Er war das Wunderkind der US-Postmoderne. Kein zweiter amerikanischer Architekt hat die PoMo-Welle der 80er Jahre in Architektur und Produktdesign so erfolgreich geritten wie Michael Graves. Seine Memphis-artigen Haushaltsgegenstände wie der „9093 Kettle“ (1985) finden sich in Millionen von Haushalten. Am 12. März ist Graves 80-jährig in seinem Haus in Princeton verstorben.

1934 in Indianapolis geboren, zog es den Mittelwestler an die Ostküste. Nach dem Studium in Harvard gründete er in den 60er Jahren in Princeton sein Architekturbüro und entwarf zunächst Villen. An der Princeton University hat er 40 Jahre lang Architekturstudenten unterrichtet. So richtig startet seine Karriere 1982 mit dem Portland Building und dem Humana-Hochhaus in Louisville. Sie machten den Abschied von der Nachkriegs-Moderne Mies’scher Prägung überdeutlich. An ihre Stelle traten pinkfarbener Granit, kindliche Farben, spiegelsymmetrische Geometrien, klobige Ornamente, symbolische Referenzen an vergangene Epochen. Die Reagan-Jahre waren Graves’ große Zeit, in den USA war Disney der kulturell und wirtschaftlich einflussreichste Bauherr. Für den Unterhaltungskonzern baute er in Kalifornien und Florida und im Zuge der „New Urbanism“-Bewegung das Postamt von Celebration in Florida (1993).

Graves hat etwa 350 Gebäude entworfen, neben den USA in Japan, Europa (Niederlande und Belgien), Korea, China, Taiwan und Singapur. Seine unverhohlen populistische und kommerzielle Herangehensweise hat zum Ende der Postmoderne beigetragen. Einige von Graves’ bekanntesten Gebäuden, wie das Portland Building, sind heute vom Abriss bedroht. Sein Erbe wird dennoch weiterleben: An der Kean University in New Jersey wurde gerade die „Michael Graves School of Architecture“ eingeweiht.