Bauwelt

Trias von Glaube, Verstand und Schönheit

Die 2. Biennale der Islamischen Künste im saudi-arabischen Dschidda

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

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    OMA hat die Ausstellungsarchitektur entworfen: doppelte, teils transluzente Gewebebahnen reichen vom Boden bis unter die Decke.
    Foto: Marco Cappelletti, courtesy of the Diriyah Biennale Foundation

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    OMA hat die Ausstellungsarchitektur entworfen: doppelte, teils transluzente Gewebebahnen reichen vom Boden bis unter die Decke.

    Foto: Marco Cappelletti, courtesy of the Diriyah Biennale Foundation

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    Ausgestellt werden 500 Objekte, die das Kuratorenteam aus rund 40 renommierten Institutionen aus 20 Ländern ausgeliehen hat.
    Foto: Marco Cappelletti, courtesy of the Diriyah Biennale Foundation

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    Ausgestellt werden 500 Objekte, die das Kuratorenteam aus rund 40 renommierten Institutionen aus 20 Ländern ausgeliehen hat.

    Foto: Marco Cappelletti, courtesy of the Diriyah Biennale Foundation

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    Als Ausstellungsort dient die Zeltdacharchitektur des Flughafens von Dschidda, ...
    Foto: Marco Cappelletti, courtesy of the Diriyah Biennale Foundation

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    Als Ausstellungsort dient die Zeltdacharchitektur des Flughafens von Dschidda, ...

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    ... 1981 vom amerikanischen Architekturbüro SOMfertiggestellt.
    Foto: Marco Cappelletti, courtesy of the Diriyah Biennale Foundation

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    ... 1981 vom amerikanischen Architekturbüro SOMfertiggestellt.

