Flucht ins Beton-Gold
Nachlese zur Expo Real 2012 in München
Text: Brensing, Christian, Berlin
Flucht ins Beton-Gold
Nachlese zur Expo Real 2012 in München
Text: Brensing, Christian, Berlin
38.000 Besucher aus 71 Ländern und 1700 Aussteller aus 31 Ländern (ein Plus von 5 Prozent zum Vorjahr) stehen für eine robuste Immobilienwirtschaft. In den sechs gut gefüllten Messehallen schienen Finanz- und Eurokrise allenfalls ferne Menetekel zu sein. Zumindest in Deutschland lässt sich der Immobilienmarkt noch nicht aus der Ruhe bringen.
Die Flucht in Sachwerte – „Beton-Gold“ – geht in die nächste Runde. 27 Milliarden Euro (Quelle: Jones Lang Lasalle) wurden im Emea-Raum (Europa, Naher Osten, Afrika) im zweiten Quartal 2012 in Gewerbeimmobilien investiert – eine Steigerung von 17 Prozent gegenüber dem ersten Quartal. Auf Deutschland bezogen, bedeutet das Investitionen von 9,4 Milliarden Euro (erstes Halbjahr 2012), davon flossen 3,1 Milliarden aus dem Ausland.
Die Einzelhandelsimmobilie (alles, vom klassischen Ladengeschäft bis zur Passage) steht in der Beliebtheit unangefochten vor Büro, Logistik, Wohnen und Hotel. Nach Großbritannien avanciert Deutschland damit zum zweitgrößten europäischen Markt für Handelsimmobilien – mit einem Transaktionsvolumen von rund drei Milliarden Euro, die Hälfte davon durch ausländische Investoren. Getrieben wird das Ganze vom Optimismus, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren auf Wachstumskurs bleibt und die Konsumlaune anhält. Ziel der Begierde sind nicht mehr die Shopping-Center auf der grünen Wiese, sondern in besten Innenstadtlagen. Die alten Warenhäuser dümpeln weiter vor sich hin, eine langfristige Rettung von Karstadt & Co. ist nicht in Sicht.
Wer handelt bevorzugt mit Immobilien? Noch nie stauten sich solche Kapitalmengen (für Europa geschätzte 58 Milliarden Dollar), die der europäische Markt aber offenbar nicht aufnehmen kann. Die Präsenz der Banken auf der Expo Real schwindet: Die Eurohypo wird abgewickelt und war folglich nicht mehr vertreten; viele andere hatten längst nicht mehr den Stellenwert wie vor Jahren. Offene Immobilienfonds laufen nach den Plänen der Bundesregierung aus, im Gegenzug gewinnen Immobilienaktien, Versicherungen, globale Staatsfonds und außereuropäische Pensionskassen an Bedeutung – die deutsche Immobilie als Konjunkturstütze, oder gar als Krisenpuffer, nimmt konkretere Züge an.
Ein Thema, um das sich die Gespräche drehten, war die Zunahme an Generalplanern. Frank Reineke von WSP, einem Unternehmen für „ganzheitliche Planungsaufgaben“, erklärt das so: „Bauherren möchten nur einen gesamtverantwortlichen Planungspartner haben, der die verschiedenen am Bau beteiligten Akteure unter einen Hut bringt. Deshalb sprechen sie vermehrt Unternehmen an, die eine breite Ingenieurkompetenz im eigenen Haus haben und nicht nur reine Architekturleistungen anbieten.“ Ein Rundum-sorglos-Paket, in einer immer mehr über die Finanzen gesteuerten Immobilienwelt.
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