Bauwelt

Krankenhaus


Norman Fosters Klinik


Text: Wilhelm, Hans-Christian, München


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Die Architekturfirma Foster + Partners ist in ein neues Geschäftsfeld eingestiegen: private Krankenhäuser. Ein Bericht des Projektleiters über eine kleine Klinik in der Nähe von Bath, in dem der Patient wie in einem Hotel begrüß wird.
Für Bauten des Gesundheitswesens besteht ein gesteigerter Bedarf, der in den Industrieländern durch die Alterung der Bevölkerung, in den Schwellen- und Entwicklungsländern durch den Aufbau einer Gesundheitsinfrastruktur vorangetrieben wird. Für Foster + Partner war es daher auch eine strategische Entscheidung, sich mit CircleBath an das erste Krankenhaus in der Bürogeschichte heranzuwagen.
Während die gesundheitspolitische Szenerie auch in Großbritannien von Kosteneinsparungen und Restrukturierungsmaßnahmen bestimmt wird, hat sich ein Aspekt der von der vergangenen Labour-Regierung zunächst bekämpften, dann sogar weiterentwickelten Tendenz zur Privatisierung als bestimmend für den britischen Krankenhausbau der letzten Dekade erwiesen: Der überwiegende Teil der Krankenhäuser wurde und wird in Public Private Partnership-Modellen realisiert, indem Krankenhäuser von privaten Konsortien gebaut und unterhalten, aber vom staatlichen National Health Service (NHS), dem staatlichen Gesundheitsdienst, gemietet und betrieben werden. Im Unterschied dazu wird CircleBath privat finanziert und auch privat betrieben.

