Bauwelt

Stöckli in Selzach, Schweiz


Bauwelt-Preisträger 2023: das Leipziger Büro MeierUnger für ihr Auszughaus als Alterssitz


Text: Jan Meier, Lena Unger


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    Vollholzwände ohne Dämmungen, Folien, Kleber oder metallische Verbindungsmittel, ...
    Foto: Philip Heckhausen

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    Vollholzwände ohne Dämmungen, Folien, Kleber oder metallische Verbindungsmittel, ...

    Foto: Philip Heckhausen

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    ... ein Kalkmörtelboden mit ornamentierten Oberflächen, maschinelle Schnitzereien, Bemalungen von Möbeln, ...
    Foto: Philip Heckhausen

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    ... ein Kalkmörtelboden mit ornamentierten Oberflächen, maschinelle Schnitzereien, Bemalungen von Möbeln, ...

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    ... nachhaltiges Heizen mit nur einem Kamin und vieles mehr konnten die Architekten im Auszughaus umsetzen.
    Foto: Philip Heckhausen

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    ... nachhaltiges Heizen mit nur einem Kamin und vieles mehr konnten die Architekten im Auszughaus umsetzen.

    Foto: Philip Heckhausen

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    Lena Unger und Jan Meier absolvierten ihr Studium in Weimar und Zürich. Nachdem sie in Büros in der Schweiz gearbeitet haben, gründeten sie 2016 ihr eigenes Architekturbüro in Leipzig. Parallel dazu sind sie an verschiedenen Universi­täten in der Lehre tätig.
    Foto: Philip Heckhausen

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    Lena Unger und Jan Meier absolvierten ihr Studium in Weimar und Zürich. Nachdem sie in Büros in der Schweiz gearbeitet haben, gründeten sie 2016 ihr eigenes Architekturbüro in Leipzig. Parallel dazu sind sie an verschiedenen Universi­täten in der Lehre tätig.

    Foto: Philip Heckhausen

Unsere Aufgabe war es, ein Auszughaus, in manchen Regionen der Schweiz auch „Stöckli“ genannt, zu entwerfen. Dieses steht den Altbauern als Alterssitz zu, wenn der Hof an die nächste Generation übergeben wird. Die Menschen, die über Jahrzehnte auf dem Hof gewohnt und den Lebensunterhalt der Familie erwirtschaftet haben, bleiben in der Gemeinschaft, jedoch verändert sich im Ruhestand die Art und Weise ihres Lebens. So verortet sich das neue Haus südlich des Gehöfts und spannt sich als langer Baukörper in Längsrichtung der Aareebene zwischen den dort typischen Bergketten auf. Im Gegensatz zum alten Bauernhaus öffnet sich der Neubau in die Landschaft. Die auf den Längsseiten durch Stützenreihen getragenen Lauben bilden zum einen den wichtigen Raum zwischen Landschaft und Innenraum und zum anderen schaffen sie mit den Schildern Richtung Süden und Norden einen kraftvollen Ausdruck. Das substanzi­elle Bedürfnis, sorgfältig und nachhaltig Lö­sungen zu entwickeln, welche wir aber ohne Recherche und Experiment nicht unmittelbar vorlegen konnten, war ein offen kommunizierter Umstand. Dass mit dem Experiment auch immer das Scheitern verbunden ist, mussten wir über die lange Entstehungszeit hinweg nicht mehr rechtfertigen. Und wir scheiterten! Aber nur, weil wir uns Normierungen, industriellen Regelhaftigkeiten und Produktionsabläufen entgegenstellten. Hinterfragten ob, wieso und warum etwas denn so zu sein hat, warum es einmal anders war, es heute anders ist und ob es denn überhaupt besser wäre. Diese Naivität führte uns mit dem Säger in den Wald, an CNC gesteuerte Abbundmaschinen, brachte uns mit einem Kalkmörtelmeister zusammen und ließ uns verborgene künstlerische Qualitäten alter Bauernmalerei entdecken. Das war möglich, weil wir Zeit hatten, um zu entdecken und Fragen zu stellen. Jan Meier, Lena Unger

Für die Realisierung des „Stöckli Scholl“ mussten Sie laut eigener Aussage viel recherchieren, experimentieren – und auch scheitern. Wie findet man einen Bauherrn, der sich auf diesen Prozess einlässt?

