Bauwelt

„Wir sprechen von Faksimile, nicht von Kopie“

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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    Im Spätsommer des Jahres 1940 entdecken die vier Jugendlichen Marcel Ravidat, Jacques Marsal, Georges Agnel und Simon Coencas in einer Höhle bei Montignac in der Dordogne ein weltweit einzigartiges kulturelles Erbe.
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    Im Spätsommer des Jahres 1940 entdecken die vier Jugendlichen Marcel Ravidat, Jacques Marsal, Georges Agnel und Simon Coencas in einer Höhle bei Montignac in der Dordogne ein weltweit einzigartiges kulturelles Erbe.

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„Wir sprechen von Faksimile, nicht von Kopie“

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Snøhetta und Duncan Lewis haben den Wettbewerb für das neue Besucherzentrum der Höhle von Lascaux gewonnen. In dem 34-Millionen-Euro-Projekt soll die dritte Nachbildung der vor mindestens 17.000 Jahren ausgemalten Höhle entstehen. Wir sprachen mit Duncan Lewis über die Hintergründe des Vorhabens.
Die Höhle von Lascaux im Südwesten Frankreichs gilt manchen als die „Sixtinische Kapelle des Paläolithikum“, jedenfalls aber als ein früher Höhepunkt menschlichen Kunstschaffens: „Wir haben nichts Neues gelernt“, soll Picasso gesagt haben, nachdem er die Malereien studierte hatte. Kein Wunder, dass der Andrang groß ist im Vézère-Tal unweit der Stadt Montignac. Kein Wunder aber auch, dass der gemeine Besucher seit Jahrzehnten nur Reproduktionen der steinzeitlichen Malerei, etwa 200 Meter von der eigentlichen Höhle entfernt, betrachten kann. Und es sind heute auch nicht einmal sämtliche der entdeckten uralten Bilder. Wenn 2015 das neue Besucherzentrum eröffnet wird, soll diese Einschränkung aber der Vergangenheit angehören – dann nämlich soll dem Besucher eine komplette Nachbildung zugänglich sein. Snøhetta und Duncan Lewis wollen das „Internationale Zentrum für Höhlenkunst“, so der offizielle Name, am Übergang vom Tal zum Hügel in diesen hineinschieben und mit einer breiten, mal transparenten, mal opaken Glasfassade in Richtung Montignac öffnen. Hinter ihr werden Foyer, Rezeption und Restaurant angeordnet. Die eigentlichen Ausstellungsräume hingegen sollen sich ins Innere des Hügels erstrecken. In ihnen wird der Besucher so geführt, als liefe er durch die originale Höhle. Zwischen dem Foyer und den Ausstellungsräumen haben die Architekten den Informationsbereich des Zentrums für Höhlenkunst angeordnet, der, über schlitzförmige Öffnungen belichtet, die in die Oberfläche des Hügels geschnitten werden, eine sakrale Stimmung vermittelt. Hier wird der Besucher seinen Rundgang beginnen – ausgerüstet mit einem schützenden Cape und einer interaktiven Taschenlampe


Duncan Lewis, warum soll die Höhle von Lascaux ein drittes Mal kopiert werden?
Wir sprechen nicht von einer Kopie, sondern von einem Faksimile. Waren Sie schon einmal vor Ort? Die eigentliche Höhle, die 1940 von vier Jungs und ihrem Hund entdeckt wurde, liegt unter einem bewaldeten Hügel und ist schon seit 1963 für die Öffentlichkeit gesperrt, um die wertvollen Malereien aus der Steinzeit vor Schäden zu bewahren. Deshalb wurde die Höhle reproduziert – allerdings nur in Teilen, und zwar mit dem „Raum der Stiere“ und dem „Axialen Divertikel“. Das war damals ein ziemlich originelles Projekt, und deshalb ist diese Reproduktion seit kurzem ebenfalls denkmalgeschützt. Auch Lascaux II wird also künftig nur noch für wissenschaftliche Zwecke offenstehen. Für die vielen Interessierten, die die Malereien gerne sehen, aber nicht Lascaux III hinterher reisen möchten, die seit den achtziger Jahren als Wanderausstellung durch die Welt zieht, war daher eine weitere Reproduktion erforderlich.
 
Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie in Lascaux IV?

Wir gehen von etwa 400.000 im Jahr aus.

Warum wird das neue Besucherzentrum mit dem Höhlen-Nachbau nicht direkt neben Lascaux II gebaut?
Sehen Sie, der ganze Hügel ist inzwischen UNESCO-Weltkulturerbe. Deshalb muss auch der große Besucherparkplatz verschwinden, der seinerzeit neben Lascaux II angelegt wurde. Die Vibrationen, die der Autoverkehr auslöst, schädigen die originalen Malereien. Es fehlt in Zukunft dort also die nötige Infrastruktur, um den Besuch abzuwickeln.

Wie soll Lascaux IV hergestellt werden?
Wir wollen auf die Erfahrungen zurückgreifen, die mit Lascaux II gesammelt wurden. Unser Faksimile soll im Großen und Ganzen auf die gleiche Weise produziert werden – aber mit dem Ziel einer viel präziseren Wiedergabe des Originals.

Wie wollen Sie dies erreichen?

Die Höhle wird mit einem 3D-Scanner in ein digitales Modell verwandelt. Damit lassen sich sehr präzise Formen herstellen, um das Faksimile in mehreren Abschnitten anzufertigen. Wir nutzen dafür eine Art Glasfasergewebe von 5 bis 8 Millimeter Dicke, bei dem die Fasern aber nicht zu sehen sind. Die Malereien werden mit einer 3D-Kamera fotografiert und dann auf die Gussformen projiziert.

Wie haben Sie die architektonische Fassung der faksimilierten Höhle konzipiert?
Die Schwierigkeit lag vor allem in der Größe des Faksimile: Die Höhle ist bis zu 16 Meter hoch und hat eine Gesamt­oberfläche von rund 1600 Quadratmetern. Wir haben uns gefragt, wie wir dieses Objekt in die Architektur und die Landschaft integrieren können. Das Programm für das Besucher-
zentrum sah nur eine Gebäudehöhe von bis zu acht Metern vor. Deshalb haben wir uns entschlossen, das Faksimile unter freiem Himmel zu präsentieren. Doch sollen am vorgesehenen Bauplatz zunächst Ausgrabungen durchgeführt werden, und dies können wir uns zu Nutze machen, indem wir den Aushub an Ort und Stelle anschütten – eine Art Modelliermasse, um das rätselhafte Objekt „Lascaux IV“ und die Architektur miteinander zu verbinden. 




Fakten
Architekten Snøhetta, Oslo; Duncan Lewis
Adresse 24290 Montignac Frankreich


aus Bauwelt 46.2012
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