Bauwelt

Bürgerbeteiligung: Immobilienent­wickler auf neuen Wegen?

Nachlese zur Expo Real 2012 in München

Text: Escher, Grudrun, Xanten

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Foto: Messe München GmbH

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Bürgerbeteiligung: Immobilienent­wickler auf neuen Wegen?

Nachlese zur Expo Real 2012 in München

Text: Escher, Grudrun, Xanten

Immobilieninvestoren kaufen nicht nur Gebäude und Mietverträge, sondern auch die Standortqualität, das von Anwohnern und anderen Raumnutzern geprägte Milieu. Nur wenn alles reibungslos ineinander greift, stellen sich langfristige Renditen ein.
Auf einem en­ger werdenden Markt wie dem deutschen, wo um die Spitzenprodukte hinter den Kulissen Bietergefechte ablaufen, sind diejenigen, die leer ausgehen, gezwungen, sich dort umzusehen, wo sich Problemlagen abzeichnen – die sich dann gewinnbringend optimieren lassen. Dafür kommen Berater ins Spiel, die ihrerseits Neues anbieten müssen. Etwa BulwienGesa, ein Immobilienmarktforschungs- und Beratungsunternehmen, oder die DSK Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft. Beide haben die Bürgerbeteiligung für sich entdeckt und Anfang Oktober auf die Expo Real mitgebracht – mit erstaunlichem Echo.
Nun sind Beteiligungsverfahren (jenseits der im Baugesetz vorgesehenen Auslegung oder Quartiersbetreuer) ja nicht neu, im Gegenteil, es zeichnet sich eine Inflation von Bürgerbefragungen und -foren ab. Diese bergen jedoch die Gefahr, ins Leere zu laufen und Alibiveranstaltungen ohne greifbare Konsequenzen zu bleiben. Doch wenn sich die Nachrichten häufen, dass Logistikzentren, Rathausneubauten oder ganze Wohnquartiere an Bürgerprotesten oder bereits deren Androhung scheitern, steigt das Bedürfnis nach neuen Wegen der Interessensabwägung. Schließlich geht es um viel Geld und Reputation auf allen Seiten. Und es geht um die Zukunft der Stadt. Die Plattformen dsk-viu.de der DSK und zivilarena.de von BulwienGesa bieten als Ausweg die Diskussion im Netz, gut vorbereitet, fachlich moderiert, zusammengefasst und kommuniziert. Die Zivilarena besticht bei ihrem Internetauftritt mit einer Dokumentation aller Beiträge samt Fachwörterbuch, das auch Planern ohne Netzbeteiligung zu empfehlen ist. Bis­herigen Bürgerforen nach dem Motto „wie soll deine Stadt in zehn Jahren aussehen“ fehlt meist die Nähe zur Immobilienwirtschaft d.h. zu denjenigen, die Verfahren und Realisierung bezahlen sollen. Andreas Schulten, der für BulwienGesa an der Zivilarena mitwirkt, brachte da in eine online-Diskussion um Mischquartiere andere Aspekte ein: Fein granulierte Strukturen gälten wegen ihrer besseren Wandlungsfähigkeit langfristig als ökonomischer und humaner – sie seien allerdings meist spürbar teurer in der Erstellung: „Der Mut zu mehr Mischung besteht hier vor allem in dem Mut, mehr für diese Qualität zu bezahlen und eine Ausgrenzung von Menschen mit geringem Einkommen stillschweigend zu billigen – ähnlich wie beim Konsum von Bio-Fleisch.“
In den Diskussionen auf der Messe kamen natürlich Bedenken zur Sprache: dass sich oft nur diejenigen zu Wort meldeten, die dagegen sind; wie Eigentumsrechte angemessen berücksichtigt werden können; wer eigentlich die Ergebnisse letztlich verantwortet. Man müsse aufpassen, dass gute Projekte nicht zerredet werden, andererseits könnte Beteiligung beschleunigend wirken – wenn zum richtigen Zeitpunkt eingeplant. Aber dazu seien professionell begleitete Verfahren notwendig.
Alle waren sich einig, dass an der Partizipation auf Dauer kein Weg vorbeigeht und das nicht nur, weil sie ein Kriterium für Nachhaltigkeitszertifikate der DGNB ist. Klaus-Peter Hesse, Geschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschusses e.V., meint, das Netz mobilisiere und wer das ausschalten wolle, sei schlecht beraten. Kommunen und Immobilienwirtschaft kommen nicht umhin, einerseits mehr Basisdemokratie zu lernen und andererseits in größeren Zusammenhängen auf Quartiersebene zu denken, denn Bürgerproteste richten sich meist darauf, wie das Vorhaben das Quartier oder die ganze Stadt verändert. Die Zeitstandardisierter Immobilien-Ratings als alleinige Wertmaßstäbe und Handlungsvorgaben für Investoren scheint abzulaufen.

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