Privat zahlen

Circle Health hat damit begonnen, ein Netz von Partnerschaf­ten (das Unternehmen ist nach dem Modell einer Teilhaberschaft der Mitarbeiter organisiert) und Krankenhäusern im gesamten Vereinigten Königreich zu entwickeln, das eine private Alternative und Ergänzung zum NHS bieten soll. Durch die Überlastung des NHS hat sich ein privater „Gesundheitsmarkt“ gebildet, so dass auch Circles Zielgruppe keineswegs auf besonders wohlhabende Bevölkerungsgruppen beschränkt ist, sondern durch die über das Land verteilten Partnerschaften eher regional gefasst ist. Von einer Ergänzung des staatlichen Gesundheitssystems kann insofern gesprochen werden, als dass unter der Labour-Regierung das NHS begonnen hat, medizinische Leistungen von privaten Anbietern gewissermaßen „zuzukaufen“, um flexibel Kapazitäten zu erhöhen und dadurch die notorisch langen Wartezeiten im System zu reduzieren. Dies bedeutet, dass Patienten auch im Rahmen einer ausschließlich vom staatlichen NHS getragenen Behandlung in einem Circle-Krankenhaus ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen können. Ansonsten ist es generell eine Alternative für diejenigen Patienten, welchen die nunmehr garantierten 18 Wochen maximaler Wartezeit für eine vom NHS-Hausarzt verordnete Facharzt-Behandlung immer noch zu lang sind – und die bereit sind, dafür zusätzlich zu bezahlen.
CircleBath ist der erste neu errichtete Bau von Circle Health. Er befindet sich am Rand eines Gewerbeparks südwestlich von Bath. Am Anfang des Planungsprozesses stand eine Phase des Testens von alternativen Konfigurationen, bis einerseits die spezifischen Gegebenheiten und Potentiale des Ortes herausgearbeitet waren, andererseits eine kompakte und effiziente Organisation der verschiedenen Funktionsbereiche erreicht war. Gleichzeitig sollte das Gebäude in seiner Organisation auch Modell für zukünftige Circle-Krankenhäuser sein. Gemeinsam mit dem Auftraggeber wurde eine Reihe von Aspekten identifiziert, die bestimmend für Entwurf und Gestaltung werden sollten: Höchste medizinische Qualität, die das „Klinische“ als positives „Aufgehoben-Sein“ interpretiert, Rückführung des englischen Begriffs „hospital“ auf seinen Kerngehalt, nämlich „hospitality“, also Gastlichkeit und Wohlbefinden, sowie der Bezug zum Grün und zur umgebenden Landschaft als Mittel, um den Heilungsprozess zu befördern.
Auf der Grundlage dieser Prinzipien wurde ein einfaches Schema entwickelt, das auch die leicht abfallende Gelände­situation ausnutzt. CircleBath kann im Schnitt wie drei aufeinandergestapelte, unterschiedlich große Einheiten gelesen werden, wobei die unterste Ebene alle medizinischen Kernfunktionen einschließlich Räume für Operationen und Diagnostik sowie der damit verbundenen Gebäudetechnik aufnimmt und teilweise in die Landschaft eingebettet ist. Sie ist mit einem dunklen, lokalen Klinker verkleidet und bildet nach oben eine begrünte Plattform, auf der sich der Haupteingang mit dem Atrium als zentraler, quasi öffentlicher „Hotelhalle“ befindet. Hier sind nicht nur die Verwaltung, sondern auch die ambulanten Konsultations- und Untersuchungsräume angeordnet, denn CircleBath ist auch als Poliklinik angelegt. Über dem Erdgeschoss befindet sich das mit Aluminium-Schindeln bekleidete „Hotel“-Geschoss, das 28 Patien­tenzimmer (davon 26 Einzel- und zwei Doppelzimmer) birgt. Durch diese Anordnung ergibt sich eine geschützte Position für die Zimmer, die Blicke in die zentrale Halle als auch nach außen über den Filter eines „Fenstergartens“ und schließlich über die weite Landschaft Somersets bietet. Die Gestaltung und Materialität der Fassaden entspricht der dreigeschossigen Gebäudegliederung: Während die raue, robuste Zie­gelverkleidung des Sockelgeschosses eine Schwere und Zugehörigkeit zur Landschaft spiegelt, das Erdgeschoss mit Glas und dunklen Fassadentafeln quasi als Schattenfuge zurücktritt, changieren die schimmern­den Aluminiumschindeln des Obergeschosses zwischen Präsenz und Dematerialisierung, indem sie Licht und Farbe des Himmels diffus reflektieren. Die Fassadenmaterialien wurden mit den lokalen Baubehörden abgestimmt, die, ganz im Sinne der englischen Landschaftstradition, explizit um den Erhalt charakteristischer Landschafts- und Stadtbilder bemüht sind.
Auch der Innenraumgestaltung ging ein intensiver Entwicklungsprozess voraus, da man nicht ohne weiteres auf erfolgreiche Lösungen oder vorherige Erfahrungen zurückgreifen konnte und wollte. Dies gilt auch für die im Kranken­hausbau verbreiteten Pastelltöne und defensiven „Trostelemente“. Man entschied sich stattdessen für eine Gestaltung, die je nach Nutzungsbereich „klinische“ Materialien wie das unvermeidliche PVC um Stein, Sichtbeton, Eichenholz, Textilien sowie den differenzierten Einsatz von Farben erweitert. Vertikale Sichtbezüge vor allem über das zentrale Atrium ermöglichen eine schnelle Orientierung im Gebäude; horizontale Sichtbezüge ins Freie über den landschaftlich gestalteten Außenbereich und die anschließenden Weiden und Hügel erweitern den Raum und verbinden Innen und Außen.
Verglichen mit anderen Krankenhausprojekten fällt die geringe Bettenzahl (30) auf, die sich aus der Art der medizini­schen Eingriffe und Abläufe erklärt. Neben Konsultationen und ambulanten Eingriffen soll nur ein kleiner Teil der Patien­ten auch stationär aufgenommen werden. Insgesamt umfasst die Brutto-Grundfläche circa 6300 Quadratmeter, die mit ei­nem Budget von rund 21 Millionen Pfund in eineinhalb Jahren realisiert wurden. Hinter diesen schlichten Zahlen verbirgt sich eine doppelte Herausforderung, da zum einen der knappe Zeitplan eine parallele Planung und Realisierung unter dem Dach eines Generalunternehmers erforderte und zum anderen der finanzielle Rahmen eher eng im Verhältnis zum beabsichtigten Resultat war. Mit circa 3300 £/m2 inkl. Teilen der medizini­schen und nichtmedizinischen Ausstattung liegen die Kosten in etwa 10 bis 20 Prozent über staatlichen Projekten. CircleBath wurde im Frühjahr eröffnet. 



Fakten
Architekten Foster + Partners, London
aus Bauwelt 26-27.2010
Artikel als pdf

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