Bauwelt

Nach dem Schlussverkauf

Eine Schließungswelle überrollt die Karstadt-Filialen in vielen deutschen Städten. Ihre Nachnutzung drängt, nicht nur ökologisch gesehen. Gegen fortschreitende Innenstadtverödung und die Abriss­­­pläne der Stadt Celle lobte der Deutsche Werkbund Nord gemeinsam mit bdia und BDB einen Ideenwettbewerb zur Zukunft des Warenhauses aus.

Text: Kraft, Caroline, Berlin

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    1. Preis Das Team der Hochschule Gießen schlägt die Entkernung des Innenraums ab dem 1. OG vor. Über der Markthalle im EG liegt eine begrünte Gemeinschaftszone, je nach Bedarf schließen Wohnungen, Büros oder ein Hostel an.
    Abb.: Verfasser

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    1. Preis Das Team der Hochschule Gießen schlägt die Entkernung des Innenraums ab dem 1. OG vor. Über der Markthalle im EG liegt eine begrünte Gemeinschaftszone, je nach Bedarf schließen Wohnungen, Büros oder ein Hostel an.

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    Das Fassadenraster bleibt bestehen, allerdings ersetzen Holzlamellen die Betonplatten. Zwischen der dahinterliegenden Wand und der Fassade entsteht eine thermische Hülle. Im parkähnlichen, witterungsgeschützten Gebäudeinneren ab dem 1. OG sind angedockte Plattformen vielseitig nutzbar.
    Abb.: Verfasser

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    Das Fassadenraster bleibt bestehen, allerdings ersetzen Holzlamellen die Betonplatten. Zwischen der dahinterliegenden Wand und der Fassade entsteht eine thermische Hülle. Im parkähnlichen, witterungsgeschützten Gebäudeinneren ab dem 1. OG sind angedockte Plattformen vielseitig nutzbar.

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    2. Preis Felix Gehrke und Pascal Kapitza wollen Celle ein „Haus der Demokratie“ geben. Das offene EG geht als Stadtfoyer fließend in den Straßenraum über, im 1. und 2. OG ist Platz für Ausstellungen. Das 3. OG wird zum Diskussionsraum mit Blick über die Stadt.
    Abb.: Verfasser

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    2. Preis Felix Gehrke und Pascal Kapitza wollen Celle ein „Haus der Demokratie“ geben. Das offene EG geht als Stadtfoyer fließend in den Straßenraum über, im 1. und 2. OG ist Platz für Ausstellungen. Das 3. OG wird zum Diskussionsraum mit Blick über die Stadt.

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    3. Preis Der Raumnot niedersächsischer Straf­anstalten wollen die Stadt­freund:innen entgegen­wirken. Das alte Warenhaus soll Jugendlichen im offenen Vollzug Wohn-, Begegnungs- und Lernraum sein. Kurse, sportliche und handwerkliche Tätigkeiten sollen sie auf das Leben danach vorbereiten.
    Abb.: Verfasser

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    3. Preis Der Raumnot niedersächsischer Straf­anstalten wollen die Stadt­freund:innen entgegen­wirken. Das alte Warenhaus soll Jugendlichen im offenen Vollzug Wohn-, Begegnungs- und Lernraum sein. Kurse, sportliche und handwerkliche Tätigkeiten sollen sie auf das Leben danach vorbereiten.

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    Anerkennung AG Zilpzalp möchte eine Gemüsefarm als städtische Vorratskammer im alten Kaufhaus unterbringen. Die Lebensmittel werden dort produziert, verarbeitet und verkauft. Der Erhalt der Tragstruktur bedeutet Nutzungsflexibi­lität auch in Zukunft.
    Abb.: Verfasser

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    Anerkennung AG Zilpzalp möchte eine Gemüsefarm als städtische Vorratskammer im alten Kaufhaus unterbringen. Die Lebensmittel werden dort produziert, verarbeitet und verkauft. Der Erhalt der Tragstruktur bedeutet Nutzungsflexibi­lität auch in Zukunft.

