Bauwelt

Technisches Rathaus in Bielefeld


Das Bielefelder Technische Rathaus, heute Technisches Dienstleistungszentrum, erfuhr eine Erweiterung mit nahezu gleichem Stein. Mittelpunkt bleibt die nun vergrößerte Treppenhalle


Text: Kasiske, Michael, Berlin


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    Haupteingang in den von der August-Bebel-Straße zurückversetzten Altbau
    Foto: Stefan Müller

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    Haupteingang in den von der August-Bebel-Straße zurückversetzten Altbau

    Foto: Stefan Müller

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    Der neue Hof an der Falkstraße mit dem niedrigen, tiefer liegenden Eingang ins Sockelgeschoss
    Foto: Stefan Müller

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    Der neue Hof an der Falkstraße mit dem niedrigen, tiefer liegenden Eingang ins Sockelgeschoss

    Foto: Stefan Müller

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    Der Neubau mit Eingang für eine evtl. separate Nutzung. Zwischen Alt- und Neubau liegt ein schmaler Gartenhof.
    Foto: Stefan Müller

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    Der Neubau mit Eingang für eine evtl. separate Nutzung. Zwischen Alt- und Neubau liegt ein schmaler Gartenhof.

    Foto: Stefan Müller

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    Die große Treppe des Altbaus konnte nicht erhalten werden und wurde rekonstruiert. Die Treppenhalle war früher zur Rückseite verglast und setzt sich heute mit den offenen Gängen in den Neubau fort.
    Foto: Stefan Müller

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    Die große Treppe des Altbaus konnte nicht erhalten werden und wurde rekonstruiert. Die Treppenhalle war früher zur Rückseite verglast und setzt sich heute mit den offenen Gängen in den Neubau fort.

    Foto: Stefan Müller

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    Der aufwendig sanierte zweigeschossige Saal.
    Foto: Stefan Müller

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    Der aufwendig sanierte zweigeschossige Saal.

    Foto: Stefan Müller

So kommt es, wenn der Autor meint, er wisse schon, wo es langgeht. Am Eingang zum Technischen Dienstleistungszentrum Bielefeld hat er sich verabredet und wartet im gläsernen Windfang des Altbaus. Das akadmische Viertel verstreicht. Auf Nachfrage heißt es: „Die Kollegin ist längst vor Ort.“ Der Finger des Mitarbeiters weist zum Eingang im Neubau um die Ecke.
Für den Neubau des „Technischen Rathauses“, wie die hoheitliche Institution von der Bevölkerung genannt wird, bildet der Altbau deutlich die strukturelle und gestalterische Basis. Entworfen wurde er 1952 von dem regional bekannten Architekten Hanns Thiele – als Ersatz für das kriegszerstörte Landratsamt. Bis zur Gebietsreform im Jahre 1973, als die Stadt Bielefeld in den gleichnamigen Kreis eingemeindet wurde, diente der Bau dem Landkreis, danach waren hier Teile des Bauamts untergebracht.
Nach gut einem halben Jahrhundert in Gebrauch beschloss die Stadt 2006 die Sanierung des Gebäudes und die höhere Ausnutzung der Liegenschaft. Für eine Erweiterung wurden im rückwärtigen Bereich ein niedriger Anbau und der Parkplatz zur Disposition gestellt. Auslober des Wettbewerbs, Bauherr und heutiger Betreiber ist die Bielefelder Beteiligungs- und Vermögensverwaltung GmbH (BBVG), eine zu einhundert Prozent im Besitz der Kommune befindliche Projektgesellschaft.
Angepasst
Die Architekten Thomas Müller und Ivan Reimann überzeugten bereits beim Wettbewerb 2010 neben der besten energetischen Bilanz mit einem Entwurf, der die Qualität des Bestands bewahrt und diesen durch den Neubau zugleich gestalterisch bereichert. Der Neubau entwickelt sich hinter dem Altbau, dessen aus der Straßenflucht gerückte Front an der August-Bebel-Straße nach wie vor die repräsentative Adresse bildet; der schmale Freiraum signalisiert das öffentliche Gebäude in der bescheidenen, für die 1950er Jahre typischen Art. Auch die Höhe des Altbaus, den ein Flugdach krönt, die homogene Fassadengliederung sowie der Naturstein als Fassadenmate-rial heben das Technische Rathaus aus der kleinteiligen, verputzten Bebauung der näheren Umgebung heraus.
Der Neubau hingegen nimmt städtebaulich die Gliederung und Gebäudehöhen des Gegenübers auf. Er besetzt die Blockkanten, bildet durch Rücksprünge zur Falkstraße einen neuen Eingangshof aus, zur Viktoriastraße einen tiefer liegenden Gartenhof und im Blockinnern eine über der Tiefgarage liegende Terrasse, die einen westlich ankommenden Freiraum aufnimmt und räumlich abschließt.
Das Flugdach des Altbaus wird über dem Neubau ein Stück weit fortgesetzt und schwingt mit abgerundeten Ecken aus. Die Höhe nimmt zum Blockinneren hin ab. Die südwestliche Ecke des Neubaus, dessen oberstes Geschoss aufgrund einer Nachbarschaftsklage zurückgesetzt werden musste, vermeidet jede Anbiederung an die vorhandene Blockrandbebauung. In der Fuge zur Nachbarbebauung befindet sich die Zufahrt zur kleinen Tiefgarage.

