Bauwelt

Musen und Motoren

Text: Costadura, Leonardo, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Musen und Motoren

Text: Costadura, Leonardo, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Museen gehören entgegen ihrem Anschein zu den jüngeren Bauaufgaben der Menschheit. Im Jahrhundert der Aufklärung entstanden mit den Kapitolinischen Museen in Rom 1734, dem British Museum in London 1759 und dem Louvre 1793 die ersten öffentlich zugänglichen Museen überhaupt, allesamt aber richteten sie sich in schon existierenden Gebäuden ein. Als erster Bau weltweit, der als Museum geplant und errichtet wurde, gilt die kleine, aber unendlich feine Dulwich Picture Gallery im Süden Londons von 1817. Der Architekt John Soane ersann für diesen Bau jene Oberlichter, die indirektes und diffuses Licht auf die Exponate werfen, die seither unumstößlicher Standard eines solchen Zweckbaus sind.
Also nichts Neues unter der Sonne? Nicht so voreilig! In dieser Ausgabe finden die geneigten Leser vier Museumsbauten, die im Spannungsfeld Alt-Neu ihre jeweils eigene Position einnehmen. Das stolze Königliche Museum der Schönen Künste Antwerpen haben KAAN Architecten nicht nur saniert, sie haben es neu erfunden. Gigon/Guyer gelang es, mit einem Erweiterungsbau fürs Josef-Albers-Museum in Bottrop den Geist des Ortes zu bewahren, ohne ihn zu langweilen. Office Architecten haben mit der Tim Van Laere Gallery in Antwerpen ein Werk aus fünf Quadern variierender Höhe geschaffen, das an die Landschaft gestapelter Schiffscontainer im benachbarten Hafen erinnert – in Zeiten von Provenienzforschung und globalem Kunstmarkt fast schon eine gebaute Mahnung.
In Potsdam schließlich ist durch die Hand des Büros Heinle Wischer in dialektischer Bewegung (weder Erhalt noch Abriss, sondern etwas Drittes Eigenständiges) aus einem ehemaligen Restaurant der siebziger Jahre ein Museum für zeitgenössische Kunst entstanden. Das verbindende Element: damals wie heute ein Ort, an dem man sich über Geschmack streiten kann.

Zeugen der Mobilitätsgeschichte

Vor dem Hintergrund von Klimawandel, Verkehrswende und Reurbanisierung der Innenstädte steht die Infrastruktur der autogerechten Stadt vielerorts zur Debatte. Andererseits werden Abriss und Neubau immer mehr zum Tabu, aus ganz ähnlichen Gründen und angesichts immer lauteren Forderungen nach mehr Bauen im Bestand. Last but not least – im Zuge der Massenmotorisierung sind auch Bauwerke entstanden, die längst den Status von Denkmälern innehaben und eine Weiternutzung auch aus kulturellen Gründen verlangen: wie das ehemalige Autohaus im Winterzirkus von Gent oder die Kantgarage in Berlin. Zwei Bauten mit Räumen jenseits des Üblichen, für die nun, nach Sanierung durch Kempe Thill bzw. Johanne Nalbach, ein zweites Dasein beginnt.

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