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Nach dem Schlussverkauf

Eine Schließungswelle überrollt die Karstadt-Filialen in vielen deutschen Städten. Ihre Nachnutzung drängt, nicht nur ökologisch gesehen. Gegen fortschreitende Innenstadtverödung und die Abriss­­­pläne der Stadt Celle lobte der Deutsche Werkbund Nord gemeinsam mit bdia und BDB einen Ideenwettbewerb zur Zukunft des Warenhauses aus.

Text: Kraft, Caroline, Berlin

Ideenwettbewerbe tauchen an dieser Stelle eigentlich nicht auf. Das Thema aber – verwaiste Kaufhaus-Filiale, intaktes Stahlbetontragwerk, Premium-Stadtlage, könnte aktueller nicht sein (wir berichteten zuletzt in Stadtbauwelt 20.2024). Zudem ist dieser an Teams aus künstlerischen und Planungsberufen sowie Studierende gerichtet. Die Interdisziplinarität, als Ideenwettbewerb gelabelt, sorgte bei der Architektenkammer
Niedersachsen für Unmut; als „Wettbewerb zur Ideenfindung“ musste das Verfahren daher laufen.
Objekt der Betrachtung ist die Celler Karstadt-Filiale. Der „graue Klotz“, als welchen die Presse sie oft abtut, greift mit der gerasterten Fassade die Fachwerk-Altstadt der Umgebung auf. Architekt und Stadtplaner Walter Brune stellte sie 1964 fertig. Knapp sechzig Jahre später, 2023, öffnete das Warenhaus wie vielerorts ein letztes Mal seine Rolltore: zum Schlussverkauf. Seitdem Leerstand. Das Landesamt für Denkmalschutz stufte das Haus als nicht denkmalwürdig ein. Nun gibt es zwei Lager. Die einen mit dem Wunsch nach Abriss, manche sähen hier gerne einen Park. Andere wollen Umnutzung. Schon jetzt ist zu sehen, wie der Wegfall des Kaufhauses in seiner Umgebung Leerstand nach sich zieht, Stichwort Ankerfunktion. Wäre ein Park in einer von Grün umgebenen, leerer werdenden Einkaufszone richtig, zumal mit dem Abriss einer intakten Struktur verbunden?
Ute Maasberg, Vorsitzende des Werkbunds Nord in Hannover sieht die Stärke im Kollektiv: „Wir müssen mehr zusammenarbeiten.“ So entstand im Oktober 2023 das „Gemeinschaftswerk Werkgemeinschaft“ (GW) mit dem Ziel, zwei­jährig einen interdisziplinären Ideenwettbewerb auszurufen. Los ging es in Celle, wo auch die Fachjury mit Lehrenden, Bildhauerin, Innen- und Landschaftsarchitektin, Architektinnen, Indus­triedesigner und dem Geschäftsführer des Schlosstheaters interdisziplinär war. Unter dem Motto „Alles kann, nur kein Abriss“ schrieb die GW auch aus Protest gegen den von der Stadt anvisierten Abriss der Karstadt-Filiale einen Wettbewerb aus. Über neunzig Teams reichten ihre Entwürfe ein. Die Auslobung strebte sinnvollerweise eine Nutzungsmischung an, die alte Synergien zwischen Nachbarschaft und Kaufhaus reaktivieren soll.
Ein Team aus Studierenden und Lehrkräften der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen stellte genau diese Anpassungsfähigkeit in den Vordergrund ihres Entwurfs und gewann den Wettbewerb. So ist das Raumprogramm flexibel, das Tragwerk bleibt bestehen. Im Erdgeschoss, zentral begehbar, ist eine Markthalle eingefasst von zwei Riegeln. Sie können an verschieden große Gewerbenutzungen angepasst werden. Cafés oder Buchhandlungen sind ebenso denkbar wie Praxen, Einheiten von 60 bis 450 Quadratmeter sind realisierbar. Die Jury lobt die Flexibilität des Entwurfs und die Umwandlung von Mono- zu Mischnutzung.
Das zweitplatzierte Duo aus Architekt und Künstler empfand bei seinem ersten Besuch die Celler Innenstadt als unbelebt. Es brauche einen Ort der Partizipation, des gesellschaftlichen Lebens. Das als Zwischennutzung gedachte „Haus der Demokratie“ soll so ein Ort sein. Das Team schlägt die Demontage der über 700 Fassadenplatten und die Umhüllung des Rohbaus mit einer rückbaubaren, filigranen Holz-Textil-Struktur vor. Die Fassadenplatten kommen später an das Haus zurück, unter dem Titel „700 Thesen“ sollen sie, beschrieben oder bemalt von Anwohnenden, zum Kommunikationsmedium in einer Ausstellung werden. Die Jury lobt die Verdeutlichung des Prozesshaften des Weiterbauens und die starke Einbindung der Celler Stadtgesellschaft – ohne ihre Teilnahme bliebe das Haus der Demokratie nur eine Hülle.
Mit „Vollzug statt Leerstand“ erhielten Landschaftsarchitektur- und Architekturstudierende der Leibniz Uni Hannover den dritten Preis. Parallel zum drohenden Leerstand in Innenstädten sind die niedersächsischen Gefängnisse überfüllt. Das Team schlägt, sehr pragmatisch, die Unterbringung des Jugendlichen-Strafvollzugs in Wohngruppen auf den oberen und öffentliche Nutzungsmöglichkeiten auf den unteren Etagen vor. In Werkstätten oder Sportkursen könnte es neben therapeutischen Angeboten auch öffentliche Kurse geben. Dieser Leitgedanke im Zeichen einer offenen Gesellschaft überzeugte die Jury; das Projekt könne einen Weg vom Rand zurück in die Mitte der Gesellschaft bedeuten.
Das Ideenverfahren des GW zeigt eindrücklich, wie leerstehende Großstrukturen in für Städte positive Räume umgewandelt werden können. Alle Einreichungen sind auf wggw.info zu sehen. Der Umgang mit leeren Kaufhäusern jedenfalls lässt sich auf unzählige Städte und Bautypo­­lo­gien übertragen und ist nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch aus Aspekten der sozialen Stadtentwicklung notwendig.
Offener, interdisziplinärer Ideenwettbewerb

