Bauwelt

Alle Winkel der Welt

Text: Friedrich, Jan, Berlin; Geipel, Kaye, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Alle Winkel der Welt

Text: Friedrich, Jan, Berlin; Geipel, Kaye, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Als Kristin Feireiss und Helga Retzer vor 40 Jahren in der Berliner Grolmanstraße einen ehemaligen Milch­laden ausfindig machten, hatte der mit 40 Quadratmetern „genau die richtige Größe, um es handhaben zu können“. Mit diesem „Es“ war etwas in die Welt gesetzt, das es bis dahin nicht gegeben hatte: eine Ga­lerie, die nicht Kunst, sondern Architektur exponiert. Architektur ausstellen, vergleichbar wie in der Kunst, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Noch der kleinste Wohnungsbau hat im 1:1-Format keine Chance, durch die Tür zu passen. Architektur ausstellen bedeutete für Aedes vom ersten Moment an, neue Formate der Repräsentation zu erfinden. Wie offen und vorbildlos die Suche nach passenden Formaten für die erste Architekturgalerie damals war – heute geht deren weltweite Zahl geschätzt in die Tausende – erzählen Kristin Feireiss und Hans-Jürgen Commerell, ihr späterer Partner, ab Seite 22. Ihre Geschichte reicht vom Selbstverständnis als Gegenpol zur stil­fixierten Postmoderne-IBA der Achtzigerjahre über die Rolle als Refugium und Debattenort für all jene brillanten Entwerfer und Ausgeschlossenen, die Hans Stimmann beim Aufbau des neuen Berlin vor der Tür stehen ließ, bis hin zu den exemplarischen Stadtausstellungen der letzten Jahre, die eigentlich die genuine Aufgabe eines Berliner Architekturmuseums sein müssten, das aus dem Murx der Gründungsphase bis heute nicht herauskommt. Mit über 500 ausgestellten Architekten und Themen aus buchstäblich jedem Winkel der Welt ist Aedes selbst zu einer einzigartigen Institution geworden. Wir gratulieren!

Raum für Bücher und Städter

Kein Kino, kein Theater, kein Museum, keine Oper – Zeit für ein Buch! Doch wer im Corona-Frühling 2020 zur Leseratte hätte werden können, stand vor zugesperrten Bibliotheken. Und auch die allgemeine Bedeutung dieser Institution – als Treffpunkt für alle und als Ort des Sich-Suchens und -Findens – wurde im Lockdown deutlich. Die 2019 eröffneten Stadtbibliotheken in Dornbirn und Mechelen zeigen, wie die unterschiedlichen Anforderungen heute von Architekten umgesetzt werden, sei es im Neubau, sei es in der Aneignung eines historischen Komplexes. Die restaurierte Berliner Hansabibliothek wiederum führt vor Augen, dass das komplexe soziale Geschehen in solch einem Gebäude bereits 1957 beispielhaft organisiert wurde: Der Bau von Werner Düttmann wirkt so aktuell wie eh und je. Das vierte Beispiel macht auf die Frage der richtigen Raumstimmung aufmerksam: Für das Interieur der Bibliothek einer Polizeischule in Köln ließen sich die Architekten von Mies van der Rohes und Lillly Reichs „Café Samt und Seide“ inspirieren.

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