Bauwelt

Wohnungsbau in Vilvoorde


In der industriell geprägten Brüsseler Peripherie gibt es Platz zum Wohnen. Einzelne Neubauten des Quartiers in Vilvoorde stehen schon, die Stadt drumherum muss noch werden. Das Haus von Kempe Thill ist ein Pionier.


Text: Winterhager, Uta, Bonn


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    Zwischen Seekanal ...
    Foto: Ulrich Schwarz

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    Zwischen Seekanal ...

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    ... und Senne gruppieren sich 68 Wohnungen, Gewerbeflächen im Erdgeschoss und vier Reihenhäuser ...
    Foto: Ulrich Schwarz

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    ... um einen 31 x 19 Meter großen Hof herum.
    Foto: Ulrich Schwarz

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    ... um einen 31 x 19 Meter großen Hof herum.

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    Panoramafenster in der Eingangshalle auf der Südwestseite mit Blick in die Tiefgaragenzufahrt
    und Durchgang zum Hof.

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    Panoramafenster in der Eingangshalle auf der Südwestseite mit Blick in die Tiefgaragenzufahrt
    und Durchgang zum Hof.

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    Foto: Ulrich Schwarz

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    Die Wohnungen sind zwischen 85 und 190 Quadratmeter groß, die dreigeschossigen Reihenhäuser rund 140 Quadratmeter. 25 bis 30 Prozent der Wohnflächen entfallen auf Bal­kone und Terrassen.
    Foto: Ulrich Schwarz

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    Die Wohnungen sind zwischen 85 und 190 Quadratmeter groß, die dreigeschossigen Reihenhäuser rund 140 Quadratmeter. 25 bis 30 Prozent der Wohnflächen entfallen auf Bal­kone und Terrassen.

    Foto: Ulrich Schwarz

„Vilvoorde ist krass“, sagt Oliver Thill und meint damit nicht den Kern des Städtchens nordöstlich von Brüssel, sondern die dazugehörige stark zersiedelte und industriell geprägte Peripherie am Seekanal Brüssel-Schelde und dem parallel verlaufenden Flüsschen Senne. Kristiaan Borret, seit 2015 Stadtbaumeister von Brüssel, möchte die regionalen Industriestandorte erhalten, sie aber mit Wohnungsbau unterfüttern. Kapazitäten dafür schafft der Strukturwandel.
Für das neue Vilvoorder Stadtquartier 4 Fonteinen, dessen Name Bezug nimmt auf den direkt gegenüberliegenden historischen Landschaftspark Drie Fonteinen, entwickelte das Team ­BUUR, Urban Platform und evr-architecten 2018 ein Masterplan. Erste Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, die Ufer der kanalisierten Senne renaturiert, eine Fußweg- und Fahrradbrücke über den Kanal gebaut, ein Kulturzentrum als Zwischennutzung einer Fabrikhalle gegründet und auch einige Wohnbauten errichtet. So auch das Ende 2022 fertiggestellt Projekt Waterzicht von Atelier Kempe Thill. Doch der Weg vom rauen Hinterland zu einem lebenswerten und funktionierenden Stadtquartier ist noch weit.

