Bauwelt

Ein Phänomen aus Korbach

Christoph Hesse Architects im Aedes

Text: Hamm, Oliver G., Berlin

Ein Phänomen aus Korbach

Christoph Hesse Architects im Aedes

Text: Hamm, Oliver G., Berlin

Das kollaborativ und überwiegend im ländlichen Raum arbeitende Büro Christoph Hesse Archi­-tects breitet sein bisheriges Werk gleich in beiden Galerieräumen aus, im ersten Raum stehen exquisite Architekturmodelle auf Podesten und im hinteren Raum hängen sie frei von der Decke. Schwarz-weiße Porträtfotografien der Bauherren, Büromitarbeiterinnen und sonstigen Mitstreitern insbesondere bei gemeinschaftsorientierten baulichen Interventionen von Deimel + Wittmar, großformatige Zeichnungen von Michela Quadrelli auf Leinenbannern und zwei Filme von Baron & Baron REFRAME ergänzen die Werkschau des Büros mit zwei Standorten im hessischen Korbach (seit 2010) und in Berlin (seit 2018).
Christoph Hesse ist ein Phänomen: Im Sauerland verwurzelt, aber international gut vernetzt, versteht er es einerseits mit zahlreichen selbst initiierten Installationen in seinem Heimatort Referinghausen (bislang zwölf „Open Mind Places“, seit 2019), aber auch mit Bauwerken wie der Villa F in Titmaringhausen (2015) und dem Besucherzentrum „Steine Wasser Licht“ an der Staumauer des Edersees (2023) in ländlichen Räumen neue Impulse zu setzen. Andererseits kooperiert er mit Architektinnen weltweit, die er teils schon aus dem Studium aus Zürich und Harvard kennt und die sich ihrerseits international einen Namen gemacht haben. Mit Xu Tiantian hat er 2023/2024 das aus zwei formal ähnlichen Gebäuden aus Holz und Glas bestehende „House of Knowledge“ errichtet, eine von zwanzig geplanten Biblio­theken in Xinyang in der zentralchinesischen Provinz Henan. Xu Tiantian ist – neben Tatiana Bilbao, Anna Heringer, Jürgen Mayer H und Pezo von Ellrichshausen – auch an dem Gemeinschafts­projekt „Ways of Life“ auf der Halbinsel Scheid am Edersee beteiligt. Dort entsteht seit 2020 unter der Federführung von Christoph Hesse auf einem 33.000 Quadratmeter großen Grundstück eine einzigartige Gemeinschaft von Wohngebäuden, Gästehäusern und Gemeinschaftsräumen, die für Seminare, für Ausstellungen und teils auch als Ateliers genutzt werden können. Über dieses „auf experimentelle Weise ökologische und gemeinschaftsorientierte Lebensräume“ entwickelnde Projekt und seine Bauherren (und deren jeweilige Motivation) hätte man gerne mehr erfahren. Eigentlich wäre dieses Projekt eine eigene Ausstellung oder wenigstens exklusiv den ersten Galerieraum wert gewesen; so aber reiht sich „Ways of Life“ nahtlos in die Präsentation sämtlicher sonstigen Werke ein.
Die Ausstellung ist thematisch in fünf Kapitel unterteilt, die durch begleitende kleine Broschüren erläutert werden: Perspektivwechsel, Visionäres Säen, Kollaboratives Wachsen, Ressourcenbasierte Pionierarbeit und Regeneratives Ernten – damit ist, vielleicht etwas pathetisch ausgedrückt, das Selbstverständnis des Büros und insbesondere seines Namensgebers skizziert. Es/er versteht sich als ruraler Rebell, so wie auch die vielen anderen Teilhaberinnen einer kollek­tiven Zusammenarbeit, die darauf abzielt, nachhaltige und zukunftsfähige Konzepte für ländliche Räume zu entwickeln.

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