Bauen in Italien – Erfahrungen 1996–2023
Architekten von Gerkan, Marg und Partner
Text: Meyer, Ulf, Berlin
Bauen in Italien – Erfahrungen 1996–2023
Architekten von Gerkan, Marg und Partner
Text: Meyer, Ulf, Berlin
„Ins Glück gestolpert“ ist das Büro gmp in Italien – so beschreibt es Volkwin Marg, der zunächst recht aus dem Blauen heraus den Wettbewerb für den Bau der neuen Messehallen in Rimini gewann. Damals war die Einweihung der Messe Leipzig, die er entworfen hatte, noch frisch. Nach diesem ersten Erfolg von gmp in Italien 1997 baute das Büro bis 2023 zwölf weitere Gebäude wie den kleinen Flughafen Ancona, das Fußball-Stadion in Bozen oder ein Krankenhaus in Verona. Wie immer bei gmp dient die Publikation, in der die „Italienischen Erfahrungen“ in Wort und Bild zusammengetragen werden, zunächst der Nabelschau und sind aus Sicht des Büros gedacht und nicht des Lesers. Denn weite Teile des Buches dokumentieren ungebaute Projekte, für die sich heute nur wenige Leser noch en détail interessieren dürften. Lieber würde man mehr erfahren von Margs Ansatz, „keine Importarchitektur“ nach Italien zu liefern – denn dass er sich eingehend mit dem Land und seiner Baukultur beschäftigt, scheint in dem Buch nicht durch. Es ist vermutlich dem in Venedig lebenden Architekten Clemens Kusch zu verdanken, dass sprachlich, kulturell und organisatorisch stabile Brücken zwischen den Entwerfern in Aachen und Hamburg und ihren Bauherren in Italien gebaut wurden.
In einem kurzen Interview versucht Sebastian Redecke, langjähriger Bauwelt-Redakteur und ausgewiesener Italien-Kenner, Marg und Kusch einige Geheimnisse ihres Italien-Zugangs zu entlocken. Im Gespräch ist von Folgeaufträgen, aber auch von herben Enttäuschungen die Rede. Das Gros der Entwürfe blieb ungebaut, und der erste Entwurf bleibt der beste: Margs Entwurf für die „Fiera di Rimini“ orientierte sich an „der großen Tradition der Emilia Romagna“, so Marg. Was das genau heißt, ist nicht ganz klar. Den Vorplatz vor der Säulenhalle der Messe etwa hat Marg durch Lichttürme markiert, wie man sie auch vom Hauptbahnhof in Berlin kennt – solche wiederkehrenden Motive gibt es bei gmp immer und überall. Die Rotunde der Messe in Rimini hingegen wird von einer eleganten Kuppel gekrönt, während die zwölf Ausstellungshallen von hölzernen, rautenförmigen Tonnendächern überspannt werden. Die Konstruktion basiert auf den von Friedrich Zollinger entwickelten netzartigen Dachgewölben. Der prominenteste Folgeauftrag der deutschen Architekten war der für den Palacongressi di Rimini, mit 9000 Sitzplätzen das größte Kongresszentrum Italiens. Sein Haupteingang hat die Form einer Muschel. Über ihm erhebt sich das halbkreisförmige Amphitheater, „eine Reminiszenz an das antike römische Theater von Rimini“, so die Entwerfer.
Charmant wirkt, dass die beiden deutschen Architekten Italien im Interview viel „Gelassenheit“ und „Respekt gegenüber Architekten“ attestieren. Nach dem Interview werden in dem Buch Dutzende von Projekten, gebaut und ungebaut, in kurzen Texten, Fotos und Zeichnungen vorgestellt. Ob die Texte von Redecke sind oder vom Büro stammen, wird nicht deutlich. In einem separaten Band liegt das Buch auch auf Italienisch vor. Auch das ist eine freundliche Geste gegenüber Italien.
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