Kooperative Standards
Text: Minet, Paulina, Konstanz
Kooperative Standards
Text: Minet, Paulina, Konstanz
Der Begriff „Standard“ bezeichnet allgemeingültige Regeln, Normen und Handlungsgrundsätze, also die übliche Art und Weise, etwas durchzuführen. Dabei handelt es sich häufig um robuste, defensiv angelegte Mittelwerte. Demgegenüber stehen die „Kooperativen Standards“ der gleichnamigen Publikation von Marieke Behne, Justus Griesenberg und Christoph Heinemann, die im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit an der HafenCity Universität Hamburg entstand. „Kooperative Standards“ meinen offensive Vereinbarungen, die auf individuellen Erfahrungen sowie spezifischen Bedarfen beruhen und so-mit Möglichkeitsräume und Handlungsfreiheit eröffnen.
Subsumiert in einem Schuber, präsentieren sieben schlanke Hefte architektonische Konzepte zum gemeinschaftlichen Wohnen, Arbeiten und Feiern. Einblicke in sieben Projekte durch Interviews mit den jeweiligen Entwerferinnen werden durch Biografien, Fotos und Pläne ergänzt. Der Fokus liegt dabei auf einzelnen räumlichen Elementen, Qualitäten und programmatischen Prinzipien – die bereits in den jeweiligen Titeln benannt werden. Sie liefern Inspiration und Werkzeuge für gemeinschaftliche Räume.
Die Zusammenstellung weist eine große Bandbreite an Entstehungszeiten, Orten und architektonischen Sprachen auf. Projekte, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner aktiv werden, Partizipation leben und kollektive Faktoren einbeziehen, geben Antworten auf Probleme und präsentieren Lösungsansätze von besonderer Qualität. So zeigt Jesko Fezer mit Fette Betonplatte, wie Bauprozesse parallel ablaufen können: Während unten der Barbetrieb aufgenommen wurde, konnte oben weitergebaut werden. Große Balkone von Inken Baller am Fraenkelufer thematisieren hingegen das Miteinander von Mensch und Natur. Weiterführend experimentieren Lars Fischer und Rachel Himmelfarb von common room sowie Sander Rutgers von LDSRa mit zwischenmenschlichen Beziehungen in Form eines Gerüsts im Innenhof. Auch das bewohnte Gewächshaus von Lacaton & Vassal ist Teil der Heftreihe – jedoch ist dieses Heft ausschließlich auf Französisch. Mit der kollek-tiven Betriebswohnung Schlor zeigt Gabu Heindl neue Lösungen für den Umgang mit Baurecht und Finanzierungsfragen auf, während Alice Edgerly von Assemble die Gemeinschaft in ihrem Projekt Geheimer Wintergarten in Liverpool auf eine städtebauliche Ebene führt und einen Treffpunkt für die Nachbarschaft schuf. Abschließend schreibt Kamiel Klaasse von NL Architects über breite Laubengänge in Amsterdam und die Aktivierung gemeinschaftlicher Flächen des kollektiven Gedächtnisses.
Auch wenn die Heftreihe damit vorerst endet, scheinen uns weitere Kooperative Standards zu erwarten. Die leicht zugängliche Sammlung – ideal für eine kurze Lesepause zwischendurch – ist als offenes Format angelegt.
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