Bauwelt

„Manche Bewegungen wird man erst später verstehen.“

Text: Ballhausen, Nils, Berlin

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Nils Ballhausen

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Nils Ballhausen


„Manche Bewegungen wird man erst später verstehen.“

Text: Ballhausen, Nils, Berlin

Interview mit dem Associate Partner von BIG Kai-Uwe Bergmann
Herr Bergmann, wäre ein Projekt wie das 8-Haus in Deutschland möglich?
Kai-Uwe Bergmann | Ich habe das 8-Haus in den vergangenen Wochen in Aachen, Wiesbaden, Stuttgart, Karlsruhe und Konstanz präsentiert. Die deutschen Kollegen wünschten, so etwas wäre auch bei ihnen möglich, sahen allerdings Unterschiede im politischen und wirtschaftli­chen Klima. Die Investoren, ob Banken oder Pen­sionsfonds, wollen das Risiko so gering wie möglich halten. In Dänemark pflegt man eine gesündere Beziehung zum Risiko.
Und es gibt Bauherren wie Per Høpfner.
KUB | Er hat großes Vertrauen in Bjarke und in BIG und setzt alle Gewinne auf das nächste
Projekt. Deren Größe hat sich von Mal zu Mal verdoppelt. Es ist bewundernswert, dass ein privater Bauherr etwas über die Bühne bringt, das so viele andere Großunternehmen und Städte nicht schaffen.
Worin bestand das Risiko beim 8-Haus?
KUB | In der Größenordnung. Wir alle kennen die Bausünden der 60er und 70er Jahre, wir kennen das industrielle Bauen und den Plattenbau, da gibt es viele missratene Beispiele, die negative Konnotationen verursacht haben. Das 8-Haus besteht überwiegend aus Fertigbetonteilen, ist also dem Plattenbau recht ähnlich, doch hier hat das Soziale genauso viel Gewicht wie die Behausung.
Aber kann hier eine soziale Mischung entstehen? Eigentumswohnungen leistet sich nur eine gewisse Klientel. Worin besteht der Unterschied zu einer Gated Community?

KUB | Skandinavien, und speziell Dänemark, hat in gewisser Weise eine homogene Gesellschaft, auch wenn Immigration zurzeit ein gro­ßes Thema ist. Aber sämtliche Minderheiten anzusprechen ist nicht die Art von Vielseitigkeit, die wir suchen. Wir wollen Menschen verschiedener Altersgruppen und Lebensphasen erreichen, junge Familien, Eltern, deren Kinder ausgezogen sind, Singles, die nicht weit zur Arbeit pendeln wollen. Dieses Haus ist dank der Quadratmeterpreise von 2500 bis 4000 Euro für breitere Bevölkerungsschichten zugänglich als etwa Häuser in der Innenstadt.
Was ist, wenn die Umgebung auf nicht absehbare Zeit leer bleiben wird?
KUB | Vor kurzem wurde gemeldet, dass fünf Pro­­jekte, die auf Eis lagen, demnächst Baubeginn haben. Das 8-Haus wird in zwei Jahren fünf Geschwister haben. Die gesamte Planung von Ørestad-Syd besteht aus zwanzig Baufeldern. Un­ser Haus steht jetzt frei und wirkt dadurch noch größer. Wenn die anderen Gebäude realisiert sind, wird man manche der Bewegungen, die wir mit dem Bau gemacht haben, besser verstehen. Die beiden Plätze, die jetzt angelegt sind, sind erst zusammen mit der künftigen Nachbarbebau­ung zu begreifen.
Das 8-Haus ist das größte privat errichtete Wohngebäude, das jemals in Dänemark gebaut wurde. Wie will BIG sich noch steigern?
KUB | Eines der Projekte in Manhattan, an denen wir im Moment arbeiten, hat eine Fläche von 90.000 Quadratmetern, ist also noch größer als das 8-Haus, aber nach dem Prinzip des Karrees angelegt. In den riesigen Blocks in New York, deren Grundfläche oft komplett bebaut ist, arbei­ten und wohnen Leute, die nicht mitbekommen, welches Wetter draußen ist. Das Karree nach New York zu bringen, mit einem offenen In­nenhof, das ist ein Luxus, von dem sich unser Bauherr viel verspricht.
Dürfte es zwischendurch auch einmal etwas Klei­neres sein, vielleicht eine Baulücke?
KUB | In Oslo arbeiten wir tatsächlich gerade an einer Baulücke. Der Bauherr hat nach jahrelanger Recherche zehn Grundstücke von der Stadt erworben und arbeitet jetzt an seinem vierten Projekt. Er sucht sich dazu Architekten, die durch genaue Analyse und Interpretation der Bauvorschriften zu einer besonderen Gestaltung gelangen. Da geht es um 20 Wohnungen mit 1800 Quadratmetern, aber wir haben genauso viel Freude daran wie am 8-Haus.
Fakten
Architekten BIG – Bjarke Ingels Group, Kopenhagen
aus Bauwelt 42.2010
Artikel als pdf

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