Bauwelt

Das andere Potsdam DDR-Architekturführer

DDR-Architekturführer

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Eventteaser Image
  • Social Media Items Social Media Items

  • Social Media Items Social Media Items


Das andere Potsdam DDR-Architekturführer

DDR-Architekturführer

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Das Potsdamer Stadtzentrum ist ein zwischen Rekonstruktionsbefürwortern und Ostmoderne-Freunden hart umkämpftes Terrain. Daher wünscht man sich seit langem eine die Hintergründe und Details der sozialistischen Stadtumgestaltung näher beleuchtende Publikation. Dieser von Christian Klusemann herausgegebene Sammelband versucht mit exemplarischen Einzelbetrachtungen zu 26 Bauten und Ensembles aus den Jahren 1949–90 dazu einen Beitrag zu leisten, indem er auch die besonders umstrittenen oder aber be-reits akut vom Abriss bedrohten Bauwerke thematisiert: wie die Schwimmhalle am Brauhausberg, das teilweise auf dem Areal der abgebrochenen Garnisonkirche stehende ehemalige Datenverarbeitungszentrum („Rechenzentrum“) inklusive des benachbarten Wohnhauses am „Staudenhof“, das Terrassenrestaurant „Minsk“ sowie das Hotel Mercure (früher „Interhotel Potsdam“).
Der Band beschränkt sich auf die Innenstadt und fokussiert neben den aktuell noch vorhandenen Gebäuden auch das bereits wieder abgerissene „Haus des Reisens“, das auf dem Grundstück der „Alten Post“ stand, sowie den lediglich bis zum Rohbaustadium fertig gewordenen The­aterneubau am Alten Markt, der nach der Wende der Rekonstruktion des Stadtschlosses weichen musste. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den historisierenden Wiederauf- und Neubauten der DDR-Zeit sowie der ambivalenten, phasenweise völlig unterschiedlichen Bewertung der historischen Bausubstanz. Dabei überzeugen vor allem die detailreich-reflektierten Texte der seit langem zur neueren Potsdamer Stadtbaugeschichte forschenden Kunsthistorikerin Edda Campen (u. a. zum Wiederaufbau der barocken Wilhelm-Staab-Straße und dem umfangreichen, aus Neu- und sanierten Altbauten bestehenden, direkt an der Havelbucht gelegenen Wohnkomplex Wilhelm-Külz-Straße) sowie die interessanten Beiträge von Atreju Allahverdy: darunter auch ein facettenreicher Essay zur behutsamen Sanierung der (damals nach Klement Gottwald benannten) Brandenburger Straße, bei der diese aus barocken Typenbauten bestehende Ost-West-Achse der zweiten Stadterweiterung in den späten 1970er Jahren gestalterisch bereinigt und zur publikumsträchtigen Fußgängerzone umgestaltet wurde.
Ansonsten irritiert die streckenweise eher vage Recherche. Einige der Texte sind Kompilationen von zeitgenössischen Zitaten, andere erinnern mit ihren unzähligen Querverweisen an einen Web-Auftritt. Die als „Stadtplan“ mit „Umgebungskarten“ deklarierten Schwarzpläne sind aufgrund ihrer großen weißen Flecken (der ausgeblendeten Verkehrswege, Gewässer, Gleis- und Grünanlagen) für Ortunkundige wenig hilfreich, weil man mit ihnen keine Vorstellung von den baulichen Überlagerungen und stadträumlichen Situationen der vor Ort besonders umstrittenen Bauten bekommt. Das größte Manko dieses preiswerten Bandes ist jedoch seine schlechte Druckqualität, bei der sogar die teilweise graphisch hervorragenden Zeichnungen und detailscharfen historischen Foto-Vorlagen so absaufen, dass bereits das längere Betrachten dieser nun bildtechnisch zu dunklen Betonmonstern mutierten Gebäude beim unbedarften Leser heftige Abrissgelüste hervorruft.
Fakten
Autor / Herausgeber Christian Klusemann (Hg.)
Verlag Vergangenheitsverlag, Berlin 2016
aus Bauwelt 6.2017
Artikel als pdf