    Foto: Marco Cappelletti, courtesy of the Diriyah Biennale Foundation

Trias von Glaube, Verstand und Schönheit

Die 2. Biennale der Islamischen Künste im saudi-arabischen Dschidda

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

Der Flughafen der saudischen Hafenstadt Dschidda beeindruckt mit einer weit gespannten Haupthalle, unter der es nur so wuselt. Noch wuseliger muss es sein, wenn die Hauptsaison der Pilgerfahrt nach Mekka anbricht, der heiligen Stadt, die 60 Kilometer östlich liegt und von hier per Bus erreicht wird. Für die Ankunft der Pilger und Pilgerinnen dient ein eigener Bereich, das „Hajj Terminal“. 1981 vom amerikanischen Architekturbüro SOM fertiggestellt, besteht die Zeltdacharchitektur – im Grunde ein unentbehrlicher Sonnenschutz – aus zwei getrennten Abschnitten. Das westliche „Hajj Terminal“ wird derzeit als Ausstellungsgelände genutzt, zum zweiten Mal für die Islamic Arts Biennale, die als eine „ganzheitliche Plattform für neue Diskurse über Islamische Künste“ vorgestellt wird. Ausrichter ist die Diriyah Foundation, benannt nach dem Vorort der saudischen Hauptstadt Riad, wo im vergangenen Jahr und ebenfalls zum zweiten Mal eine Biennale zeitgenössischer Kunst stattfand. Die Fäden in der Hand hält das Kulturministerium. Man kann die Biennale – beide Biennalen – wohl als Puzzleteil in der Kulturoffensive des Königreichs verstehen, Teil dessen, was man als soft diplomacy bezeichnet.
Gut 500 Objekte hat das Kuratorenteam aus rund 40 renommierten Institutionen in 20 Ländern ausgeliehen, um „die“ Künste zu illustrieren, von Buchmalerei und Kalligrafie über Handschriften, zahllose edle Koranausgaben bis zu astronomischen und mechanischen Objekten, weiter zu Fragmenten aus Architektur und Dekor. Zeitgenössische Kunst kommt auch vor, eingestreut in den Rundgang über 10.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in drei verschachtelten Hallenkomplexen, das meiste draußen im Freien unter den konisch nach oben strebenden Gewebedächern, die mit 22 Meter Seitenlänge zwischen 45 Meter hohe Stahlträger gespannt sind.
Gegenüber den besten Museen Islamischer Kunst weltweit kann die Biennale mit einer Besonderheit aufwarten: mit Objekten aus dem heiligen, für Nicht-Muslime verbotenen Mekka und aus der zweitheiligsten Stadt Medina. Mit Vorhängen vor der kubischen Kaaba – samt dem geheimnisvollen schwarzen Stein als Objekt der allerhöchsten Verehrung –, die alljährlich neu gewebt werden und erstmals außerhalb von Mek-ka gezeigt werden, mit überdimensionalen Kerzenhaltern, mit einer Mondsichel als Minarettbekrönung, einer reich verzierten Regenrinne und einem der beiden eng beschrifteten metallenen Schlüssel, die seit dem 14. Jahrhundert weniger den tatsächlichen Zugang zur Moschee regeln als vielmehr den sozialen Status der zur Aufbewahrung berufenen Familie bezeugen.
Es geht um eine dezidiert islamische Perspektive, und was die islamische Welt eint, ist eben die Religion. Der erste Ausstellungsteil, mit „Albidayah“ (Anfang) überschrieben, überwältigt mit nie gesehenen Kostbarkeiten aus Mekka. Genau darum geht es: eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Heiligkeit der Objekte umstandslos in das spirituelle Ganze der Religion übergeht. Es folgen Koranhandschriften, eine ausgeschmückter als die andere, darunter auch ein Rarissimum: ein Koran in hebräischer Schrift. Geliehen hat ihn die Apostolische Bibliothek des Vatikans, die – wie man munkelt – mehr islamische Schriften bewahrt als irgendeine andere Institution.
Geleitet werden die Besucher durch die raumgreifend verteilten Großobjekte und die kleine-ren maßgefertigten Vitrinen, durch eine elegante Ausstellungsarchitektur, entworfen von OMA mit einem Team unter Leitung von Kaveh Dabiri. Doppelte, teils transluzente Gewebebahnen reichen vom Boden bis unter die Decke der bis zu 15 Meter hohen Pavillons. Von unten her innenbeleuchtet, verlieren sie sich optisch in unbestimmbarer Höhe. Der Parcours kennt nur Rundungen, an denen der Blick entlanggleitet.
Der Subtext: Ungläubige können den Islam vielleicht ansatzweise verstehen – in der Vollendung der Objekte bewundern, der Astrolaben, der metallenen Rechentafeln, der mathematischen Abhandlungen und astronomischen Berechnungen – aber eindringen in die Trias von Glaube, Verstand und Schönheit, die hier programmatisch vorgeführt wird, können sie kaum. Um so besser, dass die Ausstellung nach ihrem Auftakt immer weltlicher wird, dass sie aus dem Heiligtum in die Universität hinabsteigt und schließlich bei irdischem Prunk wie auch allzu irdischem Kriegshandwerk endet. Das nämlich zeigen zwei Privatsammlungen, die in den Parcours als drittes Kapitel unter dem Titel „Huldigung“ aufzunehmen den Veranstaltern offenbar sehr wichtig war. Die eine konzentriert sich auf den märchenhaften Reichtum an Edelsteinen, die der in-dische Subkontinent in seinen islamischen Fürstentümern zu Prunkstücken der Juwelierskunst verarbeitet hat, die andere schwelgt in Waffen und Rüstungen, die wiederum mehr dem Pres-tige ihrer Träger dienten als den Kriegszügen, zu denen die stets auf Expansion angewiesenen is-lamischen Herrscher immer wieder aufbrachen.
Die Vorgabe, all diese Preziosen ausstellen zu müssen und keines geringer zu schätzen, lässt die Biennale gegen Ende hin etwas fahrig wirken. Gerade die ersten Kapitel beeindrucken durch die Konzentration, durch das Herausstellen des jeweiligen Unikats. Wie kraftvoll wirkt beispielsweise der eine Steingut-Teller aus Samarkand mit umlaufender kufischer Schrift, geschaffen um das Jahr 1000! Oder das älteste datierbare und doch schon so vollendete Astrolabium aus Bagdad, aus bronzenen Teilen nahtlos zusammengesetzt um 928!
Einen schweren Stand hat da die zeitgenössische Kunst, die sehr sparsam eingestreut ist. Die Mehrzahl der knapp 30 Auftragsarbeiten verliert sich im riesigen Freigelände des Hajj Terminals, leider so gar nicht zu vergleichen mit dem durchdachten Aufbau der ungleich besser geeigneten Diriyah-Biennale.
Was aber könnte eine künftige Islam-Biennale noch zeigen, da schon die jetzige mit der Einmaligkeit der heiligsten Heiligtümer prunkt? Das muss zwar die Sorge des heutigen Besuchers nicht sein. Aber man denkt doch, wenn man nachlangem Fußmarsch zur Gebetshalle der Masalla zurückkehrt, dass es an der Zeit wäre, den Blick auf Gegenwart und Zukunft zu richten, gerade in einer Stadt wie Dschidda, die einen mit ihren vielspurigen Stadtautobahnen und dem nie abebbenden Autoverkehr unablässig darauf stößt, dass Wandel unabweisbar geworden ist.

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