Bauwelt

Keine Zukunft, nirgends?

Wie rückwärtsgewandt wird die nächste Biennale?

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    1975 werden unter der Leitung von Vittorio Gregotti die ersten Anläufe für eine internationale Architekturausstellung unternommen.

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Foto: Vittorio Zunino Celotto/ Getty Images For Prada

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Foto: Vittorio Zunino Celotto/ Getty Images For Prada


Keine Zukunft, nirgends?

Wie rückwärtsgewandt wird die nächste Biennale?

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Wie rückwärtsgewandt wird die nächste Biennale? Auch das venezianische Großereignis stimmt in diesem Jahr in die offiziellen Gedenkroutinen ein, die mit 1914 und dem Ausbruch des 1. Weltkriegs beginnen und von dort aus die Moderne rekapitulieren. Biennale-Direktor Rem Koolhaas hat sich selbst das Thema „Fundamentals“ und den Nationenpavillons das Motto „Absorbing Modernity 1914–2014“ vorgegeben.
Die Prada-Foundation schickte uns in der vorletzten Woche ein ungewöhnliches Foto. Mit ausladender Geste verbeugt sich Rem Koolhaas vor einem Gebäude des konservativen Modernisten Auguste Perret. Gibt dieses Foto einen Vorgeschmack darauf, dass sich das architektonische Großereignis in Venedig ganz und gar dem Rückblick in die Vergangenheit widmen wird? Als Koolhaas im letzten Jahr das Thema „Absorbing Modernity 1914–2014“ für die Nationenpavillons bekannt gab, mochte man das fast für Selbstironie halten. Hatte der niederländische Architekt nicht immer klar gemacht, dass für ihn mit dem 20. Jahrhundert das Zeitalter der globalen Architektur beginnt und jeder Verweis auf kulturhistorische Eigenheiten überflüssig, im Grunde lächerlich sei? Was Koolhaas auf dem von der Globalisierung blankgeputzten Boden nationaler Architekturgeschichten gelten ließ, waren nur mehr ein paar Elementarbausteine des vitruvschen Architekturkanons: Wand, Grundriss und Treppe. Die urbane Wand, verkörpert im Sinnbild der Berliner Mauer, wird zur Apologie der politischen Trennung, den Grundriss dehnt Koolhaas auf den Maßstab der Megalopolis und damit zur terra nova der weltweiten Spekulation aus, und in den vertikalen Verbindungsapparaten des 20. Jahrhunderts, Rolltreppe, Lift oder Rampe sieht er eine universale Kraft, die als mobiler Rammbock die generischen Baumassen durchstößt und irgendwie zusammenklammert. Man darf jetzt gespannt sein, ob sich die Kuratoren der nationalen Pavillons an die Aufforderung halten werden, „ihre Moderne“ seit 1914 unter die Lupe zu nehmen. Einige Länder haben ausgewiesene Historiker wie Jean-Louis Cohen (Frankreich) oder Christian Kühn (Österreich) als Kuratoren beauftragt; hier sind zwar keine nationalen Leistungsschauen zu erwarten, der nationale Bezugsrahmen ist qua Programm gesetzt. Auch bei Kool­haas ist seit einiger Zeit zu beobachten, dass seine wurzellose Globalismus-Kritik, die der kapitalistischen Beschleunigung immer einen Schritt voraus war, wieder die konkrete Auseinandersetzung mit der real existierenden Moderne sucht: 2011 mit dem ambitionierten Oral-History-Projekt über den japanischen Metabolismus, auf der Biennale von 2012 mit der Eloge auf die urbanen Errungenschaften der anonymen Stadtbaubeamten der sechziger und siebziger Jahre, und dieses Jahr in Paris mit der Verbeugung vor dem Le Havre-Architekten Auguste Perret. Welche baulichen Ereignisse des zurückliegenden Jahrhunderts – so lässt sich sein Venedig-Programm verstehen – taugen als Referenzen für die Herausforderungen der Zukunft? Aus dieser Sicht könnte die Biennale einen interessanten Streit um die Legitimation der Architektur in Zeiten ihrer globalen Entwertung entfachen: auf der einen Seite die Ideologen der historischen Stadt, die ihre Antworten aus dem Rückgriff auf die Invariablen des Städtischen beziehen wollen; auf der anderen Seite die modernistischen Eklektiker der Globalisierung, die auf die Beschleunigungsprozesse der Globalisierung mit dem Wissensvorsprung um die wesentlichen Kri­terien des passenden Bezugsrahmen reagieren. Auf die Konfrontation dieser Fundamentals darf man – trotz Jubiläums-Emphase – gespannt sein.
Fakten
Architekten Koolhaas, Rem, Rotterdam
aus Bauwelt 1-2.2014
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