1 Kommentare


Unausgewogene DarstellungCarolin Hartmann

Es ist schade, dass die wenigen und überdies auslegbaren Schwachstellen des Buches hier so sehr in den Vordergrund gerückt werden.Sich über die sinnvollen und für eine Publikation dieser Art nicht unüblichen Querverweise zu monieren, ist reine Geschmackssache. Zudem ist es eine stilistische Frage, ob man längere Abschnitte zitiert, oder Quellen paraphrasiert. Nicht „einige“ Beiträge sind „Kompilationen von zeitgenössischen Zitaten“, sondern in lediglich zwei Texten werden längere Abschnitte zitiert. Alle anderen Aufsätze weisen, wie es in wissenschaftlichen Publikationen gängig ist, ab und an kurze Zitate zur Untermauerung der jeweiligen Argumentation auf. Dabei handelt es sich überdies häufig um neu aufgefundenes Schriftgut. Darauf, dass in diesem Band etliche Quellen und sehr viel unbekanntes und unpubliziertes Bildmaterial präsentiert wird, wird in der Rezension erstaunlicherweise überhaupt nicht eingegangen. Auch nicht auf den ausführlichen Forschungsstand, der die bisherige Aufarbeitung des Themas „DDR-Architektur in Potsdam“ in so noch nicht erfolgter Form zusammenfasst. Da wundert der Einwand der „vagen Recherche“. An nur wenigen Stellen im Buch wird von Herausgeber und Autoren erwähnt, dass weitere Forschungen nötig wären. Im Rahmen einer solchen Publikation, die gar nicht den Anspruch auf Vollständigkeit hat, sondern einen ersten breiten Überblick über ein bisher nur sporadisch bearbeitetes Thema geben will (wie es im Vorwort heißt), ist das auch legitim. Dabei werden durchaus bereits neue Erkenntnisse, etwa bis dato unbekannte Architektennamen geliefert, ferner die Gebäude genau beschrieben und in den Kontext der jeweiligen städtebaulichen Planungen gebracht, die zwischen 1949 und 1990 sehr unterschiedlich waren. Das ist bislang für Potsdam noch nicht erfolgt und die Pionier-Leistung des Buches. Allein die Kapitel, die die städtebaulich-architektonischen Entwicklungen in den verschiedenen Jahrzehnten erläutern, sind für den ersten Überblick bereits sehr hilfreich. Vor dem Hintergrund dieser doch etwas zu einseitigen Darstellung verwundert ein Sachfehler der Rezensentin, sieht sie doch das „Rechenzentrum“ in Nachbarschaft des „Staudenhofs“. Neben letztgenanntem steht aber die Fachhochschule (ehemaliges Institut für Lehrerbildung). Das „Rechenzentrum“ ist etwa einen Kilometer vom „Staudenhof“ entfernt. Immerhin schreibt Frau Scheffler am Schluss ihrer Rezension, -das sei zugestanden- dass die Druckqualität das "größte Manko" der Publikation sei. Die schlechte Bildqualität betrifft bei der Fülle der Abbildungen jedoch nur einige historische sowie aktuelle Fotos. Es so darzustellen, als würde hier jedes Bild „absaufen“, wird der Sache nicht gerecht.


 
x

Der Übergang aus der Diktatur ist in Myanmar bis jetzt friedlich verlaufen. Höchste Zeit, dass es einen Architektur-Reiseführer über Yangon gibt. Das ist nicht sarkastisch gemeint. Es ist nur so, ...

Bücher 21.03.2017

Yangon Architectural Guide

Der Übergang aus der Diktatur ist in Myanmar bis jetzt friedlich verlaufen. Höchste Zeit, dass es einen Architektur-Reiseführer über Yangon gibt. Das ist nicht sarkastisch gemeint. Es ist nur so, ... mehr

Forschungen zum baukulturellen Erbe der DDR, N° 5

Bücher 21.03.2017

DDR-Architektur in der Leipziger Innenstadt

Forschungen zum baukulturellen Erbe der DDR, N° 5 mehr

16.2025

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.