Bauwelt

Frei Otto. Das Gesamtwerk.

Leicht bauen, natürlich gestalten. Herausgegeben von Manfred Nerdinger.

Text: Nelle, Anja, Berlin

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Frei Otto. Das Gesamtwerk.

Leicht bauen, natürlich gestalten. Herausgegeben von Manfred Nerdinger.

Text: Nelle, Anja, Berlin

Zum 80. Geburtstag Frei Ottos zeigte das Architekturmuseum der Technischen Universität München eine Retrospektive seines Lebenswerkes (Heft 24). Die dazu erschienene Publikation ist weit mehr als ein Ausstellungskatalog und vermag mit dem Halbwissen über einen der bekanntesten deutschen Architekten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gründlich aufzuräumen.
Was die meisten wissen: Auf den Bundesgartenschauen in Kassel (1955) und Köln (1957) sowie bei der Interbau in Berlin (1957) realisiert Otto seine ersten großen Zeltpavillons. Bekannt sind auch die Projekte, die ihm zum internationalen Durchbruch verhalfen: der Deut-sche Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal (1967 mit Rolf Gutbrod),die Dachlandschaft für die Olympischen Spiele in München (1972 mit Behnisch und Partner und Fritz Leonhardt) und – aus der jüngeren Vergangenheit – der Japanische Pavillon auf der Expo in Hannover (2000 mit Shigeru Ban). Wer aber würde vermuten, dass das Werkverzeichnis des Buches 192 Projekte umfasst? Von ihnen ist zwar nur ein Bruchteil zur Realisierung gelangt, aber die knappe, chronologische Dokumentation aller Projekte gibt einen tiefen Einblick in den Ideenreichtum und die ungeheure Produktivität von Frei Otto und seinen Mitarbeitern. „Ich habe nur wenig gebaut. Ich habe aber viele Luftschlösser erson-nen“, schreibt er. Frei Otto ist es aber nie primär um das fertig gestellte Werk gegangen. Wichtiger sind für ihn Entstehensprozesse, die er unter dem Oberthema „ressourcenschonendes Bauen“ erkundet.
In fünf Aufsätzen namhafter Wissenschaftler kann der Leser begreifen, dass Ottos Entwurfsansätze richtungsweisend waren: Schon in den 50er Jahren propagierte er die material- und energiesparende Bauweise des Leichtbaus als Beitrag gegen die Ausbeutung der Natur. Deshalb gilt er als Vorreiter des ökologischen Bauens.
Im 1964 eigens für ihn gegründeten „Institut für leichte Flächentragwerke“ in Stuttgart, das er 27 Jahre leitete und zu einer Forschungsinstitution von Weltruf aufbaute, widmete er sich der Suche nach Leichtbauvergleichswerten, anhand derer sich die Effizienz von Konstruktionen erfassen lässt. In diesem Zusammenhang entwickelte er eigene Berechnungsgrößen.
Besonders interessant ist die Darstellung der Erforschung von „Selbstbildungsprozessen“, die seit den 50er Jahren einen Schwerpunkt in Ottos Arbeit bilden. Der Ansatz interdisziplinärer Forschung zur Formfindung war visionär und ist bis heute aktuell. Mit der naturwissenschaftlichen Analyse von Formbildungsprozessen geht es Frei Otto um ein Gestaltfindungsprinzip: „Der Wille zur betonten Gestaltung“ steht für ihn im Gegensatz zur „Suche nach der noch unbekannten, aber den Naturgesetzen unterliegenden Form.“ Modelle aus Seifenhäuten wurden zum Beispiel für die Formfindung von Zeltkonstruktionen entwickelt. Eine systematische Beschreibung der Zelttypen, Pneus und Hydros, Hängekonstruktionen und Verzweigungen liefert wertvolle Hinweise für das Verständnis der Entwürfe Frei Ottos und form-und flächenaktiver Tragwerke generell.
In fünf weiteren Aufsätzen kommen Ottos Mitarbeiter und Teamkollegen zu Wort. Gemeinsam mit dem Anhang, der unter anderem ein Namens- und Ortsregister, eine Kurzbiographie, die Bibliographie und das Autorenverzeichnis umfasst, werden alle Wünsche an ein wissenschaftlich fundiertes Nachschlagewerk erfüllt. Die Grafik ist solide und übersichtlich. Die Abbildungen unterschiedlicher Größe zeigen Pläne, Modellfotos, Fotos von Bauzuständen und genutzten Bauten. Zahlreichen Handskizzen zu Projektideen und Konstruktionsprinzipien sind 30 Seiten gewidmet. Eine rundum gelungene Publikation!
Fakten
Autor / Herausgeber Manfred Nerdinger
Verlag Birkhäuser; Basel, Berlin, Boston
aus Bauwelt 39.2005
Artikel als pdf

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