Bauwelt

Großformatdruck für den realen Maßstab

Text: Palz, Norbert, Berlin

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Foto: Enrico Dini

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Helical Holes von Rinus Roelofs (2010) – 3D-Druck eines digital modellierten, kontinuierlichen Volumens.
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Helical Holes von Rinus Roelofs (2010) – 3D-Druck eines digital modellierten, kontinuierlichen Volumens.

Foto: Enrico Dini


Großformatdruck für den realen Maßstab

Text: Palz, Norbert, Berlin

Mit heutigen 3D-Druckern lassen sich Modelle erzeugen, aber eben nur Modelle. Für einen größeren Maßstab bleibt der Einsatz dieser Technologie noch lange Zeit Vision. Mit besonders großen Druckern, Epoxidharz und Natursteingranulat kommt Enrico Dini in Pisa dieser Vision näher.
Additive Fabrikation beschreibt einen Herstellungsprozess mit dem digital erzeugte volumetrische Geometrien im Materie umgesetzt werden. Der Körper wird dabei durch eine Serie von vertikalen Schnittebenen, die durch das Objekt gelegt werden, approximiert. In einem sukzessiven Prozess dient diese topographische Höheninformation der Ansteuerung eines Lasers oder Druckkopfs, die eine lokale Härtung der verwendeten Materialen über fokussiertes Licht oder Bindemittel steuern. Die Vorteile solcher Verfahren liegen in der Erhöhung der geometrischen Komplexität der Objekte. Die Fertigungstoleranz orientiert sich ausschließlich an den Randbedingungen der verwendeten Fabrikationstechnologie und den fortschreitenden Möglichkeiten digitaler Modellierungstechniken.
Prototypen und Produktdesign
Bislang wurden diese Verfahren hauptsächlich bei der Herstellung funktionaler Prototypen und als leistungsfähiges Modellbauwerkzeug zur Erstellung von komplexeren Geometrien im Bereich der Architektur verwendet. Im Zuge der technologischen Reifung erweiterte sich die Materialauswahl und Festigkeit der erstellbaren Objekte. Medizinische, militärische und aeronautische Anwendungen kamen hinzu.
Der von dem italienischen Maschinenbauer Enrico Dini entwickelte Dshape-Prozess (http://dshape.com) baut auf dieser Fertigungstektonik auf und überführt sie in eine architektonische Maßstäblichkeit. Dabei geht ein mit Metalloxidspänen versetztes Natursteingranulat  im Verlauf des  Bauprozesses mit dem punktuell ausgespritzten Harz eine kraftschlüssige Verbindung ein. Dieses künstliche Gestein erreicht eine Festigkeit, die mit dem von Leichtbeton vergleichbar ist (14.6 N/mm nach UNI EN 1926:2007). Der zur Verfügung stehende Bauraum hat die Form eines Blocks mit einer Kantenlänge von sechs Metern und erlaubt so die additive Fabrikation von größeren Bauelementen. Durch die stabilisierende räumliche Wirkung des nichtgehärteten Granulats, das während des Herstellungsrozesses im Bauraum verbleibt, sind überhängende, irreguläre Freiformgeometrien möglich. Der Materialauftrag erfolgt dabei in Schichtdicken von fünf bis zehn Millimetern und hinterlässt fertigungstypisch horizontale Spuren, die später überarbeitet oder als gewünschtes Ornament belassen werden können. Bislang wurde mit der von Enrico Dini entwickelten Technologie ausschließlich in seinem Unternehmen in Pisa produziert. Im nächsten Jahr soll eine Fertigungsstätte in Berlin errichtet werden.
Um die Leistungsfähigkeit der Technologie unter Beweis zu stellen, fabrizierte Dini 2008 eine etwa drei Meter hohe Plastik einer Radiolarie nach Ernst Haeckel. Neben Auftragsarbeiten im Kunstbereich widmet sich DShape auch der Erforschung experimenteller und neuartiger Anwendungen dieses additiven Verfahrens. So widmen sich Studien beispielsweise der Fabrikation mit Mondstaub-Material (Ceccanti, et al. 2010), welche für die European Space Agency (ESA) und Foster + Partner untersucht werden, oder der Anwendung der Technologie für vorfabrizierte komplexere Bauelemente. Letztere wird mit dem Spatial Information Architecture Lab (SIAL) unter der Leitung von Mark Burry in Melbourne durchgeführt.
 
Entwurf und Fabrikation
Obwohl sich diese Technologie in einem frühen Entwicklungsstadium befindet, sind in ihr genügend Aspekte erkennbar, die sich einschneidend auf die Art und Weise, wie wir in Zukunft bauen und entwerfen werden, auswirken könnten. Digitale Prozesse der Form- und Topologieoptimierung, die in der Regel biomorphe Strukturen aus einer generativen Analyse entwickeln, können so mit einer Fertigungstechnologie gekoppelt werden. Diese erlaubt es, geometrisch komplexe Bauteile zu fabrizieren, zum Beispiel druckbeanspruchte Tragstrukturen, deren Materialeinsatz optimiert ist. Damit kann die essentielle Verankerung von resourcenschonenden Aspekten in eine konstruktive und gestalterische Entwurfstätigkeit optimiert werden. Durch die additive Fertigungstektonik ließen sich neben Tragwerksfunktionen auch lokal kalibrierte versorgungstechnische Komponenten direkt in die Struktur implementieren. Daraus kann sich eine Typologie von Bauelementen entwickeln, die eine neuartige Fügungstektonik von Bauteilen liefert, was zu einer Veränderung des klassischen gestaltgebenden Elementes der Baukonstruktion führen kann. Am Lehrstuhl der Berliner Universität der Künste für Digitales und Experimentelles Entwerfen werden diese Potenziale in konstruktiver und konzeptioneller Hinsicht untersucht.

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