Die Treppe

Ein signifikantes architektonisches Element des Altbaus war ein weitschwingender Treppenlauf, der an der einstigen Rückfassade durch eine große Glaswand in den Stadtraum wirkte. Diese Unterbrechung der an einem Mittelgang liegenden Büros des Bestands nutzten die Architekten für den Anschluss des Neubaus. Die Treppe konnte zwar nicht original erhalten werden, wurde jedoch rekonstruiert und bestimmt mit ihrer Dynamik nun eine große, über alle Stockwerke reichende Halle, die Alt- und Neubau mit größter Selbstverständlichkeit verbindet. Denn die eleganten und leichten, aus dem vorhandenen Treppenlauf entwickelten Geländer der Galerien erwecken den Eindruck, als sei die Treppe schon immer Teil dieser Halle gewesen. Deren gewölb-
te Decke und die indirekte Beleuchtung lassen nicht mehr auf zwei Bauteile unterschiedlichen Alters schließen.
Das Souterrain der Halle wird für Ausstellungen genutzt. Hier hinein führt auch der Eingang, den der Autor nach dem Auffinden als Diskreditierung des Gebäudes betrachtet. Denn die breiten Schleppstufen, die diagonal von einer Rampe gekreuzt werden, führen nach unten und erzeugen ein unbestimmtes Missbehagen, dass man das Gebäude nicht im repräsentativen Hochparterre des Altbaus betritt.
Erfreulicherweise setzt sich die Großzügigkeit der zentralen Halle in den Bürogrundrissen fort. Die in der Regel auf zwei Personen ausgelegten Arbeitsräume trennt eine breite Mittelzone, die sich teilweise auch als Kombi-Büro nutzen lässt. Der Eingang an der Viktoriastraße ermöglicht es, diesen Gebäudeteil für andere Nutzungen zu separieren. Hier sind die Fenster als Doppelflügeltüren ausgebildet.
Die horizontale Fassadengliederung des Altbaus mit den charakteristischen geschlossenen Fugen wurde zum überwiegenden Teil auf die Neubaufassade übertragen; lediglich im Hofbereich wurde, wie einst bei der Rückfassade des Kreishauses, auf Naturstein verzichtet und stattdessen ein profiliertes Wärmedämmverbundsystem angebracht. Bei der Sanierung der Altbaufassade stellte sich heraus, dass ihre Platten eine neue Verankerung benötigen; sie wurden deshalb abgenommen und gereinigt, wodurch sie jetzt genauso hell erscheinen wie die des Neubaus. Der gesamte Gebäudekomplex besitzt nun eine eigentümliche Homogenität.
Das Technische Dienstleistungszentrum ist hinsichtlich Büroorganisation, Materialität und Energie auf der Höhe der Zeit. Auch der Städtebau mit der Verteilung der Baumassen ist gelungen. Die feinsinnige Fassadengliederung des Altbaus wurde geschickt fortgesetzt. Anders jedoch als beispielsweise bei der Erweiterung aus den späten 1980er Jahren des nahe gelegenen Rathauses gab es hier offensichtlich keine Ambitionen, den Bielefelder Bürgern baulich eine innovative Stadt zu kommunizieren. Gewünscht war vielmehr ein Verwaltungsbau, dessen Inhalt wechseln kann. Insofern ist das homogene und zeitlose Ergebnis zweifelsohne das Richtige für eine Stadt, die sich durch Projektgesellschaften und Dienstleistungszentren repräsentiert.



Fakten
Architekten Thomas Müller Ivan Reimann Architekten, Berlin
Adresse Technisches Rathaus Mitte 33602 Bielefeld


aus Bauwelt 30.2015
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