Bauwelt

Schutt als Erbe

Die Designerin Anna Saint Pierre und SCAU Architekten verwandeln Baumaterialien auf Um-Baustellen in neue Stoffe. So entstanden etwa Terrazzo aus Granitplatten und Druckpigmente aus Ziegeln.

Text: Landes, Josepha, Berlin

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    Aus dem Granit entsteht als Bruchstein der Belag für eine Fläche, rund vierfach der vormals mit Platten verkleideten Fassadenfläche. Die Gestaltung ist dabei in Muster, Körnung und Farbe vielfältig.
    Foto: Anna Saint Pierre, Scau

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    Aus dem Granit entsteht als Bruchstein der Belag für eine Fläche, rund vierfach der vormals mit Platten verkleideten Fassadenfläche. Die Gestaltung ist dabei in Muster, Körnung und Farbe vielfältig.

    Foto: Anna Saint Pierre, Scau

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    Die Granitplatten werden zerkleinert.
    Foto: Rimasùu

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    Die Granitplatten werden zerkleinert.

    Foto: Rimasùu

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    In verschiedene Bruchgrößen wird der Schutt mit Beton vermengt und schließlich poliert.
    Foto: Anna Saint Pierre, Scau

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    In verschiedene Bruchgrößen wird der Schutt mit Beton vermengt und schließlich poliert.

    Foto: Anna Saint Pierre, Scau

Schutt als Erbe

Die Designerin Anna Saint Pierre und SCAU Architekten verwandeln Baumaterialien auf Um-Baustellen in neue Stoffe. So entstanden etwa Terrazzo aus Granitplatten und Druckpigmente aus Ziegeln.

Text: Landes, Josepha, Berlin

Ende der Neunziger Jahre hatte das Pariser Architekturbüro SCAU in der Gemeinde Issy-Les-Moulineaux ein Bürogebäude für Télé Diffusion Français gebaut – eine siebengeschossige Zellenarbeitswelt, reichlich mit poliertem Granit und Glas verkleidet. Die praktischen und ästhetischen Anforderungen an die Arbeit in einem Büro haben sich seitdem stark verändert. So erhielten die Architekten gut zwanzig Jahre später den Auftrag den Bestand anzupassen. Unter dem Projekttitel „Fresko“ wurde das Gebäude entkernt. Dann geschah etwas Ungewöhnliches: Statt den Bauschutt auf Halden abzutransportieren verwandelten die Beteiligten die Baustelle in ein Labor. Teile des Baumaterials sollten an Ort und Stelle bleiben, ihre Beschaffenheit jedoch eine neue werden.
Fresko ist die erste Realisierung aus dem Forschungsprojekt „Granito“, das die Designerin Anna Saint Pierre an der Pariser Designhochschule ENSAD entwickelt: In ihrer Doktorarbeit beschäftigt sie sich mit Mitteln und Wegen, Baumaterialien im Zuge eines Abriss‘ direkt wiederzuverwerten. So ließen sich aus dem Granit, den der Altbau in Iss-Les-Moulineaux als Wandverkleidungen und Bodenplatten zur Genüge herhielt, ohne energieverzehrende Transportwege vor Ort neue Baumaterialien wie Terrazzo herstellen. Dafür wurden die Steine in verschiedengroße Stücke gebrochen und mit einem Verbundmaterial vermengt. Das Atrium des Bürokomplexes wurde mit Platten aus diesem Material gepflastert. Das Prinzip lässt sich ohne weiteres auf andere Baustellen übertragen, die so jeweils einen sehr spezifischen Duktus erhalten.
Der Ansatz birgt der Designerin zufolge neben ökologischen Vorteilen die Raffinesse, sich zwischen Abriss, als Totalerneuerung, und Konservierung freizuspielen. Der Kontext und die Geschichte des Ortes blieben erhalten, erführen aber eine Anpassung durch die Gegenwart.
Die Terrazzo-Herstellung war der erste, jedoch nicht letzte Wurf in der Zusammenarbeit von SCAU und Saint Pierre. Für ein Projekt in Nanterre, das bis 2024 fertiggestellt sein soll, hat das Team das Prinzip des sogenannten in-situ-Recycling genutzt, um Gabbionen mit Bruchstein zu befüllen. In Clamar entwickelten sie für ein Sportzentrum einen Beton aus Erd-aushub, und für die Erneuerung des Bürohauses „Montesquieu“ in direkter Nachbarschaft des Pariser Palais Royal kam im vergangenen Jahr ein Siebdruckverfahren zum Einsatz, das pulverisierte Ziegel aus dem Bestand als Pigmentierung nutzte.
Die Formen und Möglichkeiten des Konzepts sind sichtlich vielfältig. Im Kern eint sie der Gedanke, dass die Baumaterialien einen Lebenszyklus durchlaufen können und in jeder Phase ihres Einsatzes neue Qualitäten mit sich bringen.
Fakten
Architekten Saint Pierre, Anna, PAris; EnsadLab, Paris; SCAU, Paris
aus Bauwelt 14.2020
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