Bauwelt

Neue Orgel für die Konstantinbasilika in Trier


In Trier haben Auer Weber ein vergleichsweise kleines Projekt realisiert – das letzte aus der Hand des 2014 verstorbenen Carlo Weber. Die neue Hauptorgel durfte in der Konstantinbasilika nur eingebaut werden, weil die Welterbestätte als Kirche genutzt wird und die Orgel ein liturgisches Instrument ist. Die Architekten reduzierten Form und Konstruktion der Einhausung so weit, dass das große Ganze scheinbar kaum tangiert wird


Text: Winterhager, Uta, Bonn


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    Die drei Türme der Orgel greifen die Gliederung der Westfassade auf
    Foto: Roland Halbe

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    Die drei Türme der Orgel greifen die Gliederung der Westfassade auf

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    Eine filigrane Spindeltreppe führt hinauf zum Platz des Organisten
    Foto: Roland Halbe

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    Eine filigrane Spindeltreppe führt hinauf zum Platz des Organisten

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Sie ist eine heilige Halle. Selten passt dieser meist ironisch verwandte Begriff so gut und ohne Augenzwinkern wie bei der Trierer Konstantinbasilika. Obschon in Länge und Breite nur etwa halb so groß wie der Kölner Dom, sind es die ungeheure Leere des lichten Raumes und die einfache Ordnung, die ihm dieses Prädikat verleihen. Eine Basilika ist dies jedoch nicht, da mag der Name täuschen, eher würde man diesen monumentalen Bau als Saalkirche bezeichnen. Doch auch hier wieder ein Aber, denn nicht als Kirche wurde er geplant, sondern als Thronsaal des in Trier residierenden römischen Kaisers Konstantin. Nach unzähligen und verschiedensten Nutzungen wurde er auf Geheiß des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. 1856 „auf ewige Zeiten“ als Evangelische Kirche zum Erlöser geweiht. Trotz der jeweils zeittypischen Umbauten, massiven Zerstörungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts und im Zweiten Weltkrieg sowie der folgenden, zeittypischen Wiederaufbaumaßnahmen zeigt die Konstantinbasilika heute ein Bild, das unserer Idee von antiker Baukunst sehr nahe kommt. Doch nur weniges ist hier wirklich antik, und erst seit dem puristischen Wiederaufbau der 1950er Jahre zeigt sich das Mauerwerk so schmucklos und ziegelsichtig. Nichtsdestotrotz wurde dieser Bau mit seiner bewegten 1700-jährigen Geschichte neben weiteren römischen Baudenkmälern in Trier sowie dem Dom und der Liebfrauenkirche 1986 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Im vergangenen November fand der Wiederaufbau seinen Abschluss mit der Einweihung der neuen Hauptorgel. Ihr Vorgänger, eine Ipach-Orgel, deren 15 Meter hohe Pfeifentürme auf einer säulengetragenen Empore an der dem Chor gegenüber liegenden Südwand gestanden hatte, war 1944 durch Brandbomben zerstört worden. Ihr folgte 1962 eine wesentlich kleinere, neobarock disponierte Schuke-Orgel, die in einer Fensternische der im 19. Jahrhundert errichteten Ostwand Platz fand. Da dieses sehr klangschöne Instrument jedoch weder der Akustik und Größe des Raumes noch den Ansprüchen der Kirchenmusik genügte, beschloss das Land Rheinland-Pfalz als Eigentümer der Kirche den Bau einer neuen Hauptorgel. Angesichts der Bedeutung und Dimension, die diese Baumaßnahme in der Welterbestätte darstellte, lobte das Land, nach der Auswahl der Bautzener Orgelbauer Euler, 2008 einen Architektenwettbewerb für die Einhausung des Instrumentes aus. Gegeben waren die Position an der Südwand, die Dimensionen des Instrumentes und der Wunsch nach einer Gestaltung, die der außergewöhnlichen Beschaffenheit des Ortes entsprechen sollte.
Carlo Weber, der im Mai 2014 starb, hat dieses Projekt als sein letztes vom Wettbewerb fast bis zur Fertigstellung begleitet. Die neue Orgel sollte, wie er es ausgedrückt hatte, „mit dem Raum harmonieren und ihn in seiner Kraft und Großzügigkeit möglichst wenig beeinträchtigen.“ So gliederten Auer Weber den Orgelprospekt in drei gleich große, jeweils 10 Meter hohe, quaderförmige Türme. Kaum breiter als die drei Fenster der oberen Reihe, sitzen sie in deren vertikaler Achse darunter und scheinen so die Reihe der unteren Fenster fortzuführen, die es an dieser Stelle jedoch nie gegeben hat. Obschon der Wettbewerbsentwurf vorgesehen hatte, die gesamte, etwa 32 Tonnen schwere Konstruktion von einem im Dach verborgenen Stahlträger abzuhängen, wurde das Tragwerk in Abstimmung mit der Denkmalpflege noch einmal modifiziert. So wurden nun drei kastenförmigen Stahltragwerke in etwa 10 Meter Höhe auf einem Mauervorsprung aufgesetzt und oben gegen Kippen gesichert. Das Tragwerk des rechten Orgelturmes wurde mittels Verpressanker unsichtbar in den Mauerwerkspfeilern der (glücklicherweise nicht original römischen) 2,70 Meter starken Ziegelwand verankert, die beiden anderen wurden mit Stahlkonstruktionen gekontert, die in den Dachraum des unmittelbar benachbarten Kurfürstlichen Palais eingebaut wurden.
Die drei mit anthrazitfarbenen Holzlamellen bzw. seitlich mit Holzplatten eingehausten Türme zeigen die an- und absteigende Ordnung der Orgelpfeifen, allerdings nur eines vergleichsweise kleinen Teils der insgesamt 6006 Pfeifen. Ein schmaler Steg, der über eine filigrane, stählerne Spindeltreppe erschlossen wird, verbindet die drei Körper. Wo er den mittleren umläuft, befindet sich der aus der Konstruktion heraus entwickelte Spieltisch. So hat die „Königin der Instrumente“ nun ihren Platz in der Konstantinbasilika gefunden. „Die für solche Klangräume komponierte, farbenreiche Orgelmusik“ kann, so drückte es Kantor Martin Bambauer aus, „eine Ahnung von Ewigkeit, von etwas, das viel, viel größer ist als das eigene Dasein“ geben.



Fakten
Architekten Auer Weber, Stuttgart
Adresse Konstantinplatz 10, 54290 Trier


aus Bauwelt 13.2015
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