Das Finden einer Baufamilie ist nicht das Ergebnis einer Suche. Für uns ist die intensive, kooperative Zusammenarbeit entscheidend, und, dass man sich aufeinander einlässt. Der Bauherr des Stöckli Scholl besitzt durch seinen Beruf als biologischer Landwirt zudem die Fähigkeit, sich bewusst mit Prozessen auseinanderzusetzen, die an und für sich nicht der Norm entsprechen und die er sich durch Ausprobieren und Testen erarbeitet.

Wie sind Sie vorgegangen, von wem konnten Sie lernen?

Da uns keine zeitliche Limitierung für Planungs- und Bauablauf auferlegt war, konnten wir festgeschriebene Prozesse und das herkömmliche Bauen hinterfragen. Wir studierten historische Bautechniken und versuchten in unzähligen Musterstudien eine für uns richtige Annäherung zu erreichen.

Wo lagen für Sie die größten Schwierigkeiten – und wie haben Sie diese gemeistert?

Im Widersetzen gegen industrielle Normen lag für uns die größte Schwierigkeit. Gegen diese scheinbar alternativlos wirkenden Ansätze mussten wir uns zweifelsohne stark durch Experimente und das Entwickeln eigener Lösungen behaupten.

Konnten Sie auf Wissen aus Ihrem Studium zurückgreifen?

Wir wurden in unseren entwerferischen Haltungen von unterschiedlichen akademischen Kontexten geprägt. Das konstruktive Experiment hingegen wurde erst über die praktische Auseinandersetzung zu einem wichtigen Medium unserer Arbeit.

Auf den Bildern kann man im Hintergrund das traditionelle Bauernhaus erkennen, in dem die Bauherren vorher jahrelang gelebt hatten. Das Stöckli ist im Vergleich offen und elegant gestaltet, mit großen Fensteröffnungen ausgestattet. Sind dies Gestaltungswünsche der Bewohnerinnen oder hatten Sie hier freie Hand?

Grundlegend ist hier besonders der große Wandel in der Betrachtung des ländlichen Wohnens: Weg von der bloßen Schutzfunktion des alten Bauerhofs hin zu einer Wertschätzung der Landschaft und des Lebens in Beziehung mit dieser. Das ließ bei allen Beteiligten die Vorstellung einer Großzügigkeit der Öffnungen entstehen und eine neue Haltung gegenüber der Umgebung entwickeln.

Welche Erfahrungen aus diesem Projekt konnten Sie in Ihre Büropraxis mitnehmen?

Letztendlich nahmen wir mit, dass eigenständig entwickelte Lösungen außerhalb vorgegebener Normen in der Tat erfolgreich sein können und dass diese sogar für uns bessere, nachhaltigere Lösungen erzeugen. Überhaupt kamen wir zu der Einsicht, dass es einige alte Techniken, Materialien und Abläufe gegeben hat, die zu einer anderen Zeit bewährt waren und sich auch heute wieder bewähren könnten. Wir hoffen, hinsichtlich dieser Wissensphänomene in Zukunft noch viele Entdeckungen machen zu können.

Was ist Ihrer Meinung nach derzeit die größte Herausforderung für junge Architektinnen und Architekten, wenn man sich in die Selbstständigkeit begibt?

Vor allem sehen wir hier den Anspruch an einen gelingenden Umgang mit den großen zwingend erforderlichen Veränderungen, die für uns im Widerspruch zu Gelerntem und bereits Entstandenem stehen. Herausfordernd ist, sich dieser entscheidenden Aufgabe zu stellen, unermüdlich neue „gute“ Lösungen zu finden und stetig idealistisch-kritisch zu hinterfragen.



Fakten
Architekten MeierUnger, Leipzig
Adresse Selzach, Schweiz


aus Bauwelt 6.2023
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