Bauwelt

Galerie Solar S. Roque


Blockstrukturen durchschneiden


Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin


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    Foto: Sérgio Guerra

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Der Stadtarchitekt im portugiesischen Vila do Conde, Manuel Maia Gomes, konzipierte eine neue Erschließung durch die zum Teil völlig heruntergekommenen Blocks der historischen Stadt. Auch mehrere öffentliche Bauten sollten so revitalisiert werden. Den Anfang machten ein Haus für Studenten und eine städtische Galerie.
Kräftig leuchtende Farbflächen strahlen dem Besucher entgegen, der in die Durchwegung der Galeria Solar S. Roque einbiegt. Ein einprägsamer Zwischenort tut sich hier auf: Man befindet sich irgendwo zwischen Alt und Neu und gleichzeitig auf einem öffentlichen Weg, einer Passsage, die als eine Art Foyer der Galerie funktioniert. Die Casa S. Roque wurde, wie der überwiegende Teil des historischen Zentrums, im 16. Jahrhundert erbaut. Die Stadt Vila do Conde, an der Mündung des Flusses Ave gelegen, erlebte damals ihre Blütezeit als bedeutende Hafen- und Handelsstadt im Norden Portugals. Heute allerdings gibt es in der Altstadt viele baufällige Häuser, langfristige Strategien zur Revitalisierung sind gefragt. Der Umbau der Casa S. Roque in eine Galerie für Video- und Filmkunst gehört zu einer Reihe ähnlicher Projekte: Architektonisch wichtige Gebäude im historischen Kern sollen im Lauf der nächsten Jahre saniert und für kulturelle Zwecke umgerüstet werden. Die bereits realisierten Umbauten lesen sich zurzeit allerdings noch wie kulturelle Versatzstücke in der Stadtlandschaft: das Stadtarchiv und Museum für Stadtgeschichte in der ehemaligen Residenz S. Sebastian, das Literaturhaus in dem Haus, in dem im 19. Jahrhundert der Dichter Antero de Quental zehn Jahre lang gelebt hat, ein Klöppelmuseum, das Theater und ein Kino und eben die Galeria Solar. Mit der vor kurzem fertiggestellten Verbindung zwischen der Galerie und dem etwa acht Meter unter ihr liegenden Platz ist nun der erste Schritt getan für die Umsetzung des städtebaulichen Konzepts, das vorsieht, einen öffentlichen Weg zu schaffen, der all diese kulturellen Orte untereinander verbindet, teilweise durch sie hindurchführt und so en passant die Kultur in den öffentlichen Raum bringt. „Die Leute kommen mit Kunst in Berührung, einfach so, indem sie durch die Stadt gehen“, erläutert Manuel Maia Gomes, der Stadtarchitekt, der hier gleichzeitig für die Ausführung verantwortlich zeichnet, das Konzept.
Fallstricke der öffentlichen Wegeführung
Ein weiterer Abschnitt der Durchwegung ist bereits geplant, er soll durch die beiden angrenzenden Blocks hindurch, vorbei an einer Einkaufspassage erst zum Klöppelmuseum und dann weiter zum Theater führen. Allerdings blockieren beim mittleren Block Verhandlungen mit einem privaten Grundstücksbesitzer die Realisierung.
Man kann die städtebauliche Haltung, die Manuel Gomes hier einnimmt, eine Strategie der subtilen Verflechtung nennen. Sie ist auch beim Umbau der Casa S. Roque bis ins architektonische Detail umgesetzt – die Galerie ist im Erdgeschoss in einer Reihe von bestehenden Räumen um einen schmalen, langen Lichthof herum eingerichtet. Die dicken Granitmauern wurden so für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht. Sie kontrastieren mit einem neuen, kraftvoll-monolithischen Baukörper aus dunkelrot-pigmentiertem Beton, der hier angefügt wurde. In diesem Neubauteil untergebracht sind eine lange, einläufige Treppe und ein Aufzug in einem Zylinder, der die öffentliche Verbindung vom Altbau zu dem in den 1980er und 1990er Jahren erbauten Platz herstellt. Die Passage ist von frühmorgens bis Mitternacht geöffnet. Sie führt direkt zur Galeria Solar und zu einem städtischen Buchladen, wird aber auch als Ausstellungsfläche für Bilder, Skulpturen und Videokunst genutzt. Am Ende der Passage sind ein für das 16. Jahrhundert charakteristischer Stein-Portikus und einige Stufen als Zeugen des Originalbaus integriert. Im Neubau sind in die kräftig roten, dicken Wände Öffnungen geschnitten, die ausgewählte Ausblicke auf die Stadt und einige ihrer Baudenkmale rahmen. Belichtet wird die Passage neben seitlichen Fenstern von einer Wand aus transluzentem Glas. Sie ist das prägende Element der Durchwegung. „Das farbige Glas hilft bei der Überleitung vom historischen Gebäude zum Neubau“, sagt Gomes. Diese Farbigkeit verleiht der Passage ein überschwengliches Moment. Die oberen Geschosse des Altbaus wur­den zu Studentenunterkünften umgebaut mit 18 Zimmern, Küchen und Gemeinschaftsräumen. Während im unteren, öffentlichen Teil des Hauses die Oberflächen rau und unbehandelt und die Böden aus Stein oder Zement sind, haben die Wohnbereiche verputzte Wände und Holzböden. Die alten Fensteröffnungen wurden wiederhergestellt, es gibt einige dramatische Elemente wie ein kegelförmiges Oberlicht. Auch in solchen Details hat der Architekt die Strategie des kraftvollen Nebeneinanders von Alt und Neu überzeugend umgesetzt.



Fakten
Architekten Gomes Maia, Manuel, Lissabon
aus Bauwelt 34.2011
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