Die kleinteilige Großform

Für den schmalen Abschnitt zwischen Kanal und Senne sieht der städtebauliche Plan eine Vermittlerrolle zwischen den großmaßstäblichen Industriebauten und der kleinteiligen suburbanen Wohnbebauung vor. „Kraftvolle Architekturen“ sollen das Kanalufer visuell befestigen. „Unsere Idee war es, einen skulpturalen Monolith zu bauen, der die unterschiedlichen Qualitäten und Orientierungen des Standortes bedienen kann“, erinnert sich Oliver Thill und erklärt damit die auffällige Höhenstaffelung und relative Kleinteiligkeit des Wohnhauses.
Fünf Geschosse mit einem achtgeschossigen Hochpunkt auf der Kanalseite sowie viergeschossige Köpfe und ein Appendix aus vier dreigeschossigen Reihenhäusern auf der Senneseite – aus einer fast wörtlichen Übertragung der städtebaulichen Vorgaben entstand auf dem 3440 Quadratmeter großen Grundstück ein bewegter Bau. Jede seiner Ansichten reagiert auf ihren jeweiligen Kontext, bezieht eine solide Position auf der einen Seite, spiegelt das Gegenüber auf der anderen Seite freundlich zurück, während die Flanken den Maßstabssprung übernehmen. Der Bau umgreift einen Hof, der mit 31 x 19 Metern nicht klein, in Relation zur Höhe des Hauses aber „eher vertikal proportioniert“ sei, so die Architekten. Neben den Reihenhäusern bleibt ein Durchgang vom Senneufer in den Hof offen. Was dieses Gebäude, das es allen Seiten recht machen muss, stärkt, ist sein Exoskelett aus umlaufenden Terrassen und Balkonen. Stützen und Balken, fein gefügte, profilierte Betonfertigteile, überzeichnen die Konstruktion, integrieren die Varianz von Höhen und Achsmaßen und erzeugen das markante Bild, mit dem das Haus auch den Auftrag erfüllt, Landmarke zu sein.
Für Kempe Thill ist Waterzicht die Fortsetzung ihrer Serie von Wohngebäuden mit tiefen umlaufenden Balkonen, die sich in ihrem Portfolio inzwischen zahlreich finden. Für den Typus „Stadtvilla“ ist das Gebäude mit 68 Apartments, vier Reihenhäusern und 886 Quadratmetern Gewerbefläche im Erdgeschoss fast zu groß, doch ist es an die gleiche ebenso zahlungskräftige wie anspruchsvolle Klientel adressiert wie etwa Niuew Zuid Housing in Antwerpen und der Wintergartenturm in Hasselt (siehe Beitrag ab Seite 52) und bietet suburbane Wohnqualität in ur­baner Dichte, selbst wenn die Stadt drumherum noch wachsen muss.
Entscheidende Merkmale sind neben der starken Identität des Hauses der eigene, meist großzügig dimensionierte Außenraum, hier als Dachterrasse, Balkon oder Minigarten und, da der Name Programm ist, der Blick aufs Wasser. Waterzicht trägt die Handschrift des Rotterdamer Büros, die Anmutung ist jedoch deutlich robuster als üblich bei Kempe Thill, fast schon industriell. Das Haus spielt mit dem Kontext, fügt sich ein und hebt sich ab. Erst aus der Nähe werden die in schmalen Stahlfassungen sitzenden Glasbrüstungen sichtbar, noch ein paar Schritte später erkennt man die feine Maserung des sichtbetonfarbenen Kalksteins, mit dem die Fassaden verkleidet sind. Die bronzefarben lackierten Aluminiumschiebefenster sitzen bodengleich in großen Öffnungen. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Wohnungen durchgesteckt, haben nicht nur den Blick aufs Wasser, sondern auch in den Gemeinschaftshof.
Drei der fünf Treppenhauskerne liegen in den hofseitigen Innenecken, in der Fassadengestaltung werden sie nicht thematisiert. Auch die nach außen gerichteten Erschließungen sind schmal proportioniert, dezent integriert und trotz Natursteinverkleidung keine große Geste, dafür schaffen sie eine direkte Verbindung in den Hof. Unter dem Haus liegt eine eingeschossige Tiefgarage, nicht nur für Pkw, auch für Fahrräder und Lastenräder sind Stellplätze vorhanden, der öffentliche Raum muss nicht zum Parken genutzt werden. In seiner Konsequenz ist Waterzicht ein Experiment, „in zwanzig Jahren wissen wir mehr“, sagt Oliver Thill. Auch, ob die sehr spezielle Zielgruppe bereit ist, sich aktiv am Stadtmachen zu beteiligen.



Fakten
Architekten Atelier Kempe Thill, Rotterdam – André Kempe, Oliver Thill, Kim van Kempen
Adresse Broekplein 7, 1800 Vilvoorde, Belgien


aus Bauwelt 4.2024
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