Präsentierte Kunz doch schon vor Jahren, als seine Stiftung das benachbarte Hotel am Leuchtturm erworben hatte, Pläne zur Unterkellerung der gesamten Düne mit einer Tiefgarage. Die wurden damals zwar vom Ortsbeirat und der Stadtverwaltung abgelehnt, sind jedoch weiterhin präsent.
Abgesehen von der Betonschale ist vom Teepott kaum originale Bausubstanz erhalten. So stellt sich nun die Frage, ob man sich bei einer Komplettsanierung nicht wieder stärker in Richtung des bauzeitlichen Zustands bewegen kann: hin zu einer horizontal gegliederten, mit einer Bauchbinde strukturierten Fassade und zu deutlich offeneren Innenräumen. Dazu müssten sich die Verantwortlichen in Rostock aber erst einmal darüber klarwerden, was ihnen eine gebäudegerechte Sanierung und der Erhalt des Strands in öffentlicher Hand wert sind. Und sich im nächsten Schritt überlegen, wie man dies der Eigen­tümerin mit alternativen Mitteln – einer Anpassung der Erbbauvertragskonditionen, Zuschüssen o.ä. – schmackhaft macht. Dabei sollten sie einen kühlen Kopf bewahren und sich nicht durch virale Wellen unter Druck setzen lassen.

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