1. Preis
(3000 Euro) Moritz Hoffart, Sebastian Uellner, Leonie Wolf mit Wolfgang Döring, Christian Hillgärtner, Maik Neumann, Cilia Tovar, Thomas Vinson, alle Gießen
2. Preis (2000 Euro) Felix Gehrke (Architekt), Berlin mit Pascal Kapitza (Bildender Künstler), Braunschweig
3. Preis (1000 Euro) stadtfreund:innen (Juliane Dieckmann und Wiebke Mühlhoff, beide Köln mit Mona Ebelt,
Hannover)
Anerkennung (500 Euro) AG zilpzalp (Sarah Pens und Jan Hüttmann, beide Zürich mit Annika Marie Gilles und Inga Jensen, beide Hannover)
Anerkennung (500 Euro) Katharina Neubauer, Aarau und Julia Laekamp, Essen mit Sofia Ceylan und Annabelle von Reutern, beide Berlin
Auslobung
Deutscher Werkbund Nord e.V. in Kooperation mit Bund Deutscher Bauschaffenden BDB und Bund Deutscher Innenarchitektinnen und Innenarchitekten BDiA, bdia e.V., alle Hannover
Fachpreisjury
Claus Becker, Bettina Georg, Jan Krause, Anja Rosen, Bärbel Schlüter, Julia Schneider, Christiane Sörensen,
Gunnar Spellmeyer
Koordination
Deutscher Werkbund Nord e.V